PR TB 038 Die Grenze Des Imperiums
weiß ich nicht. Überall sind
diese Leute. Vielleicht gibt uns das Verhalten Staighers einen Grund,
hinter eine weitere Maske zu kommen. Wir haben einen mächtigen
Verbündeten: die Zeit.«
»Vielleicht sind wir in der Lage, sie richtig zu nützen.
Trink aus.«
Kelly war ein gutaussehender Mann, der nicht den Eindruck machte,
gefährlich zu sein. Nur wer die Verhaltensweisen kannte, die
menschlicher Ehrgeiz diktieren konnte, blickte hinter die künstlich
erzeugte Ruhe, die Kelly umgab wie ein großer Mantel. Kelly
besaß eine fast intuitive Fähigkeit, Schlüsse zu
ziehen, und sein Wille war stark und unabänderlich. Kelly hielt
es nirgends lange aus, aber er hinterließ stets gelöste
Aufgaben. Er war ein Abenteurer ohne sichtbares Lebensziel, ein Mann,
den man mietete, und der die ihm gestellten Aufgaben erledigte. Große
Aufgaben, die er sich sehr teuer bezahlen ließ. Und er konnte
gnadenlos sein, wenn sich ihm Widerstände entgegenstellten.
Er sah zu, wie Ashikaga das Glas absetzte, sich schüttelte
und dann zur Tür ging.
»Ich wohne in der Hütte mit der roten Tür«,
sagte er. »Ich erwarte dich um sieben Uhr, also in drei
Stunden. Kleiner Abendanzug genügt. Klar?«
Kelly drückte seine Zigarette aus und sagte: »Ich
komme. Waffen?«
»Noch nicht.«
*
Man hatte eine der Falttüren des Kasinos zugezogen und so
einen kleineren Saal geschaffen. Fünf zusammengeschobene und
miteinander verschraubte Tische trugen die Gedecke für
zwölfPersonen. Die Rückwand des Saales bestand aus einer
langen Bar, deren Regale mit Flaschen aus allen Bezirken der
kolonisierten Galaxis gefüllt waren; eine wuchtige
Espressomaschine stand auf der Theke. Sechs Personen waren schon
anwesend, als Ashikaga und Morteen kamen. Kelly trug schwarze
Wildlederschuhe, eine schwarze Hose und einen dunkelblauen Blazer,
dazu ein hellgraues Hemd mit Litewkakragen, Ashikaga einen schwarzen
Anzug mit hellen Metallbeschlägen und die Abzeichen eines
Kybernetikers 1. Klasse.
Die Anwesenden drehten sich um und musterten die zwei Männer.
»Hallo«, sagte ein Mann in der Majorsuniform des
Pionierkommandos, in dem Kelly sofort Michail Staigher erkannte. »Sie
müssen Kelly Morteen sein, auf den wir alle warten.«
Er kam mit ausgestreckter Hand auf Kelly zu, und trocken erwiderte
Kelly:
»Da der Empfang am Raumschiff schon der herzlichsten einer
war, erübrigen sichjetzt lange Ansprachen, denke ich. Sie sind
Staigher?«
»Richtig. Major Staigher — und hier überflüssig.«
Staigher lachte ohnejede Herzlichkeit. Dann verstand er den Sinn von
Morteens Worten und lächelte.
Er begrüßte Ashikaga und antwortete: »Obwohl ich
überflüssig bin, habe ich mehr Arbeit, als ich bezahlt
bekomme. Entschuldigen Sie.«
»Nicht der Rede wert«, sagte Kelly ohne Betonung und
ging wenige Meter in den Raum hinein. Neben Staigher standjetzt ein
anderer Mann; eine wuchtige Gestalt, an dem alles zu groß
geraten schien. Ein Geruch nach teurem Rasierwasser, seltenem Tabak
und echtem Leder ging von ihm aus.
»Ich bin derjenige, der Ihnen das Leben schwermacht, wenn
Sie einen Gleiter voller Zement zuviel verbrauchen. Ariman Serafian,
Finanzmensch des Kolonialamts.«
Grinsend erwiderte Kelly: »Homer G. Adams ist weit, und
COUNTERPART ist ein kleiner Planet. Bis das Echo Ihres Vetos
durchgedrungen ist, steht die ganze Stadt.«
»Hoffen wir es«, sagte Serafian. Er sprach ein hartes,
abgehacktes Terranisch mit der Betonung dessen, der niemals gelernt
hatte, überlegt zu denken. »Ich darf Ihnen die Perlen
dieses Planeten vorstellen?«
»Gern«, sagte Kelly. »Stellen Sie mich den Damen
vor.« Eine winzige Sekunde lang flackerte ein unerkanntes
Leuchten in den Augen des derbknochigen Mannes in dem weißen
Abendanzug auf, dann erlosch es wieder. Er hatte blitzschnell Kelly
testen wollen und war auf die Mauer träger Ruhe geprallt, die
Kelly um sich errichtet hatte. Er war nicht gesonnen, mehr
preiszugeben. Nicht hier und nichtjetzt.
»Miriam Traver«, sagte er langsam, »die schönste
Frau dieses Planeten — und die klügste. Stellen Sie sich
gut mit ihr. Sie verwaltet das Novopenecellin.«
Miriam und Kelly blickten sich an.
Kelly lächelte unverbindlich, und seine teuren Zähne
wurden sichtbar; sie hatten ihm viele schlaflose Nächte und noch
mehr Geld gekostet. Sie kontrastierten gut mit seinem braunen Gesicht
und dem grauen Haar. Miriam war, trotz einiger schwacher Stellen,
eine bemerkenswert hübsche Frau. Nicht groß, aber groß
genug, um noch
Weitere Kostenlose Bücher