PR TB 086 Feldzug Der Morder
schon schlecht, weil
er nicht von eurem Volk ist. Die Männer um Theoderich haben es
bewiesen.«
Er rief leise:
»Was weißt du von Theoderich?«
»Alles«, sagte ich. »Ich war sein Freund und
Berater, viele Jahre, bevor er den Attila besiegte und selbst dabei
starb.«
Der Hunne deutete mit dem Kinn auf Patricia und fragte
herausfordernd:
»Und das Weib dort?«
»Sie gehört mir und ist meine Sklavin«, sagte
ich.
Ein anderer Hunne fragte:
»Was kannst du, Fremder?«
»Alles«, sagte ich. »Du glaubst es nicht? Wenn
ich geschlafen habe, können wir kämpfen. Du darfst die
Waffen bestimmen.«
Die anderen Menschen der Siedlung schienen keinerlei Notiz von uns
zu
nehmen. Vermutlich kamen hier viele Abordnungen und Boten durch.
Ich mußte daher gleich jetzt auffallen. Ich beugte mich aus dem
Sattel; absteigen hätte bedeutet, mich freiwillig zu
unterwerfen. Man verhandelte nur vom Sattel aus oder in einer
überdachten Halle, dort aber auf dem Boden. Ich sagte:
»Höre zu! Ich bin Atlan, der Prinz. Wenn ich eines
Tages neben Attila und unter Edekon Onegesios sitzen werde, erinnere
ich mich an dich. Du bestimmst, ob meine Erinnerung gut oder schlecht
ist. Gute Männer können Attila und ich immer brauchen. Wer
befiehlt über dieses Lager?«
Vorausgesetzt, Attilas Zelt stünde in der Ebene, dann war es
das schönste und größte. Aber ich konnte kein weißes
Zelt entdecken und auch keinen Aul, der prächtig und groß
genug war. Auch auf den wenigen, niedrigen Hügeln standen nur
mehr oder weniger einfache Jurten. Sicherlich wimmelten sie von
Wanzen und Ungeziefer. Also war Attila nicht hier.
»Es ist Tigas«, sagte der Hunne.
»Führe mich zu ihm. Ich bin kein Spion und kein
Verräter. Ich werde euch viel lehren können.«
»Gut«, sagte der Anführer dieser Gruppe. »Tigas
wird entscheiden. Kommt mit!«
Er riß sein Pferd in einer bewunderungswürdig schönen
Parade auf der Hinterhand herum, die anderen taten es ihm gleich, und
wir ritten schnell den Hügel hinunter und nach Süden.
Minuten später galoppierten wir wieder den nächsten Hügel
hinauf und hielten vor einem niedrigen Zaun an, den ein Pferd
überspringen konnte. Die Hunnen sprangen aus den Sätteln.
Sie winkten uns, und ich half, nachdem ich abgestiegen war, Patricia
aus dem Sattel. Ich schaute nach oben; unerreichbar für
hunnische Pfeile drehte dort Turk seine Kreise. Der Wolf stand auf
dem Hügel, den wir eben verlassen hatten und starrte über
das riesige Lager hinweg. Essensgerüche und Rauch von Feuern
kamen mir entgegen, als ich weiterging, die Hände am Gürtel
und in der Nähe des Dolches, der ein versteckter Lähmstrahler
war. Patricia blieb bei den Pferden zurück und wartete
schweigend, wie es sich für eine Frau in dieser Situation
gehörte.
»Dort lebt Tigas?« fragte ich.
Inmitten der Umzäunung, in der Sättel lagen und kleine
Vorratszelte standen, in der Kessel über Feuern hingen, stand
eine hellgraue Jurte mit großem Eingang, der nach Osten wies.
Feldzeichen und Lanzen steckten im Boden. Es stank nach hundert
verschiedenen und meist unangenehmen Dingen, die hier faulten und
verrotteten. Ich ging weiter und zog die Brauen hoch. »Hier
lebt er. Warte hier.«
Der Anführer sprach schnell und leise mit einem Posten, der
auf einem Schemel gesessen hatte, die Hand um den Knöchel seines
rechten Fußes gelegt. Er hatte uns kommen sehen können und
betrachtete mich mit echtem Interesse. Dann nickte er und stand auf.
Er warf mir einen langen Blick zu und verschwand im Halbdunkel der
Jurte.
Ich fragte laut:
»Müssen die besten Gäste hier stets am längsten
warten, Zehnerführer?«
Er hob die Schultern und sagte:
»Nicht immer. Aber ich kann nichts dafür. Ich bin
sicher, Tigas wird dich hören wollen.«
Ich drehte mich um und deutete auf Patricia und die beiden Pferde.
Mit unüberhörbarer Schärfe sagte ich halblaut:
»Ich bringe jeden um, der das Mädchen anrührt. Und
jeden, der sich an meinen Satteltaschen vergreift. Ich schleppe kein
Gold mit mir.«
Der Mann zupfte an seinem Bart und nickte. Er versprach: »Ich
bleibe dort. Niemand wird dir etwas stehlen. Weiber haben wir genug,
auch Sklavinnen aus allen Ländern.«
»Wie schön für euch!« erwiderte ich kurz und
trat ein. Festgestampfter Lehmboden war unter den Sohlen meiner
Stiefel. Auf dieser harten Fläche lagen einige dicke Teppiche.
Ihre Muster bewiesen, daß sie aus aller Herren Ländern
zusammengestohlen worden waren. Die Kultur, die von den
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