PR TB 047 Höllentanz Der Marionetten
nicht, noch quietschte er.
Eine Idylle zwischen den beiden Polen einer Hochspannung.
Jederzeit konnte ein knatternder, blauweißer Flammenbogen
überspringen.
„Ich fühle mich so miserabel, daß ich es gar
nicht sagen kann“, sagte Sandia leise. „Sie?“
„Ich versuche, meine angefangenen Überlegungen zu Ende
zu denken. Vielleicht gelingt es.“
Er lachte leise in der halben Dunkelheit.
„Warum lachen Sie?“
„Wie das Schicksal mit seinem Hang zu frivolen Scherzen so
spielt! Ich habe mir unsere erste Verabredung etwas anders
vorgestellt.“
Sie verschränkte ruhig die Arme hinter dem Kopf.
„Man soll nicht zuviel verlangen“, sagte sie und
versuchte ein kleines Lächeln. Rogier sah es in der Dunkelheit.
Gleichzeitig sah sie sein ernstes und konzentriertes Gesicht; er zog
an der Zigarette. „Keineswegs. Auch nicht zu wenig“,
erwiderte er. „Wir sitzen hier und warten auf den Anfall. Wäre
das ein Witz, wenn sich herausstellen würde, daß Sie
damals wirklich acht bis zehn Gläser zuviel getrunken haben.“
Sie schüttelte den Kopf. Das lange Haar auf dem feinen Gewebe
der Kissen bewegte sich wie Seidensträhnen.
„Vorausgesetzt, es würde stimmen“, fragte sie und
richtete sich langsam auf. „Was würden Sie tun?“
„Gehen und niemals mehr wiederkommen und nicht versuchen,
Ihrem Chef beweisen zu wollen, daß Sie nicht betrunken waren,
sondern ein Opfer dieser Droge oder was immer es ist. Nicht viel
mehr.“
„Haben Sie Angst vor mir?“ fragte sie mit der Spur
leiser Ungeduld.
„Nein“, erwiderte er und drückte die Zigarette
aus. „Ich bin nur viel zu edel, eine Situation voll
auszunützen. Außerdem ist es makaber.“
Er stand auf und ging auf den kleinen Balkon hinaus.
Offensichtlich sah man von jedem einzelnen Balkon dieser Stadt das
gleiche wunderbare Bild, das keinem Einheimischen mehr auffiel. Man
hätte sich nur gewundert, wenn statt der Bucht am nächsten
Morgen ein Vulkan dagewesen wäre. Rogier kam zurück, trank
seine Tasse leer und blieb am Kopfende der Liege stehen.
„Verdammt“, sagte er. „Sie sind wirklich ein
hübscher Kerl.“
Sie lachte ein wenig freier.
„In dieser Art der Beleuchtung sehen Sie phantastisch
männlich aus. Irgendwie drohend.“
„Das“, murmelte er düster, „habe ich
irgendwann schon einmal gehört. Würden Sie gern wieder auf
der BLACK HUNTRESS arbeiten?“
„Ich kann es kaum sagen, wie gern. Ich war dort immerhin
Chefstewardeß. Das schafft nicht jede mit fünfundzwanzig.
Ich war stolz auf mich. “
„Wie gewonnen, so zerronnen“, sagte er und streckte
die Finger aus, um ihren Kopf in die Hände nehmen zu können.
Sie bewegte das Gesicht hin und her, um sich tiefer
hineinzuschmiegen.
Sie küßten sich ausdauernd und lange mit einer Art
Hunger, der vielleicht nicht erklärbar, aber verständlich
war. Dann, ohne ein einziges Wort, fiel das Mädchen schwer gegen
ihn, glitt an der Linie seines Oberarms ab und wäre zwischen
Tisch und Liege gefallen, wenn er sie nicht aufgehalten hätte.
Er stand auf und zog seinen Arm unter ihrem Rücken hervor, als
sie flach und ruhig dalag und mit offenen Augen die Decke fixierte.
Sandia schien so beweglich wie ein Stück angeschwemmtes Holz.
„Zum Teufef, knurrte Rogier, schaltete die grelle
Raumbeleuchtung an und drehte den Kondensator hoch, so daß
jeder Zentimeter des Apartments voll ausgeleuchtet war. Er zog seine
Kamera aus dem Fach der Brieftasche und machte zwei Aufnahmen von
Sandia.
So vergingen fünf Minuten; er sah auf die Uhr.
Dann richtete sich Sandia wieder auf, schwang die Beine von der
Liege und stieß sich ab. Sie sah Rogier nicht an und ging mit
den Schritten eines Automaten dorthin, wo sie beim Eintreten ihre
Tasche hingelegt hatte. Rogier wich zurück und drückte auf
den Auslöser. Sie klappte die Lasche hoch, wühlte in der
Tasche herum, wobei ein Taschentuch herausfiel, ein Lippenstift und
ein Bund zierlicher Schlüssel. Als die schmale Hand wieder aus
dem Innern der Tasche hervorkam, hielt sie eine zierliche, tödliche
Waffe. Die Tasche klatschte zu Boden. „Ja“, sagte Sandia
heiser. „Ich begreife. “
Es war ein sehr flacher, kleiner Impuls strahl er. Ein Spielzeug
in einer Mädchenhand, dessen Projektorspitze wie eine tödliche
Nadel auf Rogiers Kopf zielte. In zwei Farben; dunkelrot und golden
und in der Lage, die Einrichtung dieses Raumes in einen rauchenden
Trümmerhaufen zu verwandeln und Rogier zu töten. Sandia
blickte ihn an und durch ihn hindurch
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