PR TB 012 Die Para Sklaven
unternommen
hätte. Aber im Gegenteil: Sie hatte ihn angespien.
Da war es aus gewesen mit seiner Selbstbeherrschung.
Er hatte einem der Männer die Knochenlanze entrissen, damit
um sich geschlagen und war den völlig überraschten Leuten
davongelaufen, ehe sie die Tatsache begriffen, daß ein
halbwüchsiger Knabe sich gegen das Gesetz gestellt hatte.
Seitdem war er ein Gejagter gewesen.
*
Thervanog war plötzlich hellwach.
Sein Körper schien eine einzige Wunde zu sein, und der
Gestank fauligen Wassers drang in seine Nase. Er spürte, wie
sein leerer Magen sich hob, und Kämpfte eine Weile gegen die
Übelkeit an.
Dann erst kam ihm zu Bewußtsein, welches Wunder es war, daß
er noch lebte. Er war in einen Schacht gefallen, in einen mit Wasser
gefüllten Schacht.
Thervanog konnte nichts sehen.
Mit den Händen versuchte er sich zu orientieren. Zuerst
tappte er nur in Wasser, doch dann bekamen seine Finger glitschigen
Stein zu fassen. Er wußte, daß er auf einem breit in den
Schacht ragenden Vorsprung lag, dicht über der Wasseroberfläche.
Ihn schauderte unwillkürlich, als er daran dachte, wie leicht er
sich beim Aufprall das Genick hätte brechen können.
Vorsichtig befühlte er seine Glieder. Sie schmerzten bei jeder
Berührung, schienen jedoch nicht gebrochen zu sein.
Allmählich kehrte sein Lebensmut zurück.
Mit Zähigkeit und Entschlossenheit, die ihm bisher das Leben
erhalten hatte, machte er sich sofort daran, nach einem Aufstieg zu
suchen.
Und er hatte Erfolg.
An der Wand neben ihm ragte ein relativ dünner, U-förmiger
Haken heraus, darüber noch einer und noch einer. Es hatte
Ähnlichkeit mit den zusammengeflochtenen Holzleitern, die er von
seinem Dorf her kannte, nur bestanden diese Sprossen hier nicht aus
Holz. Thervanog konnte überhaupt nicht feststellen, woraus sie
bestanden. Stein war es jedenfalls nicht, denn derart dünne
Steinsprossen hätten sein Körpergewicht nicht getragen.
Außerdem lag über dem eigentlichen festen Material eine
losere, poröse Schicht, die bei Berührung unter den Fingern
abbröckelte. Thervanog kannte kein Material dieser Art.
Er hatte gelernt, den Launen des Schicksals zu mißtrauen.
Darum wagte er sich nur sehr behutsam die Sprossen aufwärts zu
ziehen. Als seine Hand nach einiger Zeit ins Leere griff, wurde er
von Verzweiflung übermannt. Sekundenlang stand er unbeweglich
da, festgekrallt in die Sprosse vor ihm und in das Dunkel lauschend.
Er wußte, daß er hier sterben würde, wenn die Leiter
nicht weiterführte.
Als er sich endlich aufgerafft hatte und wiederum mit einer Hand
suchend herumtastete, merkte er schnell, daß über ihm ein
ebensolcher Vorsprung war wie der, auf dem sein Sturz ein Ende
gefunden hatte.
Thervanog schöpfte neuen Mut.
Er zog sich auf den Vorsprung und ruhte sich einige Minuten aus.
Dann begann er wieder mit der Suche. Irgendwo mußte die Leiter
sich schließlich fortsetzen.
Das stimmte, aber Thervanog erkannte das erst viel später.
Vorläufig fand er etwas anderes.
Als er nämlich glaubte, nun müsse er das Ende des
Vorsprunges und damit die Schachtwand erreicht haben, richtete er
sich vorsichtig auf. Seine nach oben gestreckten Hände stießen
plötzlich gegen festes Gestein.
Er befand sich in einer Höhle.
Während er noch bemüht war, diese neue Entdeckung zu
verdauen, kroch er auf allen vieren weiter in die Höhle hinein,
bis sein Kopf gegen etwas Hartes stieß. Enttäuscht setzte
er sich.
Für ihn war eine feste Wand ein naturgegebenes,
unüberwindliches Hindernis. Darum suchte er eigentlich völlig
unmotiviert. Daß er schließlich etwas fand, das für
ihn gleichzeitig Rettung und Drohung bedeutete, war reiner Zufall;
daß er damit etwas anzufangen wußte, ebenfalls.
Alles andere jedoch entwickelte sich mit vorausschaubarer
Gesetzmäßigkeit, denn trotz seiner Primitivität war
Thervanog ein vernunftbegabtes Wesen, dessen stärkste Triebfeder
die Neugier ist.
Nun, Thervanog bekam etwas zu fassen, das sich anfühlte wie
das Material der seltsamen Leiter, nur daß es eben keine
Leitersprosse war, sondern eine Art Ring, wie ihn die Frauen der
Dorfleute aus dem Gehörn der Klapoh trugen, nur bedeutend größer
und durch Verstrebungen mit einer kurzen Stange verbunden, die in die
Wand hineinführte.
Thervanog umklammerte das rätselhafte Ding mit beiden Händen.
Darum merkte er sofort, daß es sich nach zwei Seiten bewegen
ließ. Zuerst war Thervanog verblüfft, dann versuchte er,
das Ding nach rechts zu drehen. Es
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