PR TB 104 Samurai Von Den Sternen
und die Linsen derartig fein bearbeitet, daß es
einer Prüfung standhalten würde. Er nahm mit spitzen
Fingern die vier ineinander verschiebbaren Rohre, nickte mir zu und
gähnte ungeniert. Ich machte mich an den Abstieg, sah nach den
Pferden, stieß das glühende Holz in die Glut und wickelte
mich in Mantel und Decken. Diese Nacht verbrachten wir in Ruhe. Kein
Überfall
erfolgte, und auch Herr Tawaraya galoppierte mit zweien seiner
besten Diener, gerüstet und bewaffnet, in der Nähe der
Grenze durch die Felder und Baumkulturen.
***
Ich füllte gerade die Flasche am Wasser einer Quelle auf,
wusch unser Geschirr und meine Hände, als Nemuro in die Nähe
des Feuers stolperte und zwischen den Zähnen hervorstieß:
»Ein Feuer mit weißem Rauch. Nicht weit entfernt, im
Südosten!«
»Ich habe begriffen. Sollte nicht heute die Tabakkarawane
abgehen?«
»Ja. Schnell!«
Wir löschten das Feuer, schlangen ein paar übriggebliebene
Bissen hinunter, packten in rasender Eile und schnallten die Sättel
fest. Unsere Pferde waren ausgeruht und gut gefüttert; wir
jagten mit losen Zügeln hügelan, wichen einigen
Krüppelkiefern aus und hielten an der Hügelkuppe.
»Dort! Siehst du?«
Ich rief mir die Einzelheiten des Geländes in die Erinnerung
zurück. Irgendwo dort vorn wand sich eine jener wenigen
gepflasterten Straßen durch das Gelände. Überall
standen kleine Wäldchen. Wir kniffen die Augen zusammen und
prägten uns den Weg ein, den wir reiten mußten.
Sternenlicht und schwacher Mondschein riefen eine der typischen,
hellen Herbstnächte hervor. Etwa fünf, sieben Kilometer
weiter leuchtete ein kleines Feuer und strahlte zuckend und flackernd
den weißen Rauch an, der durch das Verbrennen frischer Blätter
hervorgerufen wurde. Das Feuerzeichen leuchtete ganz in der Nähe
der Straße, bei einer Brücke, die durch unübersichtliches,
waldiges und bambusreiches Gelände führte. Wir sahen uns
an, wir nickten, dann gruben wir den Tieren die Hacken in die
Weichen.
Wir sprengten hintereinander den Hügel hinunter, rasten durch
einen Wald und über ein System von Trenngräben um
Reisfelder. Wir kamen auf ein abgeerntetes Feld. Die Pferde keuchten,
Schaumflocken traten auf ihre Mäuler. Wir beugten uns tief über
die Hälse der Tiere und versuchten, den Weg vor uns genau
zuerkennen.
»Weiter!«
»Ich komme!«
Mein Helm begann zu rutschen; ich biß auf das Kinnband und
hielt den flachen Helm fest. Der Wolfsschädel darauf bestand aus
ARKON-Metall und leuchtete schwach in der Dunkelheit; die Augenhöhlen
strahlten stärker. Am Tag war der Glanz mit bloßem Auge
kaum zu ertragen. Die Ahnenrolle war geöffnet worden; jetzt
steckte sie wieder im Gepäck, und einige Stunden lang war mein
mißtrauischer Kampfgefährte recht unsicher gewesen. Wir
kamen auf einen Feldweg, der von schmalen Mauern umsäumt war.
Schneller donnerten die Hufe der zähen Reittiere auf den Boden.
Staub wirbelte hoch, und Steine spritzten nach allen Seiten. Wir
erreichten ein Kiesfeld, das ringsum von kultivierten Flächen
umgeben war, die Jahr um
Jahr mehr in die Kiesfläche hineinwuchsen. Büsche und
Nußbäume standen darin.
Wie die Nachtgeister jagten wir rasselnd und rutschend durch den
Kies, preschten mitten durch die Büsche hindurch und sahen vor
uns einen breiten, flachen Bachlauf. Dahinter erkannten wir jetzt die
senkrechte Spur des weißen Rauches.
»Geradeaus, Ataya!«
»Ich weiß es!« schrie ich zurück.
Wir sprengten in den Bach hinein, waren minutenlang in Schauer aus
Tropfen und Gischt gehüllt. Dann setzten die Pferde aus dem Bach
hinaus und kletterten wie Bergziegen das schräge Ufer hinauf.
Wir hatten nach einem Ritt von wenigen hundert Metern die Straße
erreicht, wandten uns nach links und galoppierten links und rechts
des Pflasters auf dem weichen, grasbedeckten und ginsterbewachsenen
Boden dahin. Schon längst saß mein Helm wieder fest, ich
hatte einen Pfeil auf die Sehne gelegt und lenkte das Tier mit der
rechten Hand. Die Spitze des riesigen Bogens schleifte fast im Gras.
Der Wald wurde dichter. Irgendwo schrie klagend und langgezogen
ein Käuzchen. Ein jagender Falke antwortete.
»Hier!« Nemuro war erschrocken; ich merkte es am Klang
seiner Stimme.
Nemuro riß sein Pferd auf die Hinterhand zurück. Mitten
auf der Straße lag, ausgebreitet in einer Blutlache, ein
Körper. Ein Bauer, der Kleidung nach zu urteilen. Ihm war der
Schädel gespalten worden. Das Pferd des anderen Samurai drehte
sich im Kreis, und ich
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