PR TB 020 Das Gesetz Der Gläsernen Vögel
daran«, entgegnete sie höflich.
»Werden Sie fliegen?«
»Wenn Sie mir ein Schiff besorgen, eine Mannschaft, die
Flugerlaubnis von Tifflor oder Rhodan, die Kosten erstatten und mir
versprechen, mich in allen Daseinsfragen zu beraten - wir können
morgen früh starten.«
»Grundsätzlich sind Sie nicht abgeneigt«, stellte
Alexandra fest.
Tschato nickte. »Aber es ist unmöglich, selbst wenn ich
wollte.«
»Ja, bitte!« nickte Alexandra der Barfrau zu, die
fragend auf die leeren Gläser blickte. Die Bar hatte sich
inzwischen gefüllt, nachdem die Musiker ihre Pause beendet
hatten. Die anderen Gäste versuchten den Eindruck zu erwecken,
als würden sie das Paar nicht anstarren. Alexandra trug ein
Kleid aus simba-nischem Wildleder, und Tschato wirkte allein schon
durch seine imposante Gestalt. Die vollen Gläser kamen.
Alexandra und Nome stießen an und sahen sich in die Augen.
Sekundenlang flackerte elektrische Spannung zwischen ihnen auf, dann
blickte sie in eine der rußenden Kerzenflammen und sagte
traurig: »Ich fing es falsch an. Ich stellte mir vor, daß
es für einen Mann wie Sie keinerlei Schwierigkeiten bedeuten
könnte, diesen Flug durchzuführen. Immerhin behaupten Ihre
Freunde, einen Menschen wie Sie gäbe es nur jedes Jahrhundert
einmal.«
»Immer diese Übertreibungen«, lächelte er.
»Warum ist es Ihnen so ernst damit?«
Sie kamen jetzt in das Stadium, in dem alles leichter war; die
Gedanken, die Worte, die Probleme und die Schritte. Alexandra spürte
das Bedürfnis, zu tanzen.
»Aus zwei Gründen«, antwortete sie. »Einen
davon werde ich Ihnen vielleicht später nennen. Der andere: Ich
bin restlos überzeugt, daß mein Bruder mit seinen
Überlegungen recht hat und daß die zwei Arkoniden neben
ihren eigenen Proble men ein anderes haben, nämlich sich in
einer Welt zurechtzufinden, die von Tharc Aulaire irgendwie
manipuliert worden ist. Und Sie sollten ihnen helfen. Alles hat
keinerlei staatsbezogene Bedeutung, aber diese neuen Arkoniden - oder
was immer auf Glynth lebt - können eines Tages wichtig sein. Und
dann sind Robert und Sie die Männer, denen man danken wird. Das
war kein Appell an Ihren Patriotismus, Nome.«
»Ich weiß«, sagte er. »Würden Sie
gern tanzen; etwas Langsames, ich habe eine Kriegsverletzung, die
mich hindert, einen schnellen tawgy reea zu tanzen?«
»Es gibt nichts Schöneres als einen blue coore«,
antwortete
Alexandra und glitt von ihrem Hocker. Während sie sich zur
Tanzfläche bewegten, sagte Nome: »Reden wir nicht mehr
über Glynth. Ich werde mir überlegen, was zu tun ist. Das
Ergebnis erfahren Sie.«
Die Musik veränderte den Rhythmus und wurde langsamer. Die
schlanken Flammen der Kerzen, von deren Spitzen sich Rauchfäden
hochzogen, schwankten leicht. Die Paare auf der Tanzfläche
schwiegen und bewegten sich wie Marionetten an unsichtbaren Fäden.
Sie achteten nicht auf Nome und Alexandra. Unmerklich näherte
sich der Morgen.
Die Eindrücke im Zwielicht des kommenden Sonnenaufganges
waren verwischt gewesen; zu viele und in zu schneller Folge. Die
Fahrt in der fast leeren Subway, die Lifts, die von einer Ebene zur
anderen führten, der große Zentralviadukt mit den
Fußgängerbändern, ein Verteilerkreisel und endlich
der Park.
Uralte Bäume, die bei der Gründung Terranias gepflanzt
worden waren, gepflegte Rasenflächen, deren Beregnungsanlagen
grauglitzernde Nebel in die Luft warfen, und Wege, die sich wie
hastende Schlangen hindurchwanden, bildeten die Kunstlandschaft
zwischen den kristallweißen Hochhäusern des Stadtrandes.
Nome und Alexandra gingen Hand in Hand auf eines der Bauwerke zu.
Vor einer Stunde:
Nome Tschato hatte gesagt:
»Wir können bei mir frühstücken, Alexandra.
Ich weiß - es ist ein höchst unmoralischer Vorschlag,
aber… honni soit (\ui malypense… Ein Esel ist, wer Schlechtes
denkt. Kommst du mit?«
Und Alexandra hatte geantwortet:
»Natürlich, wie kannst du fragen ? Nachdem ich jetzt
den Mann Tschato kenne, möchte ich auch seinen engsten
Lebensbereich sehen. Ist dein Eisschrankgefiillt?«
»Ich hoffe. Komm!«
Nicht alle Mieter besaßen den Kode, der die Tür des
kleinen Expreßlifts öffnete. Nome drückte eine
Zahlenkombination, hielt die Tür auf, und die Kabine schoß
mit eineinviertel g hinauf ins hundertzehnte Stockwerk. Das Dach war
bepflanzt; man hatte Gewächse ausgewählt, deren
Wachstumshöhe eingeschränkt worden war. Nome schloß
sein Dachapartment auf. Der viereckige Flur war mit
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