PR TB 110 Formel Des Todes
Unerfahrenen
-und sie hatte Erfolg.
Drei Meter vor der Spitze des Rammsporns blieb Maras stehen,
nachdem er über feuchtes Moos geschlittert war. Widerwillig
schlössen sich die Facettenaugen des Tiergiganten. Dann wandte
er den Kopf mit dem schuppigen und faltigen Hals, schrie unwillig auf
und bewegte sich auf seinen sechzehn Beinen nach links. Wie eine
Planierraupe brach er durch Büsche und Schilfinseln, und die
Bäume krachten und zitterten,
wenn die gepanzerten Schulterblätter der vorderen Glieder an
die Stämme stießen und große Rindenstücke
herausrissen.
„Ich ... das darf nicht wahr sein!“ flüsterte
Maras.
Er stand da, schlammbespritzt, regungslos ... und wunderte sich.
Er hatte das größte Raubtier dieses Planeten durch sein
Geschrei und das Fuchteln mit einer Waffe vertrieben! Er schüttelte
den Kopf; erst jetzt kam ihm zum Bewußtsein, daß er eben
einen echten Selbstmordversuch unternommen hatte.
Von fern hörte er die Geräusche zurückschnellender
Bäume und brechender Äste. Noch einmal schrie der Koumura
Roba auf.
Stolpernd wankte Maras zurück und setzte sich auf den Rand
des Floßes. Er stieß mit der Ferse gegen einen Balken,
das Floß setzte sich in Bewegung und rollte den Abhang
hinunter. Immer schneller. Maras verlor das Gleichgewicht, fiel in
den morastigen Boden und richtete sich wieder auf.
Aufklatschend fiel das Floß ins Wasser, drehte sich herum
und wurde von der Strömung mitgerissen. Eine lange Liane
schleifte nach. Maras schrie zornig und enttäuscht auf. Dann
steckte er in rasender Eile das Messer und die Waffe ein, suchte
seine wenigen Habseligkeiten zusammen und rannte das Ufer entlang.
Er starrte ab und zu nach links durch die Bäume und sah, wie
sich das Floß kreiselnd in der Strömung bewegte.
Nach hundert Metern etwa kam er auf einen Tierpfad, der dicht
neben dem Wasser verlief. Er scheuchte eine Herde Hoorr auf, dann ein
Rudel Sueed, ein Ducrot floh verwirrt, als Maras in vollem Lauf auf
ihn zuschoss. Er kam langsam auf gleiche Höhe mit dem Floß.
Schließlich sah er, daß der Fluß eine starke
Biegung machte. Er war zu allem entschlossen, obwohl er wußte,
daß die Gewässer von Raubfischen wimmelten. Er kürzte
ab, schlug
sich mit der Machete einen Weg durch feuchte Pflanzen und schob
dann das Werkzeug in den Gürtel.
Er kletterte auf einen Baumstamm und hechtete ins Wasser. Er
kämpfte gegen die Strömung an, die ihn schnell abtrieb, das
Floß aber wurde noch schneller mitgerissen und kam näher.
Maras wartete, zog die Machete und schlug sie, als das Floß an
ihm vorbeischoss, mit aller Kraft in die Balken.
Indem er die Hände um die stumpfe Seite der Machete krallte,
gelang es ihm, sich aus dem Wasser zu ziehen.
Keuchend und erschöpft, mit zuckenden Gliedern, lag er auf
den Baumstämmen und erholte sich.
„Geschafft!“ sagte er. „Geschafft!“
Endlich, als die kurze Dämmerung hereinbrach, zog er die
Stiefel aus und schüttete das Wasser heraus. Er kroch über
das wild schwankende Floß an das Ruder und stabilisierte den
Kurs des Floßes. Langsam trockneten die Kleider und klebten wie
Schlamm an der Haut. Die entzündeten Insektenstiche und die
Wunden begannen unerträglich zu jucken.
Lombardi murmelte sarkastisch: „Jetzt bin ich meinem Ziel
schon viel näher!“ Er fühlte sich wie ein Geist, der
durch die Wildnis wanderte. Immer wieder hatten sich die Bilder
geändert. Aber die gesamte Natur schien zu kränkeln; die
Bilder, die sonst glänzend und satt von Farben sein mochten,
welkten an den Rändern, wirkten verstaubt, die Farben wurden
morbid.
Der Kreislauf des Lebens auf dem Planeten Capucinu war sichtlich
an einer Stelle unterbrochen worden. Noch schaffte es die Natur,
besonders hier in den subtropischen Wäldern, mühsam das
Gleichgewicht zu halten. In anderen Teilen des Planeten mochte es
anders aussehen ... gefährlicher und tödlicher für die
Fauna, die Flora und die Menschen. Lombardi schlief ein, ausgestreckt
auf den Stämmen, unter der rechten
Achsel den Schaft des Steuerruders, mit einer Liane am Griff der
Machete festgebunden, hungrig und durstig.
Er konnte schlafen, obwohl die Natur rings um ihn voller Gefahren
war.
Er fühlte sich, zum erstenmal seit Jahren, sicher und
zufrieden.
Drei Tage später, im ersten Morgengrauen, rammte sein Floß
ein Fischerboot. Es war irgendwo am Mittellauf des Gira-Gira.
Augenblicklich wurde Lombardi wach. Er blickte in erschrockene
Gesichter. Von allen Seiten strebten die schlanken,
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