PR TB 085 Satans Universum
spielten - oder
gespielt hatten. Denn hinter einige der Namen hatte er ein Kreuz
setzen müssen - diese Personen lebten nicht mehr. Sillo, Toreo,
Orif Anjago...
Andere Namen hatte er mit einem Fragezeichen markiert: Erias
Anjago, Takomba, Nicholon, Aschuid, Patrick Macowen, Zerczan. Bei
Patrick Macowen bedeutete das Fragezeichen: Lebt er noch? Bei
Zerczan: Weiß er mehr über Satan, als er zugibt?
Dann stand da noch der Name Charlotte Ames mit einem Hinweispfeil
zu Gorgon Gruun. Hinter den Namen des Cyborgs hatte Chapman einen
Totenkopf gemalt. Er wußte, daß Gorgon Gruun nicht eher
ruhen würde, bis einer von ihnen beiden nicht mehr unter den
Lebenden weilte.
„Wahrscheinlich hat es mir Charlotte nie verziehen, daß
ich ihr den Laufpaß gegeben habe“, meinte Chapman in
maßloser Überschätzung seiner Wirkung aufFrauen.
Es klopfte an der Kabinentür, und Zerczan trat ein.
„Wir sind am Ziel“, sagte er.
Chapman erhob sich, eine fast unerträgliche Spannung nahm
plötzlich von ihm Besitz. Bald würde er Erias Anjago
gegenüberstehen, dem Sohnjenes Mannes, der vor zwanzig Jahren
das vorhatte, was heute Satan ausführte. Wenn Erias Anjago
dieser Satan war, dann würde es Chapman rasch merken -
spätestens dann, wenn Erias Anjago ihn zu töten versuchte.
Aber einiges in Chapman sträubte sich gegen die Annahme, daß
Erias Anjago identisch mit Satan sei.
*
Sein Leben war ein ewiges Hin und Her zwischen Wachsein und Traum,
zwischen Realität und Phantasie. Er wußte, daß er
krank war, aber niemand konnte ihm sagen, an welcher Krankheit er
litt. Er hatte schon viele kluge Leute gefragt, aber keiner konnte
ihm die Antwort geben. Oder sie wollten nicht. Sie verschwiegen ihm
die Wahrheit, manche aus Rücksicht, einige bestimmt aus Haß.
Er hatte viele Feinde, obwohl nur wenige Leute von seiner Existenz
wußten. Sie trachteten ihm nach dem Leben, sie wollten ihm sein
Ich rauben. Aber Erias wollte es ihnen nicht leicht machen.
Er würde es ihnen schon zeigen. Aber vorerst einmal galt es,
sich von dieser seltsamen Krankheit zu heilen. Es war keineswegs
damit getan, daß er über sie informiert war. Er konnte
dennoch nie sagen, wann sie zum Ausbruch kam. Deshalb war es sehr
beruhigend, zu wissen, daß die Aras in seiner geheimen
medizinischen Forschungsstation Fortschritte machten.
Die Berichterstatter hatten ihm mitgeteilt, daß eine Heilung
nun bald zu erwarten sei.
Heute war ein großer Tag. Erias erwartete, daß sich
zwei wichtige Ereignisse einstellten. Das erste war das Eintreffen
von Tiro-Kats, dem Leiter der medizinischen Forschungsstation. Das
zweite Ereignis war ihm erst vor wenigen Minuten angekündigt
worden.
Zerczan kam von seiner Reise zurück.
„Er wird mir Hilfe bringen“, sagte Erias und versank
in dem düsteren Labyrinth der Vergangenheit.
Feuer. Schreie. Ein Kind,fünfJahre alt. Erias Anjago. ICH.
Ein Mann, blutüberströmt, eine schreiende Frau an der Hand
mitführend. Sie eilen durch die Gänge und Räume der
Sommerresidenz. Hinter ihnen die Häscher. Vater und Mutter im
Fegefeuer von Argonaut. Ein blaues Gesicht mit vier Katzenaugen.
Zerczan. „Komm mit, Erias, weg von hier...“ Oder wurden
andere Worte gesprochen? Vielleicht. Esfielen Schüsse.
VaterundMutter?
„Welches Datum?“ fragte Erias Anjago. Er hatte sich
unbewußt Zerczans Sprechweise angewöhnt. Kein Wunder, sie
waren schon zwanzig Jahre beisammen.
„9. Juni 2545“, sagte der Blue, der Erias beim
Ankleiden half.
„In zehn Minuten ist Zapfenstreich“, sagte Erias.
„Sage das dem Wachkommandanten.“
„Die Wache steht bereit.“
„Wollt ihr mich den Feinden ausliefern?“ kreischte
Erias. Er spürte schon wieder die lauernden Blicke derVerräter
von überall auf ihn eindringen. „Ich bin von Verrätern
umgeben. Wer besetzt die Geschütztürme?
Wer die Ortungsstation? Wer die Funkstation? Wer wacht über
das Waffendepot, wenn alle zum Morgenappell angetreten sind?“
Die Dunkelheit befiel seinen Geist. Das Dunkel erhellte sich,
Vater und Mutter kamen heraus ... Sie besuchen Erias hier in seinem
Exil. „Ja, wir leben, Erias!“ Die Schüsse damals,
die ihnen galten, trafen nicht. Vater und Mutter kommen, um nach ihm
zu sehen. Sie sprechen viel, aber nur wenig davon kann Erias
verstehen ... Hat er das alles schon einmal erlebt? ... „Du
darfst niemandem den Ort verraten, wo die Aras an dem Heilmittelfür
deine Krankheit arbeiten. Leb wohl, Erias.“ Und wieder
Einsamkeit. Aber der treue Zerczan ist da. Und
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