PR TB 021 Das Tödliche Paradies
die Wand anschloss.
Auf einmal war er nicht mehr so sicher, ob er da wirklich einen
Toten vor sich hätte Die gelbe Flüssigkeit sah wie eine
Nährlösung aus, und die Tatsache, dass ein Körper mit
über den Bauch gekreuzten Armen geschlossenen Augen sich völlig
reglos verhält, Ist kein eindeutiger Hinweis auf eingetretenen
Tod.
Loftys Lampe glitt plötzlich zur Seite. Ron stand im Dunkel
und sah den Lichtkegel wandern. Er hörte, wie Lofty aufstöhnte.
Dann kam aus der Finsternis seine dumpfe Stimme: ,Da auch, Sir - da,
und da - überall in diesen Kästen schwimmen die kleinen
Dinger herum.“
Ron ging zur nächsten Nische. Auch dort stand ein Glaskasten,
gegen die Rückwand gelehnt und mit einem leblosen Zwerg, der
langsam durch die Nährlösung schwebte. Die übernächste
Nische sah genauso aus. Ron machte einen Rundgang um das Oval, wobei
der Schein der Lampe ihm vorauseilte, und zählte insgesamt
fünfzig Nischen mit ebenso vielen scheintoten Zwergen.
Er fühlte sich unbehaglich. Der Anblick der schwimmenden
Körper allein war unangenehm genug. Zu wissen, dass sich hinter
der makabren Ausgestaltung des Raums ein Zweck verbarg, war
schlimmer. Und die Tatsache, dass er nicht die geringste Ahnung
hatte, welcher Zweck das war, trieb Ron den Schweiß auf die
Stirn.
Aus der Mitte der Halle fragte Lofty:,Und jetzt…?“
Das, fand Ron, war eine Preisfrage. So sehr es ihn drängte,
dem Rätsel auf die Spur zu kommen, so wenig lag ihm daran, allzu
lange in dieser Umgebung zu bleiben. Es gab nur einen einzigen Ausweg
- den Gang, durch den sie gekommen waren. Hieß das, dass sie
die Jagd nach Storn aufgeben mussten?
In Gedanken versunken, näherte sich Ron dem Mittelpunkt der
Halle. Lofty stand dort und leuchtete ihm mit der Lampe. Sowohl im
Gang als auch in der Halle, überlegte Ron, konnte es Hunderte
von versteckten Ein - und Ausgängen geben, die sie übersehen
hatten, weil sie in Eile waren. Kelliko Storn hätte sich mit
Leichtigkeit durch irgendeinen davonmachen können. Sie mussten
also die Anlage untersuchen. Lofty Patterson war Meister im
Spurenlesen, aber er brauchte Meech als Begleiter damit der ihm
sagte, wo er Spuren am wahrscheinlichsten finden könne.
Mit anderen Worten, sie mussten zurück, um Meech zu holen.
Es verschaffte Ron ein Gefühl der Erleichterung, dass er
endlich einen Entschluss gefasst hatte.
,Wir gehen zurück“, sagte er zu Lofty, der nur noch ein
paar Schritte von ihm entfernt war.
Lofty gab einen keuchenden Laut von sich. Überrascht sah Ron
auf. Lofty stand etwa drei Meter vor ihm und hatte beide Arme
abwehrend ausgestreckt, als hätte er den Satan vor sich. Ron
spürte plötzlich ein merkwürdiges Kribbeln am ganzen
Körper. Er
hörte noch den Anfang von Loftys entsetztem Schrei: ,Nicht
weiter…!“ Dann versank mit einem Donnerschlag die Welt
ringsum.
Im nächsten Augenblick hatte er festen Boden unter den Füßen.
Er stolperte, verlor das Gleichgewicht und fand irgendwo Halt. Es war
warm, das spürte er deutlich. Er hörte eine Menge von
Geräuschen, die von allen Seiten auf ihn einprasselten. Er roch
vertraute Gerüche.
Schließlich machte er die Augen auf und sah, dass er am Rand
einer Straße stand. Auf der Straße flutete der
nachmittägliche Verkehr, und die Geräusche, die er gehört
hatte, waren das übliche akustische Gewirr, das starker
Straßenverkehr erzeugte. Um ihn herum bewegten sich Fußgänger.
Niemand nahm von ihm Notiz, bis auf zwei Mädchen, die ein Stück
weiter am Rand der Straße stehen geblieben waren und ihn
neugierig ansahen. Als sie sahen, dass er sie bemerkt hatte, fingen
sie an zu kichern, drehten sich um und gingen weiter
Ron schüttelte den Kopf. Er sah zu den hohen Häusern auf
und stellte fest, dass er sich nach wie vor in der Oberstadt befand.
Er erinnerte sich plötzlich an die Straße. Sie waren hier
durchgekommen, als sie zu Kelliko Storns Schlupfwinkel fuhren. Dort
vorne, etwa achtzig Meter weit, zweigte die schmale Seitenstraße
ab.
Ron fragte sich, wie er hierher gekommen war. Das letzte, woran er
sich erinnerte, war Loftys entsetztes Gesicht. Was war aus Lofty
geworden? War er noch in der Halle?
Es stand außer Frage, dass der plötzliche Ortswechsel
das Resultat einer Teleportation war. Der Gegner handhabte außer
parapsychischen Kunstgriffen offenbar auch paramechanische mit der
gleichen Leichtigkeit, mit der ein Terraner das Steuer seines Autos
bewegte. Die Frage war nur: Welchen Sinn hatte die Aktion?
Ron tröstete sich
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