PR TB 114 Sternenlotus
zurück.
Obwohl er mit flinken Händen arbeitete, verschüttete er
keinen Tropfen des Düngemittels, als er es in den Tank füllte
- Anlaß genug für ihn, sich selbst zu seiner
Geschicklichkeit zu gratulieren. Als er sich das Spritzgerät auf
den Rücken schnallte, stellte er sich dann allerdings weniger
geschickt
an, und es dauerte volle zwei Minuten, bis er den Kampf gegen die
beiden widerspenstigen Tragschlaufen gewann.
Danach ging alles wie geschmiert.
Klackton ging beim Besprühen der Blumen systematisch vor. Er
begann mit den Pflanzen links vom Haus und arbeitete sich
zentimeterweise auf die andere Seite vor, pedantisch darauf bedacht,
daß jede einzelne Blüte eine Dosis des segensreichen
Düngemittels abbekam. Dabei pfiff er falsch, aber vergnügt
vor sich hin. Ringsum quakten die Frösche, wieherten die Pferde,
blökten die Schafe. Wega schien strahlend vom Himmel, ein zarter
Windhauch kam von Süden. Wenn Annemy in zweieinhalb Stunden
landete, würde ihr Weg in seine, Klacktons, Arme von Beeten
herrlichsten Sternenlotos gesäumt sein ...
Ein Idyll - in dem sich allerdings das beginnende Chaos
abzuzeichnen begann.
Als Klackton am anderen Ende des Blütenmeeres angelangt war
und die letzte Blume mit einer Wolke des Düngemittels bedachte,
machte er eine Entdeckung, die ihn im ersten Augenblick erstaunte.
Die Blumen bewegten sich. Zuerst sanft wie unter einer Brise, aber
dann wurden ihre Bewegungen immer ekstatischer. Ihre Stengel krümmten
sich - als ob sie Schmerzen hätten, durchzuckte es Klackton
entsetzt - ihre Blütenblätter rollten sich ein, bekamen
Risse, verloren ihre Farbenpracht und wurden stumpf und braun.
„Oh, mein Gott! “
Klackton entledigte sich der Motorspritze und beugte sich über
einen sich krümmenden Sternenlotos. Plötzlich schnappten
die Blütenblätter nach ihm und fielen ab.
Klackton starrte mit offenem Mund und Tränen in den Augen auf
das Blumenmeer. Alle zehntausend Blumen verloren fast gleichzeitig
ihre Schönheit, wurden braun, unansehnlich, verwelkten, fielen
in sich zusammen.
Er konnte sich den rapiden Verfall der Blumen nicht erklären.
Es war gerade so, als hätte er sie statt mit einem belebenden
Mittel mit einem Giftstoff besprüht!
Die Erkenntnis durchzuckte ihn wie ein Blitz.
Er raste ins Haus, hastete über die Treppe in den Keller
hinunter und durchstöberte in fieberhafter Eile die Regale. Und
da stand sie: die Flasche mit dem Düngemittel! Er ergriff sie,
eilte, immer drei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinauf. Als
er durch das Wohnzimmer kam, blickte er kurz zu der halbvollen
Flasche, die neben dem Barschrank stand.
Es war die falsche Flasche. Er hatte ein Pflanzenvertilgungsmittel
in die Motorspritze eingefüllt! Das Herz schlug ihm vor
Aufregung fast bis zum Hals heraus, als er ins Freie eilte und den
Inhalt der Flasche mit dem Düngemittel mit hektischen Bewegungen
über die verwelkenden Blumen verschüttete.
Aber es war bereits zu spät. Das Blumenmeer hatte sich in
einen Haufen Kompost verwandelt und ging in Fäulnis über.
Für Walty Klackton stürzte eine Welt zusammen. All die
zauberhaften, berauschenden Blüten, die für seine geliebte
Annemy bestimmt waren - verwelkt, verblüht, verfault!
Er schimpfte sich den größten Tölpel des
Universums, aber das brachte ihm die Blütenpracht nicht zurück.
Er brauchte einen Drink. Er machte sich nichts aus scharfen
Sachen, aber jetzt brauchte er unbedingt einen Drink.
Völlig gebrochen ging er ins Haus, öffnete die Bar,
griff blind nach einer Flasche und füllte ein hohes Glas. Wie in
Trance nahm er es und leerte es auf einen Zug.
Plötzlich quollen ihm die Augen aus den Höhlen. Er
machte einen Luftsprung und trommelte sich auf die Brust, ohne jedoch
einen Laut von sich zu geben. In seiner Kehle brannte es wie Feuer,
und gleich darauf schienen tausend Fusionsbomben in seinen
Eingeweiden zu explodieren.
Während er sich auf die Anrichte stützte, stierte er mit
geröteten Augen in den Barschrank, um herauszufinden, was er
sich da hinter die Binde gegossen hatte. Alle Flaschen hatten noch
Originalverschlüsse, bis auf die mit dem
Pflanzenvertilgungsmittel!
Als es unwiderlegbar feststand, was er eben in sich
hineingeschüttet hatte, wurde ihm noch übler. Mit
zitternden Knien und kraftlosen Armen tastete er sich in sein
Schlafzimmer und ließ sich auf das Bett fallen.
„Jetzt muß ich sterben“, röchelte er.
Und dann liefen vor seinem umnebelten Geist die Ereignisse der
letzten
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