PR TB 104 Samurai Von Den Sternen
mit ihm kamen die
Gerüchte. Sie stammten von Pilgern, die zum Shinto-Schrein
kamen, von einem Mönch, der den Buddhatempel besuchen wollte,
von einigen Wanderern und von den Landarbeitern. Wenn es stimmte, was
sie berichteten, dann trieb Shokokuyij seine Leute mit mörderischer
Hast an, die Ernte einzubringen.
Gleichzeitig wurde die Burg gerüstet, und überall
suchten seine Diener nach ronin, die er für diesen Kampf
bezahlen wollte.
»Die Lage ist bedrohlich, und die Kämpfe werden sich
wohl in den Winter hineinziehen!« meinte Tawaraya, als wir
gemeinsam aßen und tranken. Vor den Fenstern hörten wir,
wie die Bauern beratschlagten, ob es besser sei, die Ernte zu
vergraben oder alles auf die Burg zu schleppen.
»Es ist sicher, daß Shokokuyij angreifen wird?«
erkundigte ich mich.
»Ich habe einen berittenen Boten zum Shogun geschickt.
Vielleicht wird er Truppen schicken oder das Ehrengericht einberufen.
Auf alle Fälle rechne ich damit, daß der Fette brennend
und plündernd hierher ziehen wird, um die Burg zu belagern.«
Versuche, diese Entwicklung anzuhalten! sagte mein Extrasinn.
Ich setzte mich auf und meinte fragend:
»Ich bin Samurai, und mein Beruf ist der des Kriegers, der
für seinen Herrn und für sich kämpft. Aber es ist
sinnlos und verbrecherisch, wegen eines solchen Streites eine
Belagerung durchzuführen, bei der viele Menschen sterben werden.
Ist der große Kampf nicht aufzuhalten, Herr Tawaraya?«
Er schüttelte traurig den Kopf.
»Ich habe schon so oft versucht, mich mit dem Fetten zu
versöhnen, ihm seine Habgier auszureden. Alles war vergebens.
Ich habe keine Macht, ihn von dem Versuch abzuhalten. Ich kann nicht
mehr versuchen, als ich schon getan habe - der Bote an den Shogun.«
So kam es also auf uns zu. In den nächsten Tagen und Wochen
mußten wir uns darum kümmern, daß wir alles für
eine lange Belagerung und einen harten Kampf auf die runde Burg
schafften. Allen Bauern aus der Umgebung mußte die Möglichkeit
offenbleiben, sich in diese Fluchtburg der Familie zurückzuziehen.
Wir brauchten Nahrung ebenso wie Wasser, Waffen genauso dringend wie
Bewaffnete, um die Belagerer zurückschlagen zu können.
Sollte ich Rico anrufen und überlegene Arkon-Technik einsetzen?
Ich mußte dies alles noch überlegen.
Wir tranken in dieser Nacht noch einige Schalen Sake, dann
entwickelten wir zusammen einen Plan, der uns helfen sollte, den
kommenden Angriff zu überstehen. Vielleicht aber handelte der
Shogun im fernen Edo rechtzeitig und richtig, und der Kampf
unterblieb. Aber ich blieb pessimistisch: ich hatte zu viele Kämpfe
gesehen in diesen Jahrtausenden, und ich wußte auch, daß
sie meist aus nichtigen Anlässen heraus entstanden. So auch
hier. Dieser barbarische Planet war von einer Unkultur, die mich
erschreckte. Wenn diese kriegerische, selbstzerstörerische Rasse
einst wirklich Raumschiffe bauen sollte, dann würden sie keine
Gelegenheit versäumen, sich mit dem umgebenden Universum in
einen Kampf einzulassen. Dieser Gedanke brachte mich wieder zurück
zu meinem Problem mit Nectrion.
Ich zog mich in die karge Atmosphäre meines Zimmers zurück
und zermarterte meinen Verstand, um einen Weg zu finden.
Ich mußte fort - nach Arkon!
10.
Der Zuschauer sieht klarer als der Beteiligte
- aber: wer Unrecht tut, schadet sich selbst.
Tseng-kuang
Tawaraya, Nemuro und ich standen auf dem Erker des Hauses, das auf
der Mauerkrone ruhte. Es war ein Mittag im Herbst, und wir hatten bis
heute vergebens auf eine Reaktion des Shogun aus Edo gewartet. Und
jetzt nahm der Kampf seinen Lauf. Tawaraya schüttelte den Kopf
und sagte leise und bitter:
»Alles wird in Tod enden. Und um den Tod zu erleiden, zieht
der Fette durch das Land und brennt nieder, was er findet.«
Er deutete nach vorn. Wir alle waren in unsere schweren Rüstungen
gekleidet. Außer uns befanden sich noch mehr als hundertfünfzig
Männer hier oben. Sie alle waren ausgezeichnet gerüstet und
bewaffnet. In der Richtung, die etwa die Luftlinie zwischen der
Grenze und diesem Bezirk hier darstellte, sahen wir im klaren Himmel
die Rauchwolken von brennenden Scheunen und Wohnhäusern. Sie
kennzeichneten den Weg der Truppe von Shokokuyij. Die fernen
Rauchsäulen waren dünn und verschwanden bald, und vor ihnen
sahen wir die frischen Feuer. Der Feind kam näher. Aus allen
Teilen des Landes strömten die Flüchtlinge heran. Sie
trieben Vieh mit sich, schleppten schwere Lasten an federnden
Bambusstangen, die über ihren Schultern
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