PR TB 098 Wettfahrt Der Entdecker
dann einen Teil seiner Gedanken preisgeben und schildern, was er
erlebt hatte, und mit welcher Enttäuschung er wieder in sein
submarines Stahlgefängnis zurückgekehrt war.
»Hooooh!« schrie einer der Piloten; Atlan konnte nicht
feststellen, wer es gewesen war. Er schreckte aus seinen Gedanken
auf. Noch ist es Zeit, sich abzukapseln und die Erinnerungsstöße
zu vermeiden! schrie warnend der Extrasinn.
Die größte Ansiedlung des Naysattales dehnte sich vor
ihnen amphitheatralisch aus. Sie war in einen Berghang gebaut, der
einem Spitzkegel glich, den man gedritteilt und auf den Kopf gestellt
hatte. Zwischen den einzelnen Häusern, durch Treppen und Stufen,
durch Übergänge und zierliche Brücken miteinander
verbunden, wuchs reichlich Grün. Ein Aquädukt führte
in zwei getrennten Tonröhren warmes und kaltes Wasser heran. Das
treppenartig angelegte Gebäude am obersten Rand der Anlage war
das Haus des Stammes; Versammlungsraum, Schenke, Gasthatis,
Kommunikationsort und zugleich höchstgelegener Raum der
Siedlung. Viele farbige Würfel türmten sich übereinander.
Ihre Fensteröffnungen sahen nach Osten und Westen, die Terrassen
wiesen nach Süden.
Eine prächtige Anlage, dachte der Arkonide. Zwischen den
einzelnen Würfeln bewegten sich entfernt palmenartige
Daktyliferen; ein vager Eindruck einer terranischen Südseeinsel
entstand und blitzte kurz in Atlans Hirn.
T'aban Tenthredo schrie gegen den Flugwind an:
»Wir landen auf der obersten Plattform —
nebeneinander.«
»Verstanden, Neffe der Erkenntnis!« schrie Atlan
zurück. Plötzlich durchdrang eine innere Heiterkeit die
düsteren Vorahnungen, als ob die Schatten der Wolken
verschwunden wären. Die vier Vögel landeten mit mächtigem
Brausen der Schwingen; die Sättel wurden gelockert, dann kamen
einige schweigsame Männer und führten die Zoon hinweg.
Atlan, T'aban, Dancun und der vierte Mann blieben in einer Gruppe
stehen. T'aban sagte langsam und in freundschaftlichem
Tonfall:
»Dancun — wir werden Ingeyn begrüßen, einen
Trunk zu uns nehmen, dann unsere Räume beziehen. Wir erwarten
den Boten, wenn die Hinrichtung stattfinden soll — rechtzeitig
vorher. Ich denke, es wird nach dem Untergehen von Carybdea Acropis
sein?«
Dancun murmelte, während er sich die Hand gegen die Brust
schmetterte:
»Meister Garaz . . . alles wird so geschehen, wie du es
vorgeschlagen hast. Gehe zu Ingeyn; sie wartet mehr als wir. Wir
holen euch rechtzeitig. Du wirst wissen, was zu tun ist!«
T’aban verbeugte sich und grinste kalt.
»Ich weiß es!« sagte er, berührte Atlan am
Unterarm und betrat die Steintreppe, die von der Landeplattform nach
unten führte. Sie kamen an verschiedenen Terrassen und kleinen
Hanggärten vorbei, in denen kleine und große Pflanzen
wuchsen und dampfende Bäder zu sehen waren. Schließlich
betraten sie einen Raum, der von gelbem, fast orangefarbenem Licht
erfüllt war. Dünne Webstoffe vor den Fensteröffnungen
filterten das Licht. T’aban sah sich um, öffnete eine
weiße Tür und winkte dem Arkoniden.
»Hier bin ich, Blüte des späten Abends!«
rief Tenthredo. »Ich habe gewartet, in deine unendlichen Augen
zu sehen!«
Vor einem Fenster schnappte der Stoff in die Höhe und
ringelte sich zusammen. Atlan lehnte sich
?
abwartend an die W and und schwieg. T’aban stand in der
Mitte des Raumes und breitete die Arme aus. Ohne zu baden? durchfuhr
ein Gedanke den Arkoniden. Er sah, wie sich aus einem hochlehnigen
Stuhl neben dem Fenster eine große, schlanke Gestalt löste;
ein Mädchen, nicht viel älter als siebenundzwanzig
planetare Jahre. Mindestens einhundertachtundsiebzig Zentimeter groß,
schlank, fast grazil, mit dunkelblondem Haar und hellsamtbrauner
Haut. Atlan glaubte, einen registrierenden, prüfenden Blick aus
grauen Augen empfangen zu haben. T’aban sagte leise und
ungewohnt weich:
»Edelster Traumvogel meiner Nächte! Mein Freund und ich
sind gekommen, um einen langen Abschied zu nehmen. Gehen wir in die
Bäder?«
»Ich habe euch gesehen«, sagte Ingeyn, umarmte
Tenthredo, schmiegte sich dicht an ihn und legte dann Atlan die Hand
auf den Unterarm. »Wein ist bereit. Das Wasser ist warm und
wohlriechend.«
Die Rindenextrakte des Gaschkaybaumes wirkten in bestimmter
Verdünnung desinfizierend und zugleich betäubend
wohlriechend. Tekener und Atlan zogen sich in getrennten kleinen
Räumen aus, glitten durch eine Art Schleuse in ein Becken voll
warmen Wassers und trafen dort auf das Mädchen. Langsam löste
sich
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