PR TB 110 Formel Des Todes
Maras und lachte ebenfalls.
„Dann reiten wir zurück!“
Sie drehten ihre Tiere, setzten die Sporen ein, und auch Maras'
müdes Tier verfiel, Stall und Futter witternd, in einen
stoßenden Galopp. Die sechs Ormel sprengten die gewundene
Straße auf das Stadttor zu, das sich vor ihnen auf tat. Sie
ritten hinein in die kühle Dämmerung eines Torbogens. Die
Pracht eines künstlichen Gartens breitete sich aus. Brunnen
plätscherten, und von einem versteckten Bogen her hörte
Maras den Klang eines Saiteninstrumentes und eine leise Stimme, die
ein zärtliches Lied sang.
„Willkommen!“ sagte der Mann. „Heute abend
werden wir ein kleines Fest haben. Wir erwarten einige Freunde mit
ihren neuen Gespielinnen!“
Knirschend schoben sich die schweren hölzernen Tore zu. Maras
hatte die silbernen Platten an den Außentoren gesehen. Sie
bestanden aus rechteckigen und viereckigen Metallflächen, die
man mit Hunderten von Nieten an dem Holz befestigt hatte. Die Stadt
der Schamanen mußte wirklich alt sein.
„Ich muß mit eurem Prior sprechen!“ sagte Maras
beharrlich. „Auch das wird heute abend geschehen. Zeigt unserem
Gast und seiner Gespielin die Räume, die sie bewohnen werden!“
Sie stiegen von den Tieren. Aus hohen, schmalen Durchgängen
in einer weißen Wand kamen einige Männer mit
ausdruckslosen Gesichtern und brachten die Tiere weg. Hinter der
Toranlage stellten sich einige Wachen auf. Maras wurde zum erstenmal
mißtrauisch, als er die Rüstungen der Wächter
erkannte, aber er schwieg. Die junge Frau aus der Jagdgesellschaft
winkte ihm und sagte leise:
„Folgt mir bitte. Es ist alles bereit! Es ist immer alles
bereit für Gäste dieser Stadt.“
Mit einem unbehaglichen Gefühl nickte Lombardi den anderen
zu, nahm das Mädchen an der Hand und folgte der Führerin.
Zunächst kamen sie durch einen runden Garten. Er bestand aus
Exemplaren fast aller Pflanzen, die Maras kannte. Sie waren
sorgfältig arrangiert worden. Riesige Bäume warfen
Schatten. Büsche formierten sich zu kleinen Irrgärten und
zu Lauben. Überall waren gemauerte weiße Bänke, auf
denen dicke Polster lagen. Aufwendige und geschickt entworfene
Brunnen sprudelten und erfüllten die Stille mit ihren kleinen
plätschernden Geräuschen. Die Schritte der drei Personen
klangen auf dem Kies.
Maras unterbrach die zauberhafte Stimmung, der er einige Sekunden
lang unterlegen war. Er fragte:
„Schönste Führerin - wo sind wir hier?“
Sie drehte sich nicht um, sondern antwortete über die
Schulter hinweg:
„In der Stadt.“
Maras erwiderte höflich:
„Das habe ich inzwischen gemerkt. Aber in welcher Stadt sind
wir?“
Sie blieb auf der zweiten Stufe einer elegant nach oben gekrümmten
Treppe stehen und sagte lächelnd:
„In der schönen Stadt am Wüstenrand. In der
Prächtigen Stadt.“
Maras' Argwohn verdichtete sich zur Gewissheit. Er war in eine
Falle gelaufen, die sich in aller Schönheit weit vor ihm
geöffnet hatte. Jetzt war er darin gefangen. Er dachte kurz
nach, suchte nach Auswegen und entschloss sich dann, zunächst
einmal die Rechte eines Gastes voll auszukosten. Er hatte es nötig,
und das Mädchen neben ihm nicht minder.
„In der Prächtigen Stadt also. Und wer ist der
Herrscher über diesen Prunk und all die Brunnen?“
Das Mädchen legte eine Hand ans Ohr und flüsterte
liebenswürdig:
„Du kannst ihn hören. Er singt gerade zur Keithara. Er
hat nicht nur eine schöne Stimme, sondern ist auch ein Mann mit
allen übrigen Vorzügen.“
Zu denen zweifellos auch einige recht merkwürdige „Vorzüge“
gehören, ergänzte Maras in Gedanken, dann aber folgte er
dem Mädchen weiter.
Sie betraten nach einigen weiteren Treppen und kleinen Plätzen,
die wiederum die Dächer darunterliegenden Gemächer
bildeten, zwei ineinander übergehende Zimmer. Sie waren weder
groß noch prunkvoll, aber die Ausstattung, die Farben und die
wenigen Möbel passten hervorragend zusammen. Nichts fehlte. Ein
geräumiges Bad, eine Terrasse, frische Kleider im Stil der
Stadt... ein kleines, intimes Paradies. Das Mädchen blieb neben
der Tür stehen und sagte:
„Ruht euch aus und macht euch frisch. Wir werden Essen und
Getränke bringen, und neue Kleider hängen in den Nischen.
Heute abend lassen wir euch rufen.“
Maras verbeugte sich.
„Ich danke dir, Schwester!“ sagte er höflich.
Er wartete, bis er ihre leichten Schritte auf der Treppe hörte.
Dann begann er einen langsamen Gang durch die vier Räume und
vergewisserte sich
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