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PR TB 180 Das Goldland

PR TB 180 Das Goldland

Titel: PR TB 180 Das Goldland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Perry Rhodan
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torkelte noch immer der Greis herum. Ich deutete
aufgeregt hinauf und zwang mich, laut zu rufen.
    „He! Ihr dort! Der Mann fällt sich zu Tode! Haltet ihn
fest!"
    Sie warfen uns unsichere Blicke zu und gingen weiter. Ich war
einige Momente wie erstarrt. Dann ertönte wieder das Kichern,
der alte Mann sprang mit beiden Beinen in
    die Höhe und lachte glücklich. Ein junges Mädchen
kam aus dem Eingang der Baumhütte, goß aus einem Krug
etwas Bier in den hohlen Kürbis, dann setzte ihn der Greis an
die Lippen und trank, den Kopf weit in den Nacken gebeugt. Es schien
unvermeidlich zu sein: Der Mann ging mit kleinen Schritten rückwärts,
trat über den Rand hinaus und verlor das Gleichgewicht. Er
schleuderte mit einer grotesk anmutenden Bewegung die Kalebasse hoch
in die Luft, überschlug sich und fiel senkrecht nach unten. Er
prallte auf den Boden auf; durch das dumpfe Geräusch des
Aufschlags hörten wir alle das helle, trockene Krachen von
Knochen und Wirbeln. Der Körper zuckte noch zweimal, dann blieb
er starr liegen.
    Ich schüttelte, um wieder zu mir zu kommen, den Kopf.
    „Das kann nicht wahr sein!" murmelte ich. „Niemand,
der eingreift, wenn ein betrunkener alter Mann... und sie haben ihm
noch Bier gegeben..."
    Drei junge Eingeborene eilten auf die Stelle zu, hoben den Körper
auf eine Matte aus Schnüren, banden die Enden der Hängematten
an eine Stange und trugen den Leichnam weg. Hinter uns sagte die
dunkle Stimme des Häuptlings:
    „Du bist erstaunt und entsetzt, nicht wahr, Fürst
Atlan-Horus?"
    Ich drehte mich langsam herum und musterte Decka-Munda mit
uneingeschränkter Verblüffung.
    „Ein Brauch, der gleichermaßen fremd und erstaunlich
ist, Häuptling!"
    Er legte seine Arme auf unsere Schultern und zog uns auf die reich
geschmückte Treppe zu seinem Plattformhaus zu. Er drückte
uns beide kurz an seine mächtigen Schultermuskeln und sagte:
    „Der alte Mann fühlte sein Ende. Er befahl seiner
Tochter oder Schwiegertochter, ihm Bier reichlich einzugießen.
Er trank und wurde glücklich. Gleichzeitig schwankte er und
starb, nachdem er den letzten Schluck getan hat, glücklich und
im schönsten Moment seines langen Lebens. Keine schmerzende
Krankheit raffte ihn hinweg. Er glaubte zu fliegen und flog
tatsächlich zu seinen Ahnen. Ich vermag mir keinen schöneren
Tod zu denken. Du bist befremdet?"
    „Deine Erklärung sagt vieles. Aus dieser Sicht habe ich
den Tod noch nie betrachtet."
    „Was daran ist falsch? Wir halten es schon seit Jahren und
Jahren so."
    Mir war jegliche Müdigkeit verflogen. Ich erkundigte mich
erstaunt:
    „Du willst sagen, daß alle Greisinnen und Greise
deines großen, gesunden Stammes sich im Rausch zu Tode stürzen,
freiwillig und glücklich?"
    „So ist es. So wird es, denke ich, auch lange bleiben."
    „Unter diesen Umständen", erklärte
Ne-Tefnacht, „werde ich nur noch auf dem Boden hier trinken."
    „Ich auch. Höchstens kleine Mengen", sagte ich.
„Weil wir gerade davon sprechen..."
    Wir kletterten die Stufen hinauf.
    „Eure Stunde ist noch lange nicht gekommen. Euch würde
man zurückhalten, nötigenfalls mit Gewalt", erklärte
Dekka-Munda.
    Jetzt wußte ich, warum an den Plattformen der Imraguendörfer
die Geländer fehlten. Es war ein alter, recht wirkungsvoller
Brauch. Ich enthielt mich einer wertenden Betrachtung dieser
Beobachtungen. In Theben würde es niemand glauben, wenn wir dies
berichteten.
    Am späten Nachmittag kam Nebamum auf mich zu, senkte den Kopf
und sagte leise:
    „Herr! Unser Handel ist perfekt. Alle unsere Schiffe sind
beladen. Wie lange willst du noch bei dem Fresser der Hunde bleiben?"
    Sein Gesicht hatte einen bettelnden Ausdruck. Ich runzelte die
Stirn und fragte ihn verwundert:
    „Warum diese Eile? Gefällt es dir nicht? Umgirren dich
nicht die Frauen mit vollen Bierkrügen?"
    „Herr! Mein jüngerer Bruder und ich, die mit Henenu
reisten, wußten es damals nicht. Ich aber wußte es vor
weniger als zweimal zwölf Monden: wir reisen in ein Paradies aus
Gold, warmem Wind und der heißen Liebe schwarzhäutiger
Frauen. Ich wußte es! Aber nun drängt die Zeit. Sie
drängt, Herr, und ich habe die Imraguen dazu gebracht, mehr zu
geben, als sie bekommen haben."
    „Deine Zeit drängt?"
    Er nickte.
    „Ja. Ich weiß, daß es der kindische Wunsch eines
alten Mannes ist, der schon alles gesehen hat. Meine Zeit läuft
ab. Ich werde bald mit der Sonnenbarke davonsegeln. Mein Ka wird zu
den Göttern gehen, und dort werde ich vielleicht nicht

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