PR TB 040 Herr über Die Toten
aufgestaute heiße Luft dehnte sich rasend
schnell aus. Mir war, als striche der Glutatem eines feuerspeienden
Ungeheuers über mich hin.
Gucky wimmerte. Der Mausbiber war nicht an hohe Temperaturen
gewöhnt, obwohl er seit mehr als vierhundert Jahren unter den
Terranern lebte, in Schiffen und auf Welten, die fast alle wärmer
waren als der Planet seiner Geburt.
Mich erschreckte in erster Linie der Anblick der
Generatorverkleidung. Das Metallplastik glühte tiefrot!
Ich schloß die Augen und versuchte, mich auf die
Energieimpulse zu konzentrieren, die aus dem Robotschaltsektor des
Aggregats kamen. Es war alles andere als leicht. Die winzigen Impulse
wurden überlagert von einem nicht abreißenden Strom
gewaltiger Reaktorenergien.
Nach einer Minute brach ich ab.
Zitternd lehrte ich mich an eine Hohlsäule. Teilnahmslos sah
ich zu, wie ein Mann des Maschinenpersonals von Robotern auf einer
Antigravbahre vorübergetragen wurde. Er hatte einen Hitzschlag
erlitten.
Neben Gucky materialisierte plötzlich der Teleporter Ras
Tschubai. Er trug überjedem Arm einen Raumanzug. Einen davon
reichte er dem Mausbiber, der ihn rasch überstreifte, froh,
nicht mehr länger die furchtbare Hitze ertragen zu müssen.
Den zweiten Raumanzug erkannte ich als meinen eigenen. Tschubai
wollte ihn mir aufdrängen. Aber ich wehrte stumm ab. Wenn ich
mich auch nur im geringsten ablenken ließ, verkleinerte sich
unsere Chance fast bis aufNull.
Mein Illusionskristall fiel mir ein.
Ob er mir helfen konnte, zum Robotschaltsektor durchzudringen?
Ich wußte es nicht; in dieser Beziehung fehlten mir alle
Erfahrungen. Der Illu-Kristall hatte mir bisher nur zur Psychohygiene
gedient.
Aber die Verzweiflung veranlaßte mich, den Versuch zu wagen.
Mehr Schaden, als schon entstanden war, konnte ich ohnehin nicht
anrichten.
Ich riß meine Kombination auf und zog den grünlich
schimmernden, eigroßen Kristall hervor, der an einer Kette über
meiner Brust hing. Der Glutschein der Aggregatabschirmung verstärkte
seine Strahlung, ließ ihn als blutübergossene, tödliche
Waffe erscheinen.
Mein Blick haftete sich auf das kristallene Leuchten. Ich sah
nicht mehr, wie Tschubai und Gucky sich abwandten, um nicht in den
Bann des Kristalls zu geraten.
Ich dagegen ließ mich willig in seinen Bann ziehen. Ich
wußte, daß selbst seine grauenhaftesten Träume stets
zum Vorteil des Träumenden gelenkt wurden.
Und das erhoffte ich mir auchjetzt!
Ein eigenartiges, übersinnliches Klingen war das erste
Anzeichen, daß ich in eine schemenhaft unwirkliche Welt
versetzt wurde; nicht eigentlich ich selbst, wohl aber mein Geist war
es, der aus dem Käfig der Realität ausbrach…
Im nächsten Moment stand ich allein in einer Eiswüste.
Der Sturm heulte. Er riß an meiner Klimakombination, zerrte
an meinen Beinen und trieb Milliarden winziger Eiskristalle vor sich
her.
Ich lüftete die Gesichtsmaske und rief nach Myrta, dem
Wolldrachen. Der Orkan riß mir die Worte vom Mund.
Rasch preßte ich die Gesichtsmaske wieder auf Lippen und
Kinn. Sie waren halb erfroren, und die Wärme der Heizelemente
ließ sie prickeln und brennen, als stächen tausend Nadeln
auf sie ein.
Die Tränen liefen mir über Gesicht.
Mühsam zog ich die Beine aus dem kristallenen Schnee. Ich
stapfte etwa zehn Schritte vorwärts, dann sank ich in die Knie.
Der Sturm stemmte sich mir entgegen gleich einer festen Mauer.
Aber ich mußte den Wolldrachen finden. Er allein vermochte
mich zum Lager zurückzubringen.
Wieder lüftete ich die Maske und schrie.
Doch nur der Sturmwind antwortete.
Ich kroch auf allen vieren weiter. So bot ich dem Orakan eine
geringere Angriffsfläche. Wenn ich nur etwas sehen könnte!
Plötzlich gab der Schnee unter mir nach. Meine behandschuhten
Finger griffen ins Leere. Ich wollte mich zurückwerfen.
Zu spät.
In einer Schneelawine stürzte ich einen Steilhang hinab.
Schemen tauchten um mich herum auf, wirbelten durcheinander und
verschwanden wieder.
Dann kam ich zur Ruhe. Um ich herum war nichts als Schnee.
Ich war lebendig begraben.
Die Hoffnung, aus der Lawine herauszukommen, erschien mir gering.
Dennoch versuchte ich es. Mit Händen und Füßen
arbeitete ich mich vorwärts.
Ich war nahe daran, aufzugeben und auf den Tod zu warten, da wurde
ich unsanft gepackt. Etwas zog an mir, scharrte im zusammengepreßten
Schnee und stieß dumpfe Laute aus.
Sekunden später lag ich im Freien, und meine Finger krampften
sich in das Fall des Wolldrachens.
Myrta
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