PR TB 180 Das Goldland
Gott, was fühle ich mich gerädert!"
„Ruhig! Laßt Zakanza schlafen. Er ist halb tot."
„Keine Sorge. Du könntest neben ihm die Trommel
schlagen, er hört es nicht. Wie geht es dir, Geliebter?"
Ne-Tefnacht lehnte sich an mich und versuchte, mit den Fingern
mein verfilztes Haar zu kämmen. Ich lachte kurz. Mit dem Daumen
deutete ich über die Schulter.
„Mir geht's gut. Völlig fröhlich werde ich erst
sein, wenn wir dort hinten dreiundzwanzig Segel zählen."
Ptah-Sokar sah an meinem Kopf vorbei, zählte die Schiffe,
wobei sich seine Lippen bewegten, dann sagte er entschlossen:
„Gegen Mittag muß die Flotte dicht beieinander sein.
Zuerst werden wir die LOB DER HATHOR klarmachen."
„Das versprach ich mir vor einigen Augenblicken ebenfalls!"
Die steigende Sonne mit ihrem furchtbaren Glanz, die zunehmende
Hitze und die verstreichende Zeit weckten die Männer bis auf
Zakanza und die beiden Kranken beziehungsweise Verwundeten. Das
Schiff wurde gesäubert, die Ladung hochgebracht, getrocknet und
wieder sorgfältig verstaut. Die ledernen Wassereimer ergossen
sich in den Kielraum. Mit borstigen Reisigbüscheln und
Steinbrocken wurden die Bänke gescheuert. Überall hingen
Leinentücher und Decken, Felle und Seilbündel, um zu
trocknen. Chutaui, unser Koch, teilte Wasser und Essen aus. Wir
untersuchten das Schiff vom Bug bis zum Heck, spannten Taue nach,
beseitigten Schmutz und Sand, und als die Sonne fast senkrecht
herunterstrahlte und der Wind nach einigen böigen Versuchen
schließlich aufhörte und wir die Riemen hervorzogen,
befand sich die HATHOR wieder fast in dem Zustand, in dem wir in See
gestochen waren.
Nur die Wasservorräte hatten beängstigend abgenommen.
Wir gaben Signale mit der Fanfare: Zwei und Zwei und Eins:
wünschen Besprechung Bord an Bord. Verstanden, kam es zurück.
Die HATHOR umrundete ein paar Korallenriffe, die sich kristallen und
funkelnd unter dem Wasser erstreckten und im Spiel der Wellen
auftauchten und überspült wurden. Sieben, acht Pfeilschuß
weit ragten die roten Berge auf. Unser Schiff glitt mit gerefftem
Segel weiter, langsam und kräftesparend gerudert. Der Rest der
Flotte rückte langsam auf. Die am weitesten entfernten Schiffe
fuhren noch unter Segeln, aber mehr und mehr weiße
Leinenflächen wurden zusammengerafft und festgezurrt.
„Irre ich mich, oder kommen dort hinten noch mehr Schiffe?"
fragte Ne-Tefnacht. Sie hatte die Zeit damit verbracht, mein Essen zu
bringen und sich der Körperpflege zu widmen; dank gewisser Öle,
geheimnisvoller Farben und einer Menge weiblicher Tricks sah sie
trotz der überstandenen Strapazen wieder hinreißend aus.
„Ich hoffe, du irrst nicht!" Neben mir stand Ipuki,
einen Arm an den Körper gebunden. Aber der Steuermann wirkte
frisch und stark. Er sagte trotzig:
„Ich glaube, es werden immer mehr!"
Die HERRIN VON PUNT näherte sich mit rauschender Bugwelle und
knarrenden Ruderbewegungen. Hinter ihr kamen drei andere Schiffe in
Kiellinie. Mit geschickten Bewegungen legten die Konstruktionen
aneinander an; Taue verbanden schnell Bug und Heck. So entstand
binnen einer Stunde eine lange Kette von Schiffen. Die Riemen
bewegten sich nur noch, um die Kette straff zu halten.
„Die Kommandanten kommen an Bord!" Ptah-Sokar winkte zu
den Schiffen hinüber. An einem der zuletzt angekommenen Schiffe
wurde das Beiboot zu Wasser gelassen. Wir hatten mitgezählt:
alle vierundzwanzig Schiffe hatten den Sturm überstanden.
Einige Männer ruderten das Beiboot nach vorn. In kurzer Zeit
befanden sich dreiundzwanzig Kommandanten in dem kleinen Boot und
kletterten die kurze Strickleiter hoch. Wir trafen uns alle im Heck
der HATHOR.
„Ich begrüße euch, Kommandanten! Wir alle leben,
kein Schiff ging verloren, und das ist das Wichtigste. Sprecht, wie
ist es euch ergangen?"
Stimmgewirr, Rufe, Flüche, Gelächter und lange Reden.
Nach und nach erfuhren wir, was wirklich geschehen war. Etwa zehn
Schiffe waren außerhalb der Reichweite des Sandsturms gewesen,
hatten die Segel gerefft und waren gefährlich nahe ans Land
herangegangen. Sie hatten keinerlei Schwierigkeiten gehabt, aber den
Rest der Flotte aus den Augen verlöten.
Ein Pulk von neun Schiffen, darunter die WEIHRAUCHLAND, die STOLZ
VON KOPTOS und die ORYX, kam in den Sturm. Teilweise unter Segel,
teilweise rudernd und mit mehr Glück als Geschick überstanden
sie den Sturm. Sieben Männer waren insgesamt über Bord
gespült worden und verschwunden. Einige gebrochene Arme,
Abschürfungen,
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