PR TB 108 Der Arkonide Und Der Sonnenkönig
Soupers
du Roy, die heute gespielt wurden, dirigierte der Komponist selbst -
es war ein ausgesprochen intimes Essen, an dem nur dreißig
Personen teilnahmen, die von etwa zwanzig Dienern umschwirrt wurden.
Der König thronte am Kopfende der Tafel, und wir wurden der
Reihe nach vorgestellt. Man reichte uns zierliche Gläser mit
einem gelben, aromatisch riechenden Wein. Verglichen mit den übrigen
Anwesenden und selbst mit dem König boten wir Personen einen
ausgesprochen glanzvollen Anblick. Wir waren einfach, aber kostbar
gekleidet. Selbst unsere Waffen funkelten im Sonnenlicht wie
geschliffene Diamanten. Die Mappen mit den verschiedensten
Vorschlägen und Anregungen lagen auf niedrigen Tischen abseits
der Tafel.
»Die Musik ist klar und wird meisterlich gespielt!«
sagte Tairi und schaute fasziniert dem kleinen Orchester zu. Jedes
Instrument war nur einmal vertreten, und die Musiker schienen wahre
Virtuosen zu sein. Kein Vergleich zu dem Gefiedel, das wir in Sceaux
gehört hatten.
»Delalande dirigiert selbst, ein etwa fünfzigjähriger
Mann!« flüsterte Antoinette. Wir wurden aufgefordert, uns
zu setzen. Die Etikette am Hofe war deswegen so ausgefeilt und
zwingend, weil sie das einzige Mittel war, mit dem sich der König
Intrigen und Bevorzugungen, Schmeichler und Unwürdige vom Hals
halten konnte. Es war eine Kombination aus bäuerlichen Sitten
und verfeinerter Lebensart. Zwar speiste man von edelstem
Tafelsilber, aber noch immer glich der Tisch nach einigen Minuten des
Essens einem kleinen Schlachtfeld.
Der König hob sein Glas, sah mißtrauisch den Wein an
und trank einen Schluck. Atemlose Stille trat ein. Majestät
beliebten zu sprechen.
»Ich habe heute sieben bemerkenswerte Freunde eingeladen.
Zuerst Antoinette de Droyden, eine meiner ältesten, pardon,
längsten Vertrauten. Die anderen sechs, die uns fremd erscheinen
mögen, sind ihre Freunde. Ich habe beschlossen, sie zu fordern,
wenn sie es verdienen.«
Gedämpfter Beifall wurde gespendet. Die Höflinge
verglichen ihren König mit Apoll und versinnbildlichten sein
Wirken mit den überaus segensreichen Strahlen der Sonne.
»Laßt uns zuerst speisen!« sagte der vierzehnte
Ludwig. »Dann werden wir uns unterhalten.«
Die Speisen wurden aufgetragen. Man begann mit dem Servieren beim
König und endete am anderen Ende der Tafel. Alles, was hier
ausgeteilt, vorgelegt, eingegossen und aufgetragen wurde, war
erlesenste Küchenkunst; eine Freude für jeden Gaumen. Indes
war dieses Essen fettreich und lag schwer im Magen. Trotzdem aßen
wir große Portionen und tranken den ausgezeichneten Wein. Leise
Tischgespräche bahnten sich an. Die Musik schaffte es, die
steife Atmosphäre aufzulockern. Wir erfuhren, daß der
König eine Menge seiner Ratgeber eingeladen hatte. Sie sollten
uns wohl prüfen und unsere Ideen genau unter die Lupe nehmen.
Ich bemerkte mehrmals, wie Diannot den König studierte, auf die
Bewegungen einesjeden Fingers achtete.
Gabrielle und ich wechselten einen kurzen, vielsagenden Blick. Sie
hatte verstanden, was ich meinte.
Versuche, die kommenden Verhandlungen günstig zu
beeinflussen. Du und deine Freunde müssen alle Freiheiten
behalten! flüsterte eindringlich der Extrasinn.
Man reichte uns ein Dessert, dann als überraschende Neuheit
eine Tasse bitteren Kaffees, eine besondere Delikatesse für
diese Zeit - dann trugen die Diener das Geschirr hinaus. Die Gäste
warteten und standen auf, als der König sich erhob. Ich
näherte mich langsam dem Monarchen und sagte eine Spur lauter,
als es nötig war:
»Wenn Ihr diese Blumen vor den Fenstern seht, Majestät,
dann habt Ihr sicher den Wunsch, jemand möchte den Eindruck für
die Ewigkeit festhalten.«
Er sah mich mißtrauisch an, zwinkerte und brummte:
»So ist es. Fahrt fort, de l’Arcon.«
Ich lächelte verbindlich und fuhr fort:
»Wenn ein Gemälde entsteht, so ist es einmalig. Zwar
können es viele Menschen sehen, aber es ist eine Kostbarkeit.
Wenn es nun gelänge, von diesem Bild einen Druck herzustellen?
Ein Druck, der alle Farben wiedergibt und in Kupferplatten
auszuführen ist? Tausende von Bildern,jedes so schön wie
ein Gemälde und wertvoll wie die Natur selbst, können
entstehen. Sie gleichen sich dann wie ein Ei dem anderen.«
Mansarts Schwager Robert de Cotte und Coypel, der das
Deckengemälde der königlichen Kapelle gemalt hatten,
horchten auf.
»Das ist bis jetzt niemandem gelungen. Und ich zweifle
daran, daß es Euch gelungen ist, Arcon!« sagte Coypel.
Ich
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