PR TB 092 Der Ritter Von Arkon
Der Mann wurde
schräg nach oben gezogen, verlor den Halt, ließ den Zügel
los, dann schmetterte ihn Falco gegen den Stamm einer mächtigen
Eiche. Ich hörte, wie die Blätter und Aststücke nach
unten prasselten. Dann ging mein Tier in einen rasend schnellen
Galopp über. Ich warf einen einzigen Blick zum Himmel und
orientierte mich an den ersten Sternen. Nach Norden.
Hinter mir hörte ich das Geräusch von Pferdehufen. Es
wurden immer mehr. Geradeaus.
Wieder ein Pfeil. ich ritt weiter, so scharf wie möglich. Ich
hatte keinen Schild, kein Kettenhemd, keine Lanze und keine meiner
Strahlwaffen. Alles war im Gepäck bei Gromell. Das Mädchen
hinter mir im Sattel schluchzte leise.
»Ich habe nicht anders gekonnt, Atlan. Ich mußte dich
warnen. Jetzt reiten wir zusammen!« sagte Alexandra stoßweise
und klammerte sich an mich.
»Manchmal wird uns die Entscheidung abgenommen!«
murmelte ich laut.
Weiter. Nach Norden. Langsam ließen die Kräfte des
Tieres nach; aus dem rasenden Galopp wurde ein stoßender,
harter Gang. Aber ich hatte einen Vorsprung von hundert Metern.
Hinter mir wüteten der Wolf und der Vogel, blendeten die Männer,
bissen die Tiere, sprangen die Reiter an und warfen sie aus den
Sätteln.
»Schneller, verdammt!« knurrte ich.
Eine ebene Weide erstreckte sich jetzt vor mir. Jenseits eines
sanften Hanges begann ein Stück Hochwald; ich sah einige der
Stämme im letzten Licht des Tages. Hinter uns schoben sich
schwarze Wolken von Westen hoch. Ein Frühlingsgewitter näherte
sich.
»Wohin reiten wir, Liebster?«
»Nach Norden! Wie erwartet. Aber auf andere Art.«
Wir stoben über die Weide. Erdklumpen und Grasbüschel
wurden von den Hufen hochgeschleudert. Schaum aus dem Maul des Tieres
flockte auf meine
Hände. Ich sah scharf geradeaus, und ich bemerkte den
einzelnen Reiter vor mir, der in einem halsbrecherischen Tempo
zwischen den ersten Stämmen hervorstob. Dann vernahm ich ein
Zischen, dann einen schwachen Knall, einen zweiten, einen dritten.
Der Reiter vor mir winkte mit der rechten Hand.
»Gromell!« schrie ich voller Erleichterung.
Hinter mir leuchtete eine kalkigweiße Kugel auf, dicht
danach eine blutrote, dann eine aus eisigem Blau. Gleichzeitig
krachte der erste Donnerschlag. Ich erkannte den Bogenschützen.
Er ritt scharf heran, stellte sich vor uns quer und hob beide Hände.
Meine Leuchtpistole steckte in seinem Gürtel.
»Schnell! Alexandra - reite in den Wald, nimm meinen
Schimmel mit. Geradeaus, dann kommst du genau zum Lagerplatz!
Schnell!«
Ich glitt aus dem Sattel, gleichzeitig warf mir Gromell den Bogen
zu. Alexandra griff nach dem Zügel des Schimmels, setzte sich
zurecht und ritt weiter. Ich schnallte Köcher und Armschutz an,
streifte den Handschuh glatt, und dann verschwanden wir beide wieder
in die Dunkelheit zwischen den Bäumen.
»Langsam schießen, Atlan!« sagte Gromell leise.
Ich drehte mich um. Alexandra war unsichtbar, und der grollende
Donner verschluckte die letzten Geräusche der Pferdehufe auf dem
Nadelboden des Hochwaldes. Die drei Leuchtkugeln waren ins Gras
gefallen und brannten dort weiter. Wir sahen die Masse der
heranpreschenden, scheuenden Pferde. Etwa zwanzig Männer
verfolgten uns, und es sah sehr danach aus, als ob es alle Ritter
wären. Surreys Freunde? Vermutlich hatte er sie unter den
zahlreichen Unterlegenen des Turniers gefunden und ihren Haß
auf mich heraufbeschworen. Ich wußte es nicht, und es war auch
unwichtig. Etwa zwanzig Meter trennten Gromell und mich. Etwa
hundertfünfzig oder mehr Meter lagen zwischen dem Angriffskeil
und dem Waldrand.
Die langen Pfeile aus Kunststoff und Arkonstahl heulten
nacheinander durch die Luft. Die hölzernen Pfeile Gromells, von
ihm selbst hergestellt, waren nicht weniger gut. Sein erster Pfeil
schleuderte den Mann an der Spitze aus dem Sattel. Der nächste
rammte in vollem Galopp gegen das scheuende Pferd, und ich schoß
ihm durch die Schulter.
Dann hielten die Männer an, wurden langsamer. Gromell schoß
wie ein Automat; alle drei Sekunden einen Pfeil, und jedes Geschoß
saß. Er schoß gezielt und tödlich, und ich schoß
nur etwas langsamer. Schulterschuß. Ein Treffer in den
ungeschützten Oberschenkel. Ein Treffer in den Oberarm.
Nach einer knappen Minute wälzten sich mehr als zehn Männer
auf dem Boden. Ein Pferd raste an uns vorbei in den Wald, und die
Zügel verfingen sich an einem Ast. Das Tier wieherte
ununterbrochen. Der Wolf und der Vogel beschäftigten die anderen
Männer. Wir
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