PR TB 042 Das Erbe Der Jahrtausende
Fehler, die ich schon gemacht habe, ein
zweites Mal machen oder zulassen, daß einer von euch ihn macht.
Das bin ich mir schuldig. Ich habe euch gewarnt. Wir reiten weiter.«
Sherpa sattelte sein Tier, schwang sich hinauf und setzte sich an
die Spitze des Zuges. Noch immer war hier der Wald am Rand des
Flusses, dort, wo das sumpfige Delta in den ursprünglichen Wald
überging, bequem zu durchqueren. Wenig Unterholz nur, viel Moos,
große Steine und ausgetretene Wildwechsel. Alle Minuten rasten
eine flüchtende Katze, affenähnliche Geschöpfe oder
weißhäutige Marder über den Weg und in Sicherheit.
Stundenlang ging es in Krümmungen durch den Wald. Die Natur
veränderte sich nicht. Sonnenlicht fiel hin und wieder in fast
waagrechten Balken durch die Äste, riß Abschnitte von
Bäumen aus dem grünschmutzigen Dunkel, ließ den
Kupferdampf des Himmels erkennen oder den Schatten einer Wolke. Kaum
jemand sprach.
Torrens war plötzlich neben Sherpa.
»Ja, Sander?«
»Unsere Vorräte, Sherpa., wir werden etwas schießen
müssen. Wie machen wir das am besten? Was schießen wir?«
»Später«, sagte Sherpa. »Nach der
Mittagsrast.«
»In Ordnung. Eine Frage.«
»Ja?«
Torrens zögerte.
»Du willst vermutlich fragen, wie ich meine etwas harten
Worte von heute morgen interpretiert wissen möchte, nicht wahr?«
Sander Torrens nickte. »Ja, genau das.«
Sherpa wandte ihm sein Gesicht zu, musterte die Züge des
Jungen und stellte fest, daß sie etwas härter geworden
waren. Das Training begann schon zu wirken, nicht nur bei ihm.
»Genauso, wie ich es sagte.«
»Und was sollen wir im besonderen tun oder lassen?«
»Benehmt euch wie Menschen, denen nichts fremd ist. Alles,
was ihr seht und erlebt, ist verständlich, wenn auch ungewohnt.
Trinkt nichts oder nur wenig. Seht die Mädchen an und bewundert
den Tanz. Versucht, zu abstrahieren. Es erscheint alles sehr
verwirrend, ist es aber nicht. Und laßt euch nicht von mir
erwischen, wenn ihr diese Verbote nicht respektiert.«
Sander nickte. »Ich werde mich an dich halten, klar?«
»Gern«, sagte Sherpa und lächelte. Dann sagte er
versöhnlicher:
»Schau, Junge., das alles habe ich schon zu oft erlebt. Ich
kenne es und weiß genau über die Skala der Werte Bescheid.
Ihr wißt es nicht. Ich weiß ferner, daß diese
primitiven Orgien Punkte darstellen können, in denen die wahre
Natur des Menschen unverhüllt zum Vorschein tritt. Selten ist
diese wahre Natur wert, als vorbildlich zu gelten.
Ich werde verhüten, daß einer von euch einen Weg geht,
den ich kenne und an dessen Ende ich mich befinde. Meinen Weg,
Sander. Im Vertrauen: Ein verdammt schlammiger, dreckiger Weg. Nicht
wert, daß ihn ein guter Mann geht. Und jetzt lasse mich bitte
allein.«
Sander fiel wieder zurück, und der Ritt ging weiter.
Gegen Nachmittag, vor einer Lichtung, sah Sherpa eine kleine Herde
von Antilopen weiden; die Tiere hatten sich weit in den Wald
hineingewagt. Er zog die schwere Büchse aus der Schutzhülle,
in der sie mit dem Lauf nach unten steckte, sicherte das
Magnumgeschoß und nahm den Lauf mit dem geringen Durchmesser.
Er zielte, merkte, daß sein nervöses Zittern etwas
nachgelassen hatte - der Schuß krachte und weckte eine Serie
von wilden Echos. Der halbe Wald schien lebendig zu werden und laut
aufzukreischen. Ein Jungtier brach mitten im Sprung zusammen, der
Rest der Herde stob durch die Büsche.
Sie packten das Wild auf einen der darcani und ritten weiter.
»Wir brechen das Tier heute abend am Lagerfeuer des Stammes
auf«, versprach Sherpa, »in zwei, zweieinhalb Stunden.«
Die letzten vierhundert Meter wurden sie von zwei Jägern
begleitet, die plötzlich neben Sherpa aufgetaucht waren. Sie
hatten genickt, als sie der große, braungebrannte Mann mit dem
funkelnden Schirm vor den Augen gefragt hatte, ob der Häuptling
Alarnapoy noch ihrer aller Herr sei. Grimmig wartete Sherpa auf die
Gelegenheit, den Mann zu treffen.
Als die letzten Sonnenstrahlen auf den Spiegel der drei
Flußmündungen fielen, ritten die Kolonisten in das Lager
des Stammes ein, Sherpa an ihrer Spitze. Seine Augen waren kalt und
bösartig, wie frisches Eis.
Ohne abzusteigen, sagte er zum Häuptling:
»Ich höre dich, Alarnapoy.«
Alarnapoy sah ihn starr an, zuckte dann die Schultern und
erwiderte gleichmütig:
»Ich sehe dich, weißer Mann.«
Sie sprachen die »wahre Sprache«.
Sherpa stieg ab und ging langsam und schweigend neben dem
Häuptling bis zur Mitte des Dreiviertelkreises, in dem
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