PR TB 053 Der Mordplanet
Tuch.
Hinter dem letzten der sechs Bauten am Ostrand der Siedlung bog er
wieder links ein und beschleunigte. Einen Kilometer ging die Straße
geradeaus, dann schwang sie sich über die Brücke, die
Felsplatte und Tal verband, und näherte sich in einer leichten
Linkskurve den Hafengebäuden.
Sarli Kosmarikos wohnte in der untersten Glaskanzel des
Hafenturms.
Ty parkte den Gleiter dicht neben der Doppeltür aus
zollstarkem Panzerglas. Er stieß sie auf, und der Blick des
Pioniers hinter einem Schreibtisch richtete sich auf ihn. Das
leuchtende Zeigerdreieck der automatischen Uhr wies auf acht.
„Ich bin Ty Caumont“, sagte Ty und streckte die Hand
aus. „Der Stützpunktkommandant möchte mit mir
sprechen.“ Der Händedruck des Mannes war kurz, hart und
unverbindlich,
„Ich bringe Sie nach oben“, sagte er und musterte Ty
genau. Was er sah, schien ihn kaum überzeugen zu können.
„Achten Sie darauf: Sarli Kosmarikos ist ein kranker Mann. Er
ist ein Opfer des Planeten, aber sein Zustand ist seit Monaten
unverändert. Widersprechen Sie ihm nach Möglichkeit nicht.
Klar?“
Ty nickte.
Sie schwebten durch einen engen, von gelben Lampen erhellten
Schacht einhundertneunzig Meter nach oben. Dann schwangen sie sich
aus der runden Öffnung, befanden sich in einer gekrümmten
gläsernen Röhre und standen kurze Zeit später vor
einer Glastür, die durch Gasentladungen von innen heraus
leuchtete.
Der Pionier drückte auf einen Kontakt unterhalb eines
Sichtschirms.
„Ja?“
Eine knurrende, alte Stimme.
„Ty Caumont, der Photograph, Sir.“
„Bitte hereinkommen.“
Gleichzeitig fuhr die Tür nach links in die Wand zurück.
Die Augen des Mannes betrachteten Ty ausdruckslos. Ty ging in einen
Vorraum, der fast dunkel war und in dessen Wänden Hunderte
verschiedener Kontrollinstrumente brannten. Leuchtende Schirme
zeigten Bildausschnitte der Hafengegend. Ty ging auf einen schweren
Vorhang zu, der vor ihm zurückschwang und den Blick auf einen
Raum freigab, der seinesgleichen suchte. Hinter einem Schreibtisch,
der wie ein U geformt war, saß eine schwarzgekleidete Gestalt,
die eine sonderbar geformte Brille trug. „Guten Abend“,
sagte Ty. „Ich soll mich bei Ihnen melden, Mister Kosmarikos.“
„Kommandant Kosmarikos“, kam es aus dünnen,
blutleeren Lippen hervor.
„Ich soll mich bei Ihnen melden, Kommandant“,
wiederholte Ty. „Ich bin der von Reginald Bull angemeldete
Photoreporter.“
„Setzen Sie sich bitte.“
Ty nahm in einem Sessel aus Stahldraht, schaumstoffüberzogen,
Platz. Er hatte Zeit, die Gestalt in dem hochlehnigen Spezialstuhl zu
betrachten. Sarli Kosmarikos war ein Zweimetermann, mit Schultern so
breit wie ein Angepaßter von Oxtorne. Sein Schädel war
fast wie ein Würfel geformt und völlig haarlos. Die Hände,
die in weißen Handschuhen steckten, sahen auf der Tischplatte
wie Fremdkörper aus; wuchtig und zu groß.
„Ich habe Ihre Reportage vor einer Stunde gelesen“,
sagte Kosmarikos. Seine Haut schien grünlich zu
phosphoreszieren. „Sie haben unrecht, junger Mann.“
Ty schwieg und starrte gegen die dunklen, aus viereckigen Facetten
zusammengesetzten Gläser der Brille.
„Woodlark ist ganz anders. Der Planet ruft bei jedem, der
ihn kennt, Schauder und Schrecken hervor. Das ist ein Trugschluß,
denn die Natur ist wertfrei. Der Eindruck von Gefahr ist demnach
Illusion. Dennoch ist Woodlark gefährlich.
Die gesamte Siedlung umgibt ein Energiezaun, sonst hätte uns
die Flora bereits überwuchert. Niemand darf sich ohne meine
Genehmigung außerhalb des Zaunes aufhalten. Der Planet scheint
instinktiv eine Allergie gegen Terraner zu haben. Er wehrt sich mit
Sporen, Bakterien, Viren, mit Pflanzen und Tieren. Er wehrt sich mit
Staubstürmen, mit Windhosen und Wanderdünen. Er hat bereits
acht Menschen getötet, was Sie bereits in Ihrem Bericht
erwähnten. Ich selbst bin ein Opfer des Planeten.“
„Was ist an Woodlark so wichtig?“ fragte Ty, ohne auf
die Schlußbemerkung einzugehen.
„Ich habe mich auf einem Flug infiziert. Niemand kann
herausfinden, welche Fremdkörper in meinem Kreislauf sind. Ich
habe sämtliches Haar verloren, und meine Haut speichert wie
Phosphor tagsüber Licht und leuchtet in der Dunkelheit. Ich bin
krank, aber es kann noch Jahrzehnte dauern, bis ich sterben werde.
Bull hat mir gestattet, hierzubleiben.“
Kosmarikos sprach wie eine Maschine: etwas eintönig, unbetont
und ohne lange Pausen.
„Meine Gelenke funktionieren nicht mehr so, wie
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