PR TB 090 Die Kinder Des Roboters
hielten.
Als Lubomir einige besonders starke Stelzwurzeln umging, warf sich
Kendall zur Seite, so daß die Tentakelarme des Roboters ihn
nicht erreichen konnten. Er packte eine herabhängende Liane und
zog sich mit Hilfe seiner Kunstarme flink empor.
Der Roboter reagierte schnell, doch er mußte erst um die
Stelzwurzeln herumlaufen, bevor er Yokish erreichen konnte. Dadurch
verlor er kostbare Zeit. Einer seiner Tentakel wischte noch über
Kendalls Flugaggregat hinweg. Es gab einen harten Schlag, dann befand
sich der Mann außerhalb Lubomirs Reichweite.
Yokish kletterte an der Liane bis zum glatten Stamm eines
Überbaums, der etwa dreißig Meter über dem Boden auf
dem Ast eines größeren Baumes wuchs. Dann schaltete er das
Flugaggregat ein. An den Kontrollen seiner Gürtelschnalle
leuchtete eine rote Lampe auf und zeigte an, daß das Gerät
funktionsunfähig war. Der Schlag mit dem Tentakel mußte es
beschädigt haben.
Yokish Kendall setzte sich auf den Ast und umklammerte den Stamm
des Überbaums. Angestrengt überlegte er, wie er aus dieser
Lage herauskommen sollte.
Unter ihm stand Lubomir und rief:
»Kommen Sie herunter, Mr. Kendall. Ich habe bemerkt, daß
Ihr Flugaggregat beschädigt ist. Sie können mir nicht
entkommen.«
Kendall grinste, als ihm klar wurde, daß der Roboter ihm
offenbar nicht folgen konnte. Er hatte bereits gefürchtet,
Lubomir würde ihn mit Hilfe seiner Tentakel rasch einholen.
»Hier oben gefällt es mir ganz gut«, rief er
zurück.
Er entdeckte eine starke Liane, die sich in weitgespannten
Spiralen und engen Knoten nach oben schlängelte. Er packte sie
und kletterte höher. Auf dem starken Ast eines Baumes lief er
mit ausgebreiteten Armen zum
nächsten Baum. Dankbar dachte er an seine Ausbilder bei der
Solaren Abwehr, die ihm diese und ähnliche Akrobatenstücke
beigebracht hatten. Wenn man schwindelfrei war, konnte man sich im
Astgewirr eines Urwaldes beinahe so gut fortbewegen wie auf einem
schmalen Felsengrat.
Lubomir rief noch eine Weile hinter ihm her, dann gab er es auf.
Dafür aber erwachte der Dschungel zu einem gespenstischen Leben.
Bunte Vögel folgten ihm in weiten Spiralen, kleine gepanzerte
Echsen mit langen Greifschwänzen huschten neben und hinter ihm
durch die dämmerige Kulisse, Schlangen krochen lautlos über
Zweige und Äste und Lianen bewegten sich schaukelnd hin und her,
als wollten sie ihn einfangen.
Kendall geriet ins Schwitzen, und das nicht nur wegen der
anstrengenden Fortbewegungsart. Alle Tiere dieser Urwaldtage schienen
hinter ihm her zu sein. Eine panthergroße Echse, die einem
terranischen Leguan ähnlich sah, versperrte ihm den Weg. Sie
fauchte ihn an; dabei entblößte sie zwei Reihen
dolchartiger Zähne. Yokish setzte sich rittlings auf den stark
geneigten Ast, beugte sich blitzschnell vor und fegte die Echse mit
einem Faustschlag hinab. Einige Meter unter ihm fing sie sich mit
ihrem langen Greifschwanz ab.
Yokish fand, daß es Zeit für ihn war, wieder auf den
Boden zu kommen, wo er sich besser verteidigen konnte. Er rutschte
ein Stück tiefer, griff nach einer Liane und stieß sich
von seinem Ast ab.
Während die Liane zum nächsten Baum schwang, hangelte
Kendall sich hinab. Schon sah er den dunklen Waldboden wenige Meter
unter seinen Füßen, da erstarrte er.
Unter ihm stand eine Frau und blickte ihn aus rätselhaften
braunen Augen an. Ihre Haut war dunkelbraun, ihr Kraushaar schwarz
und die Lippen leicht aufgewölbt. Sie trug nur einen mit bunten
Zeichen bemalten Lederschurz.
Unwillkürlich mußte Kendall an afrikanische
Folkloretänze denken, bei denen dunkelhäutige Terranerinnen
und Terraner in ähnlichen Kostümen auftraten, Menschen, die
im normalen Leben Techniker, Ärzte, Universitätsprofessoren
oder Raumschiffkommandanten waren.
Plötzlich spürte er, wie sich die Liane unter ihm
bewegte, sich wie eine Schlange wand und ihn mit brutaler Kraft
einschnürte. Er kämpfte dagegen an, konnte sich aber nicht
befreien. Die Luft wurde aus seinen Lungen gepreßt, und Yokish
fühlte, wie seine Sinne schwanden.
Da ertönte ein schriller Schrei - und im nächsten Moment
lockerte sich die Umklammerung. Yokish rutschte das letzte Stück
hinab und fiel vor der Frau auf den Boden. Dort verlor er endgültig
das Bewußtsein.
***
Als er wieder zu sich kam, kniete die Frau neben ihm und musterte
sein Gesicht. Merkwürdigerweise verspürte er keinen
Schmerz, obwohl die Liane ihn hart zusammengepreßt hatte.
Dann sah er hinter der Frau das
Weitere Kostenlose Bücher