PR TB 088 Welt Im Psycho Sturm
nur haben,
wenn Sie mit Frauen in Kontakt kommen«, antwortete sie. »Ist
Ihnen das noch nicht aufgefallen?«
Michael fiel es wie Schuppen von den Augen. Natürlich, das
war es. Die Alpträume - psychedelische, bewußtseinserweiternde
und bewußtseinsverzerrende Wahnvorstellungen, wie Dr. Lyschka
es richtig ausdrückte - sie befielen ihn nur, wenn er mit
weiblichen Wesen in näheren Kontakt kam. Es war ihm noch nie
widerfahren, daß ein Mann, mit dem er beisammen war, sich zu
einem Ungeheuer verformt hatte.
»Warum haben Sie mich nicht gleich darauf aufmerksam
gemacht«, ärgerte sich Michael. »Dann hätten
wir uns viel Mühe ersparen können.«
»Weil ich Ihrer Psychose auf den Grund gehen wollte«,
sagte Dr. Lyschka. »Jetzt habe ich beinahe genügend
Material beisammen, um eine Diagnose zu erstellen.«
»Was fehlt denn noch?« fragte Michael unwirsch.
Dr. Lyschka kam auf ihn zu. Sie sah ihm tief in die Augen.
Sie hat schöne Augen, dachte Michael. Sie ist überhaupt
eine verdammt schöne Frau. Sie kann auch verführerisch sein
- wie eben.
»Ich bin auch eine Frau«, hauchte sie.
Verdammt, das bilde ich mir alles nur ein, dachte Michael
erschrocken. Man
kommt nicht in eine Ordination und wird von einem weiblichen
Psychiater verführt. Auf der Akademie erzählt man sich
solche Dinge, aber sie sind pure Angeberei.
»Bin ich nicht begehrenswert, Mike?« hauchte Dr.
Lyschka wieder.
Verdammt, ich werde verrückt!
Michael wich langsam zurück.
»Gefalle ich Ihnen wirklich nicht?«
»Doch.«, stammelte Michael. Er hatte es kaum gesagt,
als er sah, wie Dr. Lyschkas Gesicht zerfloß. Zuerst tropfte
die Nase in winzigen Perlen zu Boden, dann blähten sich die
Augen wie Luftballons auf und zerplatzten -und wurden zu tausend
winzigen Augen, die wie schwerelos durch den Raum schwebten. Die Haut
blätterte von den Lippen ab und flog mit sanftem Flügelschlag
davon. Die Haare entwurzelten sich und robbten, Würmern gleich,
über das bloßgelegte Fleisch des Gesichts in den
Ausschnitt des Abendkleides.
Michael schrie und legte die Arme vor die Augen. So fand ihn Dr.
Lyschkas Assistent. Er war nun nicht mehr als Butler verkleidet,
sondern trug einen weißen Kittel. Er legte ein Fesselfeld um
Michaels Arme und führte ihn in eine Zelle.
Dort mußte Michael solange bleiben, bis seine
Zwillingsschwester Suzan kam und ihn auslöste.
»Mein kleiner Bruder ist wieder einmal in Nöten«,
begrüßte sie ihn. »Aber keine Angst, ich hole dich
von hier fort. Sei nicht so störrisch, Mike, Dr. Lyschka hat mir
alles über deine Psychose gesagt. Sie versprach auch, dir zu
helfen, so daß du vollkommen über deine unglückliche
Liebe hinwegkommst.«
Michael rollte mit den Augen. »Du wirst es wohl nie lassen,
mich zu bemuttern, obwohl du mir nur schwache acht Minuten voraus
hast.«
Suzan lächelte maliziös. »Diese acht Minuten und
eine riesige Portion Reife.«
Während sie noch lächelte, fielen ihr die Zähne aus
dem Mund und sprangen wie kleine, weiße Gummibälle durch
die Zelle. Im Nu waren es Tausende von winzigen, weißen Bällen,
die rund um Michael auf und abhüpften.
Und sie alle gaben schaurige Lachlaute von sich.
FAMILIENCHRONIK HOORN:
Lymina konnte es nicht lassen. Sie dachte ständig an Michael.
Sie ging durch das sonnenhelle Paradies und hielt den Schild so, als
sei Michael bei ihr und müsse vor dem heranstürmenden
Wahnsinn geschützt werden. Sie saß am Webstuhl und
verzierte die Stoffe mit Herzen statt mit phantasievollen Ornamenten.
Garweil Hoorn kam hinzu und wollte schon ein Donnerwetter
auf sie loslassen. Da sah er, daß Lymina statt Herzen nur
noch Dolchmuster webte. Und dabei rief Lymina mit tränenerstickter
Stimme: »Ich bringe ihn um, den ungetreuen Geliebten!«
Michael nahm das Paket aus dem Schacht der Rohrpost. Er wog es
zuerst in der Hand, dann sah er nach dem Absender: Dr. Jean Lyschka.
Nachdem er die Verpackung geöffnet hatte, lag ein Sturzhelm vor
ihm, der sich nur durch seltsam anmutende technische Einrichtungen
von herkömmlichen Sturzhelmen unterschied. Auf einer der wie
Nadeln aus dem Oberteil ragenden Antenne war eine Nachricht
aufgespießt. Er nahm sie an sich und entfaltete sie.
»Dies ist eine Torlitzer Psycho-Tarnkappe. Nach eingehender
Überprüfung der Testergebnisse bin ich zu dem Schluß
gekommen, daß nur sie Ihnen helfen kann. Die Psycho-Tarnkappe
ist das einzige Hilfsmittel, das Sie vor den psychedelischen
Wahnvorstellungen schützen kann. Tragen Sie die Tarnkappe,
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