PR TB 035 Der Stumme Robot
alles?“
Tarn, dessen Ehrgeiz es war, noch niemals in seiner Karriere
unvorbereitet zu Dreharbeiten gekommen zu sein, nickte zu Kiran
hinüber.
„Also - alles von vorn.“
Acht Leute bestiegen drei Gleiter, schwebten aus dem Bild und
warteten außerhalb des Lagers, bis sich der wenige Staub
gesetzt hatte. Die Kamera schwang herum, filmte die Gleiter und
bewegte sich dann zwischen die weißen Stäbe der
Umfriedung. Das Bild würde später einen Durchblick zeigen,
in dessen Zentrum die schalenförmigen Apparate heranschwebten.
„Los!“ brüllte Kiran ins Mikrophon.
Hoch über ihnen orgelte eine Space-Jet durch den
Himmel und flog einen Kreis mit einem Durchmesser, der nahezu dem
des Talkessels entsprach.
Die Gleiter kamen näher und setzten hart am Rand der Siedlung
auf.
Tarn half Tsyah aus dem Sitz, hob sie auf den Boden und wartete
auf seine Leute. Dann bewegten sich sechs gepanzerte Gardisten hinter
dem Mädchen und ihrem Chef auf den Dorfplatz zu. Tarn blieb kurz
neben einem der geschälten Stämme stehen und fragte,
während sich der Mikrophongalgen senkte:
„Wie lange, sagten Sie, kolonisieren die Akonen an dieser
Stelle?“
„Seit einem halben Jahr, Terraner Tarn“, erwiderte
Tsyah und blickte Tarn in die Augen. Ruhig antwortete Tarn: „In
einem halben Jahr müßten die Stämme wesentlich gelber
geworden sein. Sie sind vor etwa sechs Tagen gefällt und
entrindet worden. Sie lügen sehr kaltblütig, Akonin.“
„Bekanntlich“, sagte Tsyah und betrachtete ärgerlich
einen der Gardisten, der die Linse eines tragbaren Aufnahmegerätes
auf die Stämme und das Mädchen richtete, „wird ein
solches Lager nicht binnen Minuten er- , stellt, sondern ist die
Arbeit von Wochen. Wir konnten nicht eher an die Arbeit gehen wegen
der Raubtiere.“
„Sie lügen schon wieder, Mädchen“, sagte
Tarn tadelnd. „Selbst ein junger akonischer Wegweiser ...“
„Sie kennen unsere Jugendorganisationen?“
„Den Titel Commander erhält man bei uns auf Terra nicht
geschenkt“, gab Tarn zurück. „Selbst Ihre jungen
Mitbürger dürften wissen, daß eine jede Siedlung
zuerst einen Wall errichten muß, dann erst Hütten baut.
Geben Sie es auf!“
„Sie unterschätzen uns, Terraner!“ Tsyah wurde
ärgerlich und faßte an die Stelle, an der sie sonst eine
Waffe trug. Tarn schüttelte den Kopf, deutete auf drei verwegen
aussehende Siedler, die näher kamen und sagte:
„Sie dürfen uns vorstellen, Tsyah.“
„Bild aus!“ schrie Kiran. „Tadellos. Schon bei
der dritten Wiederholung richtig. Kleine Pause.“
So und ähnlich ging es weiter.
Tarn und Tsyah, eskortiert von den Gardisten, redeten mit den
Kolonisten, gingen durch das gesamte Lager, und Tarn stellte
unaufhörlich neue Fehler fest, die einer zu schnellen und
unüberlegten Bauarbeit zuzuschreiben waren. Für ihn
und seine Männer stand fest, daß das Lager nicht älter
war als dreißig Tage. Und seit dreißig Tagen stand hier
eine Station, über der der Wimpel Terras flatterte. Überdies
sandte sie auf mehreren Frequenzen einen Dauerton aus, als
Orientierungshilfe der anfliegenden Pionierschiffe.
Die Sonne stand senkrecht, als rund zwei Drittel der Szenen im
Lager abgedreht waren. Die einzelnen Mitglieder des Teams waren
tatsächlich ausgezeichnet aufeinander abgestimmt, und Nysa und
Tarn gaben ihr Bestes.
Organisiert von Royce, vorbereitet unter der Leitung Raabs vom
Team Tanja Atkinson, Sascha Baur und Bayou Donyell und unter der
Regie von Kiran Consair, mit der virtuosen Kameratechnik des
Altmeisters McColt gingen die Arbeiten wie die Zahnräder eines
großen Uhrwerks ineinander über.
„Mittagspause!“ schallte die Stimme Kirans über
den Dorfplatz.
Die Statisten strömten auf die im Hintergrund stehenden Iglus
zu, in denen man einen Imbiß vorbereitet hatte. Hinter den
bunten Lappen der Eingänge roch es nach Kaffee, Tee und
Erfrischungsgetränken. Tarn ging neben Nysa langsam auf einen
Rundbau zu, den man ihm als Mitglied der künstlerischen
Mannschaft gezeigt hatte; John Raab stand neben dem Eingang und
winkte.
„Hier gibt es Hotdogs, Sagarra!“ rief er.
Tarn winkte zurück, wurde aber nicht schneller. Irgend etwas
lag in der trägen Stille des Mittags, wie die Vorahnung einer
schwarzen Gewitterwolke. Es war unerträglich schwül. Tarn
schwitzte. Nysa sagte plötzlich halblaut:
„Tarn?“
„Ja?“
„Ich muß dir etwas sagen.“
Eine andere, harte Stimme überschrie ihre Worte. Sie kam aus
dem kleinen Helmlautsprecher. Es
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