PR TB 066 Supernova
verlieh er dem Schiff eine
geringfügige horizontale Beschleunigungskomponente, so daß
der bislang geradlinige Vertikalflug in eine stetig flacher werdende
Kurve überging, während die atmosphärische Reibung die
Restgeschwindigkeit in vertikaler Richtung allmählich aufzehrte.
In zwanzig Kilometern Höhe erhielt das Schiff zum erstenmal
Feuer. In der Tiefe flammte gegen den Hintergrund der dunklen Wälder
für den Bruchteil einer Sekunde ein greller Funke auf. Der
Energietaster registrierte eine energetische Schockwelle, aber das
Schiff blieb unbeschädigt. Eine zweite Salve folgte wenige
Augenblicke später. Sie lag näher und verursachte
erhebliche Turbulenz, durch die sich die Schöne Susie
schlingernd und stampfend ihren Weg erkämpfte.
In zwei Kilometern Höhe verringerte Lagkruch die
Geschwindigkeit auf Mach-0,9, um auch den akustischen Detektoren der
Abwehrstellungen keinen Hinweis mehr zu liefern. Weiterer Beschuß
blieb aus. Das Schiff befand sich unterhalb des Tasterhorizonts der
Geschützanlagen.
Drei Stunden später, gegen Mitternacht, landete Lagkruch die
Schöne Susie zweihundertundfünfzig Kilometer
nordnordwestlich von Josaph Center. Als Landeplatz wählte er ein
enges, tiefes Tal in einem hoch aufragenden Gebirgsstock, der wegen
seiner Unzugänglichkeit und Weglosigkeit von den Josaphern
gemieden wurde. Das Versteck war so gut, wie es unter den Umständen
nur sein konnte. Es lag im Norden der Stadt, während Freude
durch Handel, falls sie von dem Anflug eines fremden Raumschiffes
gehört und die richtigen Schlüsse daraus gezogen hatte,
südlich von Josaph Center zu suchen beginnen würde. Es war
von oben her so gut wie nicht einsehbar. Wer das Schiff finden
wollte, mußte sich ihm bis auf weniger als fünfhundert
Meter nähern, und es war unvorstellbar, daß eine
Suchaktion von solchem Umfang in die Wege geleitet werden würde,
daß die Suchmannschaften oder -gerate bis auf einen halben
Kilometer an jeden beliebigen Punkt innerhalb des Suchgebietes
herankämen.
Es gelang Stoke ohne weitere Schwierigkeiten, mit Hilfe eines
Radiospruches die Fernsprechzentrale in Josaph Center zu erreichen.
Er erhielt Erlaubnis, sich in das städtische Visifonnetz
einzuschalten und setzte sich auf diese Weise mit Shink Ool in
Verbindung. Der Anwalt war sofort am Apparat.
»Wir brauchen ein Fahrzeug«, erklärte Stoke ihm
knapp und bündig.
»Wo sind Sie?« erkundigte sich Shink.
»Das ist vorläufig unwichtig. Können Sie ein
Fahrzeug beschaffen?«
»Ich bin nicht sicher, ob ich mit Ihnen noch was zu tun
haben will«, antwortete der Anwalt. »Nach all dem Staub,
den Sie hier aufgewirbelt haben.«
Stoke fiel ihm ins Wort.
»Hören Sie zu! Ich habe nicht viel Zeit. Sie wissen,
wie ich zahle. Sind Sie bereit, mich abzuholen, oder nicht?«
Kurzes Zögern am anderen Ende.
»In Ordnung. Ich komme.«
»Gut. Nehmen Sie die Hauptausfallstraße nach Westen.
Bringen Sie einen Peilempfänger mit. Ich gebe Ihnen Signale -
das erste in genau einhundert Minuten von jetzt. Sehen Sie zu, daß
niemand Sie verfolgt. Klar?«
»Klar«, bestätigte Shink. Das Gespräch war
beendet.
Stoke war, indem er sich mit dem Akonen in Verbindung setzte, ein
Risiko eingegangen. Es bestand die Möglichkeit, daß er
angepeilt worden war. Aber er hatte sich eines gewöhnlichen
Radiosenders ohne Richtstrahlwirkung bedient, und das ganze Gespräch
hatte nicht länger als fünf Minuten gedauert. Nur wenn der
Gegner von vornherein mit einer solchen Möglichkeit gerechnet
und Peilgeräte an wenigstens zwei ausreichend weit voneinander
entfernten Orten installiert hatte, konnte es ihm gelungen sein, den
derzeitigen Standort des Schiffes zu ermitteln.
Stoke glaubte nicht, daß er mit solch umfassender
Voraussicht der Gegenseite zu rechnen brauchte. Im Normalfall wäre
die Verbindung mit Shink Ool durch Hyperfunk hergestellt worden, und
der Feind hätte mit Hilfe eines einzigen Meßgerätes
alle Informationen erhalten können, deren er bedurfte. Es
bestand kein Anlaß zu glauben, daß Freude durch Handel
sich in so kurzer Zeit nachhaltig genug in Stoke Derringers Denkweise
eingelebt hatte, um ein derart unkonventionelles Abweichen von der
Regel vorherzuahnen.
Stoke konnte sich Zeit lassen. In siebenundneunzig Minuten
erwartete Shink Ool das erste Peilzeichen. Lagkruch war damit
beschäftigt. Mark Lolitch eine Mahlzeit zu verabreichen. Von der
dreiköpfigen Besatzung des Schilfes war der Kapitän der
einzige, der nicht wußte, auf welchem
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