PR TB 154 Der Zukunftsseher
bemerkte
zunächst niemand. Der Silberne wurde wieder sichtbar. Er eilte
zu einem wandhohen Spiegel und schaltete den Deflektor mehrmals
nacheinander ein und aus. Jedesmal, wenn er unsichtbar wurde, schrien
die anderen Tempteter erstaunt auf.
Simo San eilte zu einer Säule, schwebte an ihr hoch und
stellte sich auf einen Vorsprung, von dem aus er alles gut übersehen
konnte. Hier schaltete er seinen Deflektor wieder aus. Gelassen
wartete er ab, bis die Priester entdeckten, daß er geflüchtet
war.
Dann endlich fiel dem Priester auf, daß er verschwunden war.
Aufgeregt gingen seine Stielaugen hin und her, bis er ihn schließlich
ausgemacht hatte.
„Komm herunter", forderte er.
„Ich denke nicht daran", antwortete Simo San und drehte
den Lautstärkeregler des Translators dabei so weit auf, daß
der Tempteter ihn verstehen konnte.
Der Silberne überlegte und kam zu dem Schluß, daß
er machtlos war, wenn Simo San sich weigerte.
„Dann bleib, wo du bist", sagte er endlich, wandte sich
um und glitt auf seinen zahllosen Beinen aus dem Raum. Die anderen
Priester folgten ihm, ohne sich noch einmal umzusehen. Simo San
schaltete sein Fluggerät ein und schwebte hinter der Gruppe her.
Er schaffte es gerade noch, durch die Tür zu kommen, bevor diese
sich schloß. Vorsichtshalber machte er sich unsichtbar.
Wenig später kam er zusammen mit den Temptetern in eine weite
Halle, die mit seltsamen Geräten und Bildern verziert war. Etwa
zweihundert Tempteter warteten dichtgedrängt auf die Priester.
Simo San begriff, als der Silberne vortrat und zu singen begann,
dabei die Arme ausbreitete und eigenartige Bewegungen machte.
Die Geister und Dämonen wurden beschworen. Simo San ahnte
bereits, was kommen würde. Daher war er nicht überrascht,
als der Silberne mitten in seinem Vortrag den Deflektor einschaltete
und unsichtbar wurde. Die Wirkung auf die Zuhörer des Silbernen
war ungeheuer.
Simo San fluchte.
„Ich hätte dir das Ding nicht geben dürfen",
sagte er laut und schwebte zu der Stelle hinüber, an der er den
Silbernen vermutete. „Kaum überläßt man dir so
etwas, dann benutzt du es schon, deine Leute verrückt zu
machen."
Er spürte die Gefahr, die sich ihm näherte. Sofort stieg
er auf. Der Priester hieb nach ihm, aber die Faust streifte ihn nur
noch und schleuderte ihn weit zurück. Simo San prallte mit dem
Rücken gegen die Wand und war für einige Sekunden wie
betäubt. Voller Wut wollte er sich auf den Silbernen stürzen,
doch dann beherrschte er sich. Er sah ein, daß es wenig Sinn
hatte, es dem Priester heimzuzahlen. Besser war es, sich
zurückzuziehen und zum Schiff zurückzukehren. Er dachte
jedoch nicht daran, das zu tun, ohne vorher eine Art Abschiedssignal
zu geben.
Er feuerte seinen Energiestrahler ab. Der sonnenhelle Blitz zuckte
über die Priester hinweg und erhellte die Halle für einen
Sekundenbruchteil bis in den äußersten Winkel. Die
Tempteter schrien auf.
Der Silberne machte sich wieder sichtbar und setzte seinen Gesang
fort. Er nutzte den Blitz für sich und behauptete, er habe die
Dämonen gezwungen, ihm auf diese Weise ein deutliches Zeichen zu
geben.
Simo San ärgerte sich über sich selbst. Er floh aus der
Halle und aus der Stadt.
Frank Pamo strich den beiden Vögeln auf seinen Schultern mit
den Fingern über die Schnäbel. Gleichzeitig sprach er
beruhigend auf sie ein. Er spürte die Kraft, die von ihnen
ausging, obwohl er über keinerlei parapsychische Fähigkeiten
verfügte.
Er fühlte, daß die Tiere danach strebten, eine geistige
Einheit mit ihm zu bilden und ihre Eigenständigkeit dabei
aufzugeben. Er legte eine Hand auf die Schulter und wartete, bis
einer der beiden Vögel sich auf sein Handgelenk gesetzt hatte.
Dann bog er den Arm nach vorn und streckte ihn langsam aus. Er
stützte die Hand am Tisch ab. Zögernd löste sich das
Tier von ihm und hüpfte auf die Tischplatte hinüber. Der
andere Vogel ließ sich von seiner Schulter fallen und flatterte
ebenfalls zum Tisch.
Frank rückte etwas näher heran. Er ließ seine
Hände auf der Tischplatte liegen. Seine Lippen bewegten sich
rasch, während er zischelnde, beruhigende Laute von sich gab.
Er glaubte, Lebensbereiche erkennen zu können, die ihm bisher
verschlossen gewesen waren.
Die Tempteter lebten mit den Vögeln ihrer Welt in einer Art
geistigen Symbiose, die sie voneinander abhängig machte.
Frank erhob sich und ging zum Fenster hinüber. Die Tiere
blieben auf dem Tisch. Auf dem Platz vor dem Haus herrschte
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