PR TB 116 Söldner Fur Rom
Mann, der neben mir an einem Felsblock lehnte und mich
aus schmalen Augen musterte.
„Ich will mit euch sprechen!" sagte ich. „Ihr
seid Strafgefangene aus Argentaria?"
Der Mann roch am Wein, schüttelte mißtrauisch den Kopf
und sagte knurrend:
„Es kann Gift drin sein."
Ich lächelte kurz und trank einen mächtigen Schluck.
Ich trank so deutlich, daß es alle sahen.
„Kein Gift!" sagte ich und wartete, bis die Flasche
einmal die Runde gemacht hatte. Dann war sie leer. Nicht einmal der
Hirte hatte einen Schluck abbekommen.
„Gut. Du sprichst mit uns!"
Ich setzte mich neben das Feuer und sagte nachdenklich:
„Man hat mich aus Rom hierher geschickt, um euch
zusammenzutreiben und nach Argentaria zurückzubringen oder zu
töten. Man gab mir dreißig Männer mit. Ihr könnt
daraus erkennen, daß man meint, ich würde bei diesem
Versuch sterben. Das ist mein Auftrag. Ich habe nun die Wahl, euch
jahrelang zu verfolgen und nach und nach umzubringen. Das bedeutet
euren Tod und den meiner Männer und meinen eigenen Tod. Ich will
nichts von beidem."
Schweigen.
„Ich mache euch einen Vorschlag", sagte ich. „Ein
Vorschlag, der euch das Leben sichert."
„Mann aus Rom", hörte ich vor mir aus dem
flammendurchzuckten Dunkel, „unser Leben ist nichts mehr wert.
Wir ziehen den schnellen Tod einem Leben in den Bergwerken vor."
„Das dachte ich mir", antwortete ich und hoffte, daß
ich diplomatisch genug vorging.
„Und ich will und kann euch zu nichts zwingen. Ich kann,
vorausgesetzt, ihr erschlagt mich nicht, einige verschiedene Dinge
tun.
Ich kann versuchen, jeden Verbrecher zu töten, den ich sehe.
Das wird Jahre dauern. Dann seid ihr alle tot, meine Männer sind
verblutet und ich bin in Rom vergessen.
Ich kann von euch angegriffen werden. Dann sterbe ich. Jemand wird
nachforschen und herausfinden, daß sich zweihundert Sträflinge
gegen Rom aufgelehnt haben. Und nicht nur gegen ihre sadistischen
Wärter, sondern gegen einen Abgesandten Cäsars. Und Cäsar
wird nicht zögern. Er schickt zwei Legionen her, die von
Longonis im Norden bis Bitia im tiefsten Süden die Insel
durchsuchen. Sie werden euch alle niedermetzeln und zu Tode peitschen
oder in Caralis ans Kreuz schlagen. Was bedeutet das?"
„Tod!"
„So ist es. Ihr seid Verbrecher - ich weiß nicht, was
ihr getan habt, daß man euch zu den Bergwerken verdammt. Ihr
seid bestraft worden und müßt büßen, so will es
das Gesetz."
„Das ist nicht falsch", sagte der Anführer.
„Worauf willst du hinaus?"
Ich sagte nach einer Weile:
„Sammelt euch in kleinen Trupps. Kehrt langsam zurück
nach Argentaria. Ich werde dort den Verwalter ablösen oder
bestechen. Die Bedingungen für euch, die schlimmer als für
Schlachtvieh sind, werden besser. Ich versetze alle Aufseher an
andere Orte. Ihr sollt besseres Essen bekommen und jede
Vergünstigung, die ich für euch erwirken kann. Das ist mein
Vorschlag. Wenn ihr ihn nicht annehmt, muß getan werden, was
ich eben sagte."
Ein Geschrei begann, nachdem ich ausgesprochen hatte. Sie redeten
alle auf mich und aufeinander ein. Ängstlich zog sich der Hirte
zurück. Ich blickte nacheinander in die drecküberkrusteten
Gesichter und schwieg, an den warmen Felsen gelehnt.
Nach einiger Zeit hatten sie sich müde geschrien.
„Überlegt es euch", sagte ich. „Wir bleiben
noch einen Tag drüben bei dem Nuraghen. Schickt jemanden. Er
wird nicht gefangen, sondern bekommt noch ein Stück Braten von
uns und Brot. Ich muß euren Entschluß wissen."
Wie würden sie sich entscheiden?
Warte es ab. Alles ist offen! sagte mein Extrasinn.
Ich stand auf.
„Ihr laßt mich gehen?" fragte ich und schnallte
die Flasche wieder an den dünnen Schultergurt.
„Meinetwegen!" knurrte der Anführer.
Ich hob die Hand und sagte:
„Denkt gut darüber nach. Ich stehe zu meinen Worten.
Und überlegt euch alles gut. Wenn ihr noch Fragen habt, so kommt
morgen früh. Hast du ein paar junge Hammel, Hirte?"
„Ich habe immer junge Hammel!" versicherte er mißmutig.
„Dann schlachte fünf von ihnen. Wir braten sie morgen
am Spieß, und ich lade euch alle zum Essen ein."
„Gold!" sagte er beharrlich und zeigte seine
schwärzlichen Zähne.
„Im Lager, Freund der Reichen!" versicherte ich. „Nach
dem Rückweg!"
Ich grüßte die Verdammten, folgte dem Hirt den langen
steinigen Weg zurück und rollte mich in der Nähe des Feuers
in meinen Mantel ein. Ich schlief wie betäubt und erwachte erst,
als mich die Sonnenstrahlen in der Nase
Weitere Kostenlose Bücher