PR TB 108 Der Arkonide Und Der Sonnenkönig
trappelten über
das grobe Pflaster, die Räder mahlten auf dem Stein, und die
vier Pferde zogen an. Wir umrundeten den Marktplatz, und ich zog mir
zum Schutz gegen die Sonne den Hut tiefer in die Stirn. Jean konnte
hervorragend mit den Pferden umgehen.
»Alors!« rief ich und ritt neben der Kutsche her.
Tairi winkte aus dem Fenster.
Wir verließen die Stadt und schlugen am Kreuzweg die
Richtung nach Melun ein. Hector rannte weit vor der Kutsche einher,
der andere Hund sicherte unseren Rücken. Hinter uns erhob sich
eine leichte Staubwolke, die schnell nach Osten abtrieb. Ein Teil der
Nervenspannung fiel langsam von mir ab, und ich richtete meine
Gedanken auf die bevorstehenden Geschehnisse. Würde ich auch
diesmal einen harten, besessenen Kampf ausfechten müssen wie in
meinem letzten Abenteuer?
Ich hoffte es nicht.
»Herr Atlan de l’Arcon?« rief Jean vom
Kutschbock und knallte mit der Peitsche. Ich ließ mich von der
Kutsche überholen und ritt dann neben ihm dahin.
»Ja?«
»Wir sollten gegen Mittag rasten. Ich weiß einen
schönen Platz im Schatten, nahe einer Quelle, Herr Atlan!«
»Einverstanden«, rief ich und wich einem halb
umgestürzten Baum aus, duckte mich tief auf den Hals des
Pferdes. »Dort rasten wir!«
Wir kamen durch eine schöne Kulturlandschaft. Es war angenehm
warm, überall sah man die Pflanzen auf den Feldern. Kleine
Wälder wechselten mit Hügeln voller Reben ab. Arbeiter auf
den Feldern winkten, und wir winkten zurück. Schließlich,
kurz nach dem höchsten Sonnenstand, bog Jean von dem
ausgefahrenen Weg ab und brachte die Pferde unter den ausladenden
Ästen eines uralten Baumes zum Stehen. Auf einem
moosüberwucherten Sockel erhob eine zierliche weiße
Marmorfigur ihren Arm.
Die Pferde scharrten und prusteten. Jean zog die Bremse an und
kletterte mit steifen Muskeln vom Bock.
»Hier sind wir, Herr Atlan«, sagte er. »Soll ich
den Proviant auspacken?«
»Ich helfe dir, Jean!« erklärte Tairi und ließ
sich von mir aus der Kutsche heben.
Wir schickten die Hunde aus, die das Lager umkreisten. Die Pferde
wurden an die Quelle geführt. Auf dem flachen Deckel einer Truhe
breitete Tairi das Essen aus. Wir setzten uns auf Steine, die schon
seit Jahrhunderten an dieser Stelle als Sitzplätze füngierten
und streckten die Beine aus.
»Heute abend, vielleicht heute nacht erst, können wir
bei dem Gutshof des Herrn von Droyden sein«, sagte Jean mit
vollen Backen. »Was sucht Ihr dort, Herr?«
»Freunde. Genauer: Fremde. Vier fremde Adelige, die ich
treffen muß. Ich muß mit ihnen wichtige Gespräche
führen.«
»Ich verstehe. Die Pferde sind frisch. Ich werde mein Bestes
tun!« erwiderte Jean und trank den Wein in kleinen Schlucken.
Ich sah mich aufmerksam um und suchte mit den Augen die beiden Hunde.
Der Extrasinn meldete sich.
Wenn diese Quelle seit langer Zeit Rastplatz ist, so kann dies
ebenso gut ein Treffpunkt für Halunken und Räuber sein!
Ich stand auf, ging hinüber zu meinem Rappen und zog die
Mehrzweckwaffe aus dem wasserfesten Futteral. Die Pferde zupften an
den sprossenden Grashalmen und scharrten ungeduldig.
Die Robothirne der beiden Hunde, dachte ich, hatten zwar die
Programme ihrer demontierten oder zerstörten Vorgänger,
aber sie mußten noch einige hundert Stunden des Lernprogramms
über sich ergehen lassen. Ich ließ mir von Jean den Becher
noch einmal füllen und fragte:
»Und die Räuberbanden? Verhalten sie sich ruhig?«
Jean hob die Schultern und grinste breit. Dann zog er sein Gesicht
in bekümmerte Falten und
erklärte nachdenklich:
»Ich habe wenig gehört von Überfallen, Herr Atlan.
Aber wir hatten einen langen, harten Winter; es kann sein, daß
die Räuber sehr arm und daher hungrig sind.«
Ich wühlte in der Truhe und brachte eine kleine, zweiläufige
Waffe zum Vorschein. Sie sah aus wie eine Vorderladerpistole, wie ein
kleines Terzerol, verschoß aber auf den beiden Läufen
jeweils fünfzehn Schuß. Ich erklärte Jean, wie die
Waffe funktionierte und er begriff sehr schnell.
»Wir werden vermutlich nicht angegriffen und überfallen
werden!«
»Hoffentlich!« schloß Tairi.
Sie war nachdenklich geworden, schien mir. Für einen Menschen
dieses Planeten, der innerhalb relativ kurzer Zeit viermal seine
Umgebung wechseln mußte, war eine neue Umwelt ein strapaziöses
Abenteuer. Nicht für mich; ich hatte mich daran gern gewöhnt.
Sie war aus ihrer Heimat, dem japanischen Gutshof, geflohen, hatte
sich am Strand der Südseeinsel aufgehalten,
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