PR TB 117 Unser Mann Im All
Borrodas Gesicht zu beobachten. Ein bißchen
mochte Svetlins Warnung doch gewirkt haben. Er schien zunächst
verwundert, dann wurde er ärgerlich, und schließlich
zeigte sich eine Ahnung von Furcht in seiner Miene.
„Ich bin von Natur ein freier Mann“, erklärte
Rhodan mit lauter, kräftiger Stimme, die weit über den Hof
schallte. „Warum haben deine Leute mich gefesselt? Und auch
diese meine Genossen sind freie Männer. Warum tragen sie Bande?“
Borroda schluckte hart. Die Worte schienen ihm nicht so recht über
die Lippen kommen zu wollen.
„Niemand ist ein freier Mann“, brachte er schließlich
hervor, „der ungeladen in unser Land kommt. Der König wird
entscheiden...“
„Du lügst, Borroda!“ unterbrach ihn Rhodan.
„Jeder Fremde ist ein freier Mann, bis der König anders
über ihn entscheidet.“
Darauf wußte Borroda nichts mehr zu sagen. Auf dem ganzen
Hof herrschte tödliche Stille. In diese Stille hinein fielen,
von Rhodan gesprochen, die Worte der Formel, die zum Zweikampf
aufforderten.
„Ich, Perry Rhodan, ein freier Mann, fordere dich, den
Grafen von Borroda, von dem ich zu wissen glaube, daß er
ebenfalls ein freier Mann ist, zum Zweikampf mit der Lanze. Der
Ausgang des Kampfes soll entscheiden, wer von nun an in wessen
Stellung und in wessen Rechte eintritt.“
Entsetzen packte Borroda. Von seinem Pferd herab starrte er Rhodan
an, als wäre er ein höllisches Ungeheuer. Die Unruhe teilte
sich seinem Pferd mit. Es stieg vorne in die Höhe, und Borroda
hatte Mühe, sich im Sattel zu halten. Auf dem Hof erhob sich
Gemurmel. Man hatte nicht erwartet, daß der Fremde die
Gebräuche dieses Landes kannte, und man verstand nicht, warum
Borroda so lange mit der Antwort zögerte, wo das Gesetz ihm doch
keine andere Wahl ließ, als die Herausforderung anzunehmen.
Borroda schien zu bemerken, daß sein Ansehen auf dem Spiel
stand. Mürrisch sprach er die Antwortformel, die die Annahme der
Herausforderung bekräftigte. Das Duell wurde sofort vorbereitet.
Der Hof war groß genug, so daß es an Ort und Stelle
stattfinden konnte. Das Gesetz schrieb vor, wie wir von Svetlin
erfahren hatten, daß der reichere dem ärmeren Duellanten
notfalls eine Angriffswaffe zur Verfügung stellen mußte,
weiter jedoch nichts. Rhodan hatte also Anspruch auf eine Lanze,
jedoch nicht auf einen Panzer oder einen Schild, auch nicht auf ein
Pferd. Borroda dagegen richtete sich turniergerecht her. Als er aus
dem Innern des Gebäudes zurückkehrte, trug er soviel
Panzerung, daß zwei seiner Knechte ihn stützen mußten.
Er wurde auf ein eigens für diesen Zweck herbeigeholtes Pferd
gehoben, einen wahren Leviathan von einem Roß, das dennoch
halbwegs in die Knie ging, als es das Gewicht des Reiters im Sattel
spürte.
Borroda war ein großer, kräftiger Mann. Gepanzert,
beschildet und auf einem tüchtigen Reittier sitzend, schien er
der absolute Favorit dieses Kampfes zu sein. Uns wenigstens war um
Rhodan nicht ernsthaft bange.
Er war wenigstens ebenso kräftig wie Borroda. Zweitens war er
beweglicher als sein Gegner. Und drittens war er unbefangen, nicht
einer bestimmten Kampfesweise verhaftet und würde Borroda ein
Duell liefern, wie man es so unorthodox auf dieser Welt noch nie
gesehen hatte. Die Lanzen waren Stechlanzen. Im konventionellen
Turnier ritt man, wie wir
von Svetlin wußten, schnurgerade aufeinander zu, und die
beiden Kämpfer versuchten, einander vom Pferd zu stoßen.
Hier würde es anders sein.
Borroda zog sich mit seinem Pferd bis an die Hofwand zurück,
um einen kräftigen Anlauf zu haben. Rhodan dagegen blieb in der
Mitte des Hofes stehen und wog die Lanze spielerisch in der Hand.
Seitwärts hatte ein Kollegium von Richtern Aufstellung genommen,
die den Verlauf des Kampfes zu beurteilen und gegen jede Unfairneß
einzuschreiten hatten. Daß sie alle zu Borrodas Gefolge
gehörten und demzufolge nicht allzuviel Unparteilichkeit
erwarten ließen, störte uns nicht. Rhodans Sieg würde
eindeutig sein.
Auf ein Zeichen der Richter hin setzte Borroda seinen Gaul in
Bewegung. Es war imposant zu sehen, wie das mächtige Tier in
Schwung geriet und seinen metallglänzenden Reiter auf die Mitte
des Hofes zuführte. Borroda hatte die Lanze fest eingestemmt und
begann, mit der Spitze auf Rhodan zu zielen, sobald er bis auf zehn
Meter an ihn herangekommen war. Rhodan dagegen schien immer noch zu
spielen.
Plötzlich jedoch verwandelte er sich in einen Katapult. Von
einem kräftigen Arm geschleudert, schoß
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