PR TB 053 Der Mordplanet
Herr?“
Ty bestellte einen Whisky mit einem Stück Eis und lehnte sich
zurück.
„Ja. Biologe. Ich leite seit einem knappen Jahr hier das
zentrale Labor. Gut, daß Sie hier“, er schlug mit dem
Handrücken gegen die Blätter, „nichts von Bakterien
oder Viren erwähnt haben. Ich hätte sie sonst
auseinandergenommen.“
Ty ließ das Eis in einem monotonen Geräusch gegen das
Glas klicken.
„Darf ich Sie bitten, mir zu erzählen, warum Woodlark
für Menschen gefährlich ist?“ fragte er. „Ich
werde die nächste Woche wie ein hungriger Wolf hier durch die
Siedlung preschen und Informationen einholen. Was weiß man
inzwischen? Was wissen Sie?“
Der Wissenschaftler, dessen Gesicht von der Flamme in merkwürdige
Reflexe von Licht und Schatten getaucht wurde, musterte Ty lange und
schweigend. Dann sagteer:
„Sind Sie sicher, daß Sie heute abend noch so viel
behalten können?“
„Doch“, antwortete Ty. „Das gehört zu
meinem Beruf.“
„Ist Ihnen der Begriff Desoxyribonukleinsäure klar?“
„DNS. Eine der Schlüsselsubstanzen des Lebens
überhaupt.“ Tys Lächeln war gespannt. „Ein
Kettenmolekül, in dem sämtliche Erbinformationen und
Zellbaupläne des Lebewesens enthalten sind. Richtig?“
„Völlig. Die Trägeratome sind innerhalb dieses
Kettenmoleküls angeordnet wie zwei ineinander verkrümmte
Wendeltreppen ,Doublehelix‘. Ein sogenannter Doppelwendel.“
„Ich verstehe“, sagte Ty. „Und was hat der
Doppelwendel mit Woodlark zu tun?“
Der Wissenschaftler lächelte zurück.
„Sehr viel. Ich würde sagen: alles. Der Planet ist in
der Lage, das Gefüge der Informationskette zu stören. Wenn
nun Zellteilung stattfindet, und sie findet, grob ausgedrückt,
ständig statt, ist die neuentstandene Zelle entartet. Ein hier
Infizierter leidet zunächst unter Entzündungen sämtlicher
Schleimhäute, schließlich befällt ihn ein
ekelerregender Ausschlag. In diesem Stadium ist Heilung möglich,
wenn man ihn sofort isoliert und eine neuerliche Zellteilung anregt.“
Ty fühlte, wie seine Haut zu kribbeln begann. Er unterdrückte
das Bedürfnis, sich gleichzeitig überall zu kratzen, und
lehnte sich vor.
„Aber die Menschen, die auf Woodlark sind oder waren, bilden
zwei Gruppen. Eine, die sich infiziert hat, und eine andere, die
nicht unter Woodlark leidet. Wie ist das möglich?“
Der Wissenschaftler starrte in das Zentrum der Kerzenflamme und
erwiderte gepreßt:
„Finden Sie es heraus, und Sie sind Crestpreisträger!
Wir wissen es nicht. Entweder decken sich die von Woodlark
ausgesandten Störimpulse mit den Informationen des
Doppelwendels, oder der Körper der Betreffenden besitzt einen
Abwehrstoff, den wir ebenfalls nicht kennen. Verstehen Sie: Wir
suchen seit einem halben Jahr ausschließlich danach. Insgesamt
zweihundert hochqualifizierte Leute!“
„Ich habe nicht vor, es zu entdecken“, sagte Ty. „Wie
lange dauert die Inkubationszeit?“
„Wenn Sie in vier Tagen, also rund hundert Stunden, nicht
unerträglichen Durst, hohes Fieber und Ausschlag haben, sind Sie
ein Mensch für den Planeten. Aber ... es gibt ein großes
Aber.“
Ty stürzte seinen Whisky hinunter und drückte seine
Zigarette aus.
„Aber ... was?“ fragte er kurz.
Der Wissenschaftler wirkte plötzlich erschöpft; ein
Mann, der sich jahrelang mit Dingen beschäftigt hatte, die
weitestgehend unsichtbar waren. Das Problem Woodlark schien seine
Kräfte aufgesogen zu haben wie ein Strudel. Er gab sich einen
Ruck und sagte scharf:
„Es sieht danach aus, als habe sich jedes Sandkorn, jeder
Zweig und jedes Lebewesen auf Woodlark gegen uns verschworen. Wenn
man sich aus der Barriere hinauswagt, ist man praktisch tot. Wir
wagen es hin und wieder, in einer Jet die Landschaft zu überfliegen
- das ist alles, was wir tun können. Das ist natürlich
Unsinn -es würde bedeuten, daß Sandkörner Intelligenz
besitzen.“
„Seit wann diese erbitterte Gegenwehr?“ erkundigte
sich Ty.
„Einen Moment, nachdem der Raumhafen in die Felsplatte
gebrannt war, begann es und hörte seither nicht mehr auf. Wir
mußten innerhalb der Siedlung sämtliche Pflanzen
ausrotten. Tiere gibt es hier ohnehin nicht mehr. Wir bekämpfen
sie mit Waffen, Ultraschall, brennenden Elektronenströmen und
Fliegenpapier.“
„Es hat sich nichts verändert? Ein Nachlassen der
planetaren Aktivität etwa?“
„Nichts. Unverändert.“
„Darf ich Sie noch etwas fragen?“
„Bitte“, sagte der Wissenschaftler.
„Was ist Sarli Kosmarikos
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