PR TB 191 Geisterschiff Crest IV
war.
Kevan Duryeah erwachte wie aus einem Traum. Die rasche
Aufeinanderfolge eindringlicher Bilder, das stete, monotone Dröhnen
der fremden Stimme - das alles hatte einen fast hypnotischen Einfluß
auf ihn ausgeübt. Es kostete ihn ein wenig Anstrengung, in die
Wirklichkeit zurückzufinden.
Der Bildschirm war erloschen. Die Stimme schwieg. Duryeah sah sich
nach den Gefährten um. Stepnicka stand reglos in der Nähe
des Ausgangs. Er hatte nur die Bilder gesehen und die Worte gehört.
Von Trance verstand er nichts. Lennox Hatt, Remo Shah, Nadim Abouzir
und Meenah Zavadil dagegen ließen an dem abwesenden, in die
Ferne gerichteten Blick ihrer Augen erkennen, daß sie noch
unter dem Einfluß des Bannes standen, aus dem sich Kevan
Duryeah bereits befreit hatte.
Es vergingen zwei oder drei Minuten. Lennox Hatt war der erste,
der den Traum von sich schüttelte. Eine Sekunde lang blickte er
verwirrt, als könne er sich in der Wirklichkeit nicht so ohne
weiteres zurechtfinden. Dann wandte er sich unvermittelt an Duryeah.
„So ist das also! Die ganze Zeit über glaubte..."
Mit einer Handbewegung forderte Duryeah ihn auf zu schweigen. Die
Geste kam um keine Sekunde zu früh. Kjaahrls brausende,
dröhnende Stimme war von neuem zu hören.
„Begreifst du den Werdegang des Einsamen, Einmensch?"
fragte sie.
„Ich begreife", antwortete Duryeah.
„Dann schildere mir deinen Werdegang!" forderte
Kjaahrl.
„Das werde ich tun", versicherte Kevan Duryeah. „Aber
bevor ich beginne, muß ich einen Irrtum aufklären."
„Ich habe einen Irrtum begangen?“
Ohne Zweifel empfand Kjaahrl Schreck. Seiner Stimme jedoch war es
nicht anzuhören. Sie klang monoton wie sonst.
„Du hast dich geirrt“, bestätigte Duryeah, „und
wir haben nicht genug Verstand gehabt, einen solchen Irrtum in
Erwägung zu ziehen.“
„Wir...?“ erkundigte sich die Stimme.
„Ja, wir!“ rief Kevan Duryeah. „Es gibt keinen
Fremden, so wie du ihn dir vorstellst! Wir sind keine Boten. Wir sind
die Fremden] Ein jeder von uns ist eine voll entwickelte Intelligenz.
Du siehst vor dir fünf Menschen und einen PseudoMenschen. Der
Fremde, mit dem du Verbindung aufnehmen willst, ist die Menschheit
- aber die Menschheit besteht aus Milliarden von Einzelwesen!“
EPILOG
Es dauerte Tage, bis Kjaahrl den Schock verwunden hatte.
Diese Tage verbrachten Kevan Duryeah und seine Begleiter an Bord
der HAMPTON T. Kjaahrl verhielt sich schweigsam, während er die
umwälzendste Erkenntnis verdaute, die ihm in seinem langen Leben
zuteil geworden war: daß der Fremde, nach dem er sich gesehnt
hatte, nicht so beschaffen war wie er, sondern aus Einzelwesen
bestand.
Inzwischen bereitete Kevan Duryeah seine Darstellung der
Menschheitsgeschichte vor, die er Kjaahrl schuldete. Er bediente sich
dabei möglichst vieler Bildunterlagen; denn da Kjaahrl den
Terranern Bilder vorgeführt hatte, mußte er selbst auch
imstande sein, Bilder zu sehen. Kjaahrl hatte Interkosmo aus den
Unterlagen der CRESTIV erlernt. Duryeah sprach seinen Vortrag in
derselben Sprache und zeichnete ihn auf Band auf.
Es gab in diesen Tagen viele Diskussionen an Bord der HAMPTON T.
Zumeist ging es darum, daß man Kjaahrl anbieten müsse, ihn
mit den Mitteln, die der terranischen Technik zur Verfügung
standen, aus dem Einflußbereiche des Blauen Leuchtens zu
entfernen, das von der Galaxis M-87 ausging und an der Substanz des
Einsamen zehrte. Es wurde aber aller menschlicher Edelmut an dem
Umstand zunichte, daß Kjaahrl auf die hyperenergetische
Strahlung angewiesen war, die aus dem nahen „black hole“
drang. Man konnte Kjaahrls Substanz retten, indem man ihn aus der
Gegend des Blauen Leuchtens entfernte, aber nicht seine Intelligenz.
Wurde der Einsame von der hyperenergetischen Strahlung abgeschnitten,
die aus dem Schwarzen Loch drang, so fiel er binnen kurzer Zeit auf
das Niveau des unbelebten Materiebrockens zurück.
Man konnte Kjaahrl nicht verdenken, daß er eine begrenzte
Lebensspanne als intelligentes Wesen dem ewigen Dasein eines
Felsklotzes vorzog.
Mehrere Tage, nachdem sich Kjaahrl den Terranern offenbart hatte,
meldete sich der Robot Stepnicka bei Oberst Duryeah.
„Ich vernehme Rufe“, erklärte er. „Der
Einsame will uns bei sich sehen.“
Kevan Duryeahs Vortrag dauerte mehrere Stunden. Das Material, das
er für seine Darstellung benutzt hatte, war eindringlich. Wie
Tage zuvor, als Kjaahrl sich offenbart hatte, herrschte einige
Minuten lang tiefes Schweigen im weiten Rund des
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