PR TB 087 Asyl Auf Planet Vier
sich beim näheren Hinschauen als eine Anordnung von
unzähligen Punkten entpuppte. Als Rusty versuchsweise die Lampe
ausschaltete, verschwand das Punktmuster sofort.
»Ein elektronisches Schloß«, erklärte
Scott, »das nur bei einer Bestrahlung mit ultraviolettem Licht
sichtbar wird. Nicht besonders einfallsreich, würde ich sagen.«
»Schön und gut.« Rusty stemmte die Arme in die
Hüften. Er zeigte sich leicht verärgert über Scotts
Geringschätzigkeit. »Ich habe die Punkte nicht gezählt«,
fuhr er fort. »Aber mir scheint, daß es eine ganz hübsche
Anzahl von Kombinationsmöglichkeiten gibt. Wie willst du das
Schloß aufkriegen, Brynn?«
»Ich?« fragte Scott mit gespielter Entrüstung.
»Das überlasse ich lieber Brainy.«
»Brainy?« wiederholte Stokkeby verständnislos.
Rusty schmunzelte. »Scotts stille Leidenschaft«,
erklärte er. »Man könnte sein Verhältnis zu
Brainy als eine Art wilde Ehe bezeichnen. Ich bin jedenfalls
überzeugt davon, daß er ohne Brainy nicht ins Bett geht.«
Während Tim nach dieser rätselhaften Erklärung noch
nachdenklich und leicht schockiert stehenblieb, erklomm Scott den
Steinwall und kehrte nach einer Weile mit einem würfelförmigen
Kasten zurück, den er auf einer Antigravplatte vor sich her
dirigierte. Langsam sank die Schwebeplatte in die Grube herab.
»Gestatten?« stellte Scott den Metallkasten mit einer
höflichen Handbewegung vor. »Das ist Brainy. Brainy, das
sind Mr. Craigh und Mr. Stokkeby.« Er ließ die Namen der
übrigen Anwesenden folgen. Der Metallkasten nahm diese skurrile
Vorstellung mit verstärktem Lichtergefunkel seiner unzähligen
Lämpchen auf; man konnte meinen, er blinzelte ihnen allen zu.
»Sehr angenehm!« ließ sich Wymond spöttisch
vernehmen. Der Laborant zuckte jedoch erschrocken zurück, als
Brainy gewissermaßen als Antwort auf seine Bemerkung einen
federnden Teleskopstab ausfuhr, der in einer runden Metallplatte
endete. Doch gleich darauf stellte sich seine Annahme, Brainy wolle
ihm sozusagen die Hand zur Begrüßung hinstrecken, als
irrig heraus. Der schwankende Teleskopfühler bewegte sich
suchend über dem Lukenmittelpunkt hin und her, ohne von Wymonds
Anwesenheit Notiz zu nehmen. Schließlich senkte er sich herab,
so daß die runde Metallplatte genau auf dem Punkt zu liegen
kam, an dem sich vorhin das unsichtbare Punktmuster auf dem
Fluoreszenzschirm gezeigt hatte.
Das Spiel der unzähligen Lämpchen nahm an Intensität
weiter zu. Brainy spielte jetzt mit atemberaubender Geschwindigkeit
sämtliche Kombinationsmöglichkeiten für das
Elektronenschloß durch.
»Wenn wir Glück haben«, erklärte Brynn Scott
gelassen, »hat er die Lösung in ein paar Minuten.«
»Und wenn wir kein Glück haben?« wollte Stokkeby
wissen.
»Schwer zu sagen«, meinte Scott bedächtig. »Ein
paar Tage vielleicht.« Er räusperte sich, und es schien,
als amüsierte er sich insgeheim. »Vielleicht auch etwas
mehr als eine Woche«, fügte er dann hinzu.
Das war äußerst tröstlich. Eine planetare Woche zu
zehn Tagen mit je fünfunddreißig Halbstunden, von denen
jede fünfundzwanzig Minuten besaß, die wiederum in je
hundert Sekunden eingeteilt waren. Tim Stokkeby fröstelte,
obwohl es noch heller Tag war.
Brainy funkelte jedoch ungerührt und emsig weiter auf der
Suche nach der einen Kombination, die den Zugang zu der
unterirdischen Station öffnen würde. Niemand der
Umstehenden rührte sich von seinem Platz, obwohl keine zehn
Schritt entfernt der Gleiter ruhte: Gelegenheit für ein kurzes
Nickerchen oder eine kleine Erfrischung.
Wie lange sie genau gewartet hatten, vermochte nachher keiner zu
sagen. Die Schätzungen bewegten sich zwischen zwei Halbstunden
und Unendlich. Irgendwann innerhalb dieser weitreichenden Zeitspanne
erzitterte der Boden unter ihnen. Brainys Lichtergefunkel erlosch,
und der Teleskopfühler schnellte mit seinem schnalzenden
Geräusch in das Innere von Brainy zurück. Stokkeby brachte
sich mit einem erschrockenen Satz aus dem Gefahrenbereich, als sich
die Metallplatte zu seinen Füßen in Bewegung setzte und
langsam in der Tiefe versank, wobei sie gleichzeitig eine seitliche
Schwenkbewegung ausführte und damit eine gähnende Öffnung
freigab. Drunten flammten lichtstarke Lampen auf und erhellten einen
röhrenförmigen Schacht, der in einer Tiefe von etwa zwanzig
Metern endete,
wo zwei gegenüberliegende Schotte zu erkennen waren, die den
eigentlichen Zugang zur Station bildeten.
Rusty warf einen Stein in die
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