PR TB 108 Der Arkonide Und Der Sonnenkönig
darüber unterhalten. Bleibe liegen - ich arbeite weiter am
Stärkungsprogramm.«
Während mein Körper von den Maschinen fit gemacht wurde,
senkte sich die Haube der Hypnogeräte über meinen Kopf. Ich
begann, die »neue« Sprache des Frankreichs zu lernen, das
ich mehrmals schon besucht hatte. Es gab nicht sehr viele
Unterschiede.
Einhundert oder mehr Stunden vergingen, dann konnte ich mich
wieder bewegen und etwas anderes essen als diese flüssige
Nahrung, mit der ich gefüttert worden war wie ein Säugling.
Als ich, in einen schweren weißen Mantel aus flauschigem Stoff
gehüllt, durch die warmen, in Musik und Farbenspiele gebadeten
Räume meines stählernen Unterwasser-Gefängnisses
wanderte, beendeten die Maschinen gerade das Programm, mit dem sie
die große, schlanke Japanerin Tairi aufweckten. Sie würde
mich als exotische Schönheit begleiten. Paris! Alles hatte sich
verändert. Ein neues Zeitalter war in Europa angebrochen. Ich
erlebte die wichtigsten Stationen auf den Bildschirmen mit. Wieder
lernte ich.
»Ataya!«
Ich setzte mich neben das Mädchen, das von den technischen
Manipulationen etwas erschreckt war. Tairi war noch immer so, wie ich
sie vor dem Einschlafen verlassen hatte - nach dem Schönheitsideal
des Samuraistaates war sie häßlich, aber hier bei mir und
in den Ländern rings um das Binnenmeer würde sie als
exotische Schönheit gelten. Ich strich über ihr
blauschwarzes, langes Haar und sagte leise:
»Fürchte nichts. Die Maschinen, die dir geholfen haben,
einzuschlafen, werden dich auch ganz wiederherstellen. Die
Frühlingssonne wird noch mehr helfen. Wir werden eine Zeit
voller Musik und schöner Dinge erleben. Du und ich.«
Langsam erarbeiteten wir uns die veränderte Situation.
Wir würden Frankreich in der Regierungszeit des vierzehnten
Ludwig, des Sonnenkönigs, wie man ihn nannte, betreten.
Unsere Ausrüstung wurde von den Maschinen hergestellt.
Zwei Jagdhunde, vollrobotisch, groß und von exotischem
Aussehen. Ich würde die Maske eines Edelmannes aus der neuen
Welt annehmen, aus dem südlichen Amerika. Die kosmischen
Vagabunden, die nahe Paris Gäste eines Schloßherrn waren,
kamen angeblich aus Rußland, dem riesigen Staat im Osten, der
von einer despotischen Familie beherrscht war. Die Waffen wurden
überprüft und ausgerüstet, die Kleidung, Münzen
und Sättel - wir mußten einen prunkvollen Rahmen um uns
entwerfen, damit wir glaubhaft wurden.
Tairi fragte, als sie wiederhergestellt war:
»Was ist unser Ziel, Atlan?«
»Wir versuchen, diese vier Menschen zu überreden, mit
ihrem Schiff in meine Heimat zu fliegen; ich erklärte dir die
Zusammenhänge auf der Südseeinsel, als unser Samurai-Freund
zuhörte. Dann kommt für diese Welt eine ganz neue Zeit.
Aber bis zu diesem Ziel ist es weit, und ich weiß nicht, ob wir
es überhaupt erreichen.«
»Sie wissen nichts von uns?« fragte sie. Die
Reitkleidung, die von den Maschinen nach Aufnahmen gemacht worden
war, paßte ihr hervorragend. Sie schien ihre Persönlichkeit
ununterbrochen verändern zu können. Noch vorher, als sie
nackt unter den ultravioletten Lampen gelegen hatte, war sie eine
Mischung zwischen Japanerin und einer Perlentaucherin der Südsee.
Jetzt verwandelte sie sich in eine schwarzhaarige Europäerin.
Die Monate meiner Erziehungsversuche schienen also doch gewisse
Wirkungen gezeigt zu haben.
»Nein. Sie kennen uns nicht. Aber wir kennen sie.«
Mein Gleiter wurde systematisch beladen. Die Erfahrungen von zwei
Dutzend solcher Abenteuer lagen in den Programmen der Maschinen. Die
Grundausstattung war jedesmal fast identisch. Medikamente und
ärztliche Hilfsgeräte, Artikel des täglichen Bedarfs,
einige Nahrungsmittel und eine Masse von scheinbar nutzlosen Geräten,
die ebenfalls getarnt waren. Dieses Mal würde ich nicht mitten
in eine barbarische Kultur hineinstolpern; in Frankreich war bereits
die erste Rechenmaschine erfunden worden.
»Du hast wunderbare Sachen hier, Atlan. Sie haben mich viele
Dinge und eine neue Sprache gelehrt!« sagte Tairi und strahlte
mich aus ihren dunklen, mandelförmigen Augen an.
»Vergiß nicht«, schränkte ich ein, »daß
wir niemandem zeigen dürfen, wer wir wirklich sind. Vielleicht
den fremden Gästen - aber auch nur dann, wenn sie nicht
erschrecken.«
»Ich verstehe!« sagte sie.
Nach etwa zehn Tagen waren wir bereit. Wir nahmen den Gleiter und
stiegen durch die Dunkelheit des Wassers auf. Wir flogen hoch über
den Wellen dahin und kamen schließlich, nach vielen
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