PR TB 095 Die Spur Des Gehetzten
unmittelbar Wichtige!
»Was tun wir?« fragte Atreas unsicher.
Hinter uns beruhigte sich die Aufregung ein wenig. Eine gespannte
Bereitschaft, das Leben und den Hof zu verteidigen, breitete sich
aus. Die Männer hatten sich bewaffnet, steckten unter rostigen
Helmen, trugen Waffen, luden ihre Steinschleudern und schleppten
bündelweise kurze Wurfspeere heran. Knechte standen auf den
Wagen, spähten über die Mauern, lehnten aus kleinen
Fenstern und warteten auf den Angriff. Kein Wort würde
gesprochen werden, die Söldner kannten ihr Ziel und auch die
Mittel, es zu erreichen. Sie mäßigten ihr Tempo, als sie
auf mehr als Bogenschußweite herangekommen waren, verteilten
sich und sprengten in zwei Gruppen nach beiden Seiten auseinander.
Sie umrundeten einmal den Hof, ritten eine kleine Schafherde brutal
zusammen.
Ich sah, wie sich das Gesicht des Mannes neben mir vor Wut
verzerrte. Der Junge; der vor uns an der massiven Bohlentür
stand und zitternd den Riegel hielt, machte eine fragende. Bewegung.
»Nein, noch nicht!« stieß ich hervor und drehte
mich im Sattel herum. Dann drückte ich den Rufknopf des
künstlichen Vogels, sagte ins Mikrophon: »Blende den
Anführer« und ließ wieder den Knopf los.
Die Söldner griffen an.
Sie schossen aus langen Holzbogen Brandpfeile, ritten an die
Mauern heran und warfen Seile über die Torpfosten. Ein Hagel aus
Schleudern und von Speeren antwortete ihnen. Jemand fluchte laut,
eine Frau wimmerte, als die Flammen auf ihr Kleid übergriffen.
Der Vogel jagte schräg auf den Anführer der Söldner
zu, einem grobschlächtigen Mann in einer bunten, auffallenden
Kleidung voller Leder und Eisen, der auf einem starkknochigen
Schimmel ritt. Der Falke legte die Schwingen an, ließ sich die
letzten zehn Meter fallen und schoß dann waagrecht nach vorn.
Sein stählernen Schnabel und die Krallen zerfetzten das Gesicht
des aufbrüllenden Mannes, der seine Waffen fallen ließ.
Ein anderer Söldner ritt heran und schwang einen Streitkolben,
aber ehe er den Vogel treffen konnte, ließ der Falke von seinem
Opfer ab und glitt zwischen den Beinen eines anderen Pferdes dicht
über den Boden, schwang sich hoch und riß Sekunden später
einen zweiten Mann aus sein Sattel und schleifte ihn mit sich.
Gleichzeitig traf ein geschleuderter Feldstein, größer
als eine Männerfaust, einen dritten Söldner an der Stirn.
Der Reiter, an dessen Sättel ein Paar kostbarer Lederstiefel
baumelten, hatte sich zu weit nach vorn gewagt. Sein Schädel
barst, und das Pferd überschlug sich.
»Jetzt! « sagte ich.
Die Tür flog auf, und wir duckten uns tief in die Sättel.
Jeder von uns hatte einen Pfeil auf der Sehne. Die Pferde wurden in
einen rasenden Galopp gezwungen, und ich erinnerte mich wieder an
alles, was ich bei den Hunnen gelernt hatte und von jenem
britannischen Bogenschützen, der mich und Alexandra begleitet
hatte. Wir wandten uns nach links, wo zwischen den Söldnern
einige Aufregung ausgebrochen war. Neben mir fluchte Atreas.
Wir schossen in rasendem Galopp aus dem Sattel heraus und henkten
die Pferde mit Schenkeldruck und den Sporen. Ein Pfeil nach dem
anderen verließ die Sehne und traf einen der Söldner. Wir
sprengten schräg auf den Haufen zu, während um unsere Köpfe
die Kiesel schwirrten, die Speere flogen, Pferde wieherten und Männer
schrien. Atreas schoß drei Männer aus dem Sattel, ich traf
drei von ihnen tödlich und verwundete zwei von ihnen.
Dann passierten wir den Haufen, ritten einen engen Halbkreis und
griffen ein zweitesmal an. Ein Hagel von Pfeilen empfing uns, und wir
wichen aus. Ich steckte den Bogen ins Futteral, griff nach einer der
Reiterpistolen und zielte kurz.
Eine schmetternde Detonation ertönte.
Eine Stichflamme zuckte aus denn Lauf, es roch nach Pulver, und
ich ritt in die eigene
Rauchwolke hinein. Ein Söldner wurde rückwärts aus
dem Sattel gerissen. Ein zweiter Schuß, ein dritter. Panik
brach aus.
Zwei Reiter wandten sich zur Flucht.
Ich riß mein Pferd auf den Hinterbeinen herum, feuerte noch
einmal am Hals des scheuenden Tieres vorbei, dann veränderte
mein Daumen die Einstellung der Waffe. Ich zielte sorgfältig und
feuerte rechts und links der nunmehr vier fliehenden Reiter in den
Boden. Dort begann das Erdreich zu kochen, schlanke Säulen aus
Gestein, Erde und Dreck schlugen hoch, und ein Olivenbaum begann zu
brennen. Die Söldner peitschten auf ihre Tiere ein, und dröhnend
krachte Schuß um Schuß aus der Waffe. Die Flucht
verwandelte sich in
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