PR TB 024 Baumeister Des Kosmos
den Kopf
und nahm voller Dankbarkeit und Erleichterung das Bild der Bäume
in sich auf, die sich den steilen Hang des Hügels hinunterzogen.
Er sprang auf und drehte sich um. Drohend und schwarz lag hinter ihm
der Eingang der Höhle.
Aus der Ferne rollte schwerer Donner. Ken Weatherbee fing an zu
laufen. Er bahnte sich einen Weg durch Sträucher und Büsche,
kümmerte sich nicht um die peitschenden Äste, die ihm ins
Gesicht schlugen, oder um den rauschenden Regen, der ihn innerhalb
weniger Minuten bis auf die Haut durchnäßte. Er stolperte,
stürzte, rollte ein Stück und richtete sich wieder auf.
Nur noch ein einziger Wunsch beseelte ihn:
Fort von der Höhle.
Er wußte nicht, wie lange er gelaufen war, als sich
schließlich eine Lichtung mit leidlich ebenem Boden vor ihm
öffnete. Verdutzt starrte er auf die windschiefe Hütte am
gegenüberliegenden Waldrand. Das war Randys Haus. Er mußte
in die falsche Richtung
gerannt sein.
Hinter der Hütte stieg ein Faden blauen Rauchs in die Höhe.
Wind und Regen packten ihn an, bevor er die Höhe der Baumwipfel
erreichte, und bliesen ihn auseinander. Randy war wieder beim
Schnapsbrennen, während eines Gewitters fühlte er sich am
sichersten.
Ken machte sich nichts daraus. Was er brauchte, war jemand, dem er
erzählen konnte, was er gesehen hatte. Randy war ihm ebenso
recht wie irgendein anderer. Er überquerte die Lichtung mit ein
paar Sprüngen und fing an zu schreien:
„Randy! Randy ... komm raus!"
Der Regen rauschte jetzt mit voller Wucht. Ein fahler Blitz zuckte
durch den grauen Himmel. Ken preßte sich in die Türnische.
Plötzlich flog die Tür auf. Der Junge stolperte in einen
halbdunklen Raum voll unbeschreiblicher Unordnung. Randy fing ihn
auf.
„Immer mit der Ruhe", brummte er vergnügt. „Wen
haben wir denn da? Ken Weatherbee? Du meine Güte, was tust du
hier oben, mitten im Gewitter?"
Randy war ein mittelgroßer Mann mit wirrem, blondem Haar und
einem verwilderten Bart. Niemand kannte sein Alter. Er kleidete sich
wie die alten Bergbauern, die vor zweihundert und mehr Jahren hier
gelebt hatten. Und genau wie sie betrieb er eine Destille, für
die er keine Lizenz besaß, und stellte Whisky her. Ken hatte
Randy zwei- oder dreimal gesehen und wie alle Jungen seines Alters
sofort eine Vorliebe für den merkwürdigen, von Geheimnissen
umwitterten Mann gefaßt.
„Randy, ich habe eine große, goldene Stadt gesehen!"
stieß er hervor.
Randy kniff verwundert die Augen zusammen. Draußen leuchtete
ein greller Blitz auf und übergoß den unordentlichen Raum
für eine Sekunde lang mit blendender Helligkeit.
„Eine Stadt?" wiederholte Randy ungläubig. „Eine
goldene Stadt! Wo?!"
Ken erzählte ihm von der Höhle. Randy führte ihn zu
einem alten, wackligen Stuhl und hieß ihn sich setzen. Er hörte
sich Kens Bericht an, ohne ihn auch nur ein einziges Mal zu
unterbrechen.
Mittlerweile war das Gewitter stärker geworden. Es blitzte
und donnerte fast ohne Unterbrechung, und der Regen trommelte laut
auf das Blechdach der Hütte. Unter normalen Umständen hätte
Ken Angst gehabt, aber während er sein Erlebnis wiedererzählte,
fesselte es ihn von neuem, so daß er alles andere darüber
vergaß.
Als er geendet hatte, ging Randy in die Küche und kam mit
einer uralten Lampe zurück.
Fasziniert beobachtete ihn Ken, wie er den Tisch abräumte,
indem er die Dinge, die darauf lagen, einfach auf den Boden warf, die
Lampe aufstellte und den Docht mit einem altmodischen Streichholz
anzündete.
„Wenn das Gewitter abzieht, mein Junge", sagte er
plötzlich, „gehen wir zusammen hinauf und sehen uns die
Sache an."
Ken war damit einverstanden. Was er brauchte, war jemand, der die
gleiche Erfahrung machte wie er. Es mußten wenigstens zwei
Leute sein, die eine so phantastische Geschichte erzählten.
Einem alleine würde niemand glauben.
Randy richtete eine Schüssel Grütze her und stellte sie
dem Jungen vor. Ken spürte plötzlich, daß er Hunger
hatte, und griff zu. Randy produzierte außerdem noch einen
großen Becher Fruchtsaft, der so schmeckte, als wäre er
aus echten Limonen gemacht. Ken verlor allmählich die Angst, die
ihm von seinem Erlebnis in der Höhle her noch in den Knochen
steckte, und begann die zweite Hälfte seines Abenteuers zu
genießen. Welcher von den Jungen, die er kannte, war schon
einmal in Randys Hütte gewesen? Welcher hatte schon einmal eine
echte Petroleumlampe gesehen - außer im Museum natürlich?
Wer hatte schon eine Schüssel
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