PR TB 196 Invasion Der Fliegenden Monde
herauszureißen und einzuladen, jagten die anderen Monde
ungehindert weiter.
Sie trieben Tierherden zusammen, töteten Hunderttausende und
hängten die Kadaver in ihre felsigen Kühlkeller. Geistige
Befehle versklavten die dunkelhäutigen Bewohner des riesigen
Kontinents. Die Dauer des beabsichtigten Aufenthaltes und das Ausmaß
der zu erwartenden Plünderung waren unbekannt, und ebenso die
Mengen der geraubten Dinge, was immer es war. In meinen Träumen,
sicher auch eines der makabren Geschenke von ES, sah ich grauenhafte
Dinge, die letzten Endes auf eines hinausliefen: die Verwüstung
zumindest riesiger Gebiete dieser herrlichen Welt, auf der ich zu
leben gezwungen war und die zu beschützen ich mir selbst
geschworen hatte. Deshalb befand ich mich hier in diesem Korridor,
lautlos auf einen anderen Antigravschacht zuschleichend, mit dem
Wunsch im Herzen, den Plünderern zu zeigen, daß ihre
einzige Chance darin bestand, fluchtartig den Planeten zu verlassen -
mit allen anderen steinernen Monden. Mein Vorhaben war völlig
klar.
Die Freunde wußten genau, was sie zu tun hatten. Sie würden
gehorchen und sich erst später Gedanken über mich und mein
Schicksal machen.
Die Ausführung meines Planes war vollkommen unklar und
unsicher.
Vielleicht hilft dir ES! sagte im schwachen Versuch, meine helle
Aufregung zu bekämpfen, der Logiksektor.
„Ich hoffe es", flüsterte ich schwach. Ich fühlte
mich gleichermaßen verzweifelt, wütend, entschlossen und
todesmutig. Halbtot vor Angst und Furcht. Völlig desperat. So
fühlte jemand, der binnen einer Sekunde begann, Amok zu laufen.
Ich war über mich hinausgewachsen, jedenfalls über das
breite Spektrum aller meiner Existenzängste. Ich tastete mich
den Korridor entlang und zitterte vor dem Augenblick, da sich mir
mehr als zwei kampferprobte Ter-Quaden entgegenstellen würden.
Und alles wurde vom reinen, unberechenbaren Zufall beherrscht.
In der Linken hielt ich den großen Dolch, der auf
Vernichtungsstrahlen geschaltet war. In der Rechten befand sich, mit
dem Daumen am Auslöser, das Kampfbeil, auf Betäubung
geschaltet. Bogen und Köcher hatte ich bei Zakanza gelassen. Es
war still wie im Grab. Nein! Luftumwälzanlagen,
Versorgungsmaschinen, tickende Laute tief in den Felswänden,
leichte Vibrationen - in meiner Situation war jeder einzelne Laut
stark und übertrieben deutlich. Die einzelnen Elemente der
nächsten Stunden verschwammen. Ich wußte nur, daß
mich mein photographisches Gedächtnis nicht im Stich lassen
würde, daß ich also (wenn ich diesen Versuch überlebte)
den Weg zu Mikaylu und Zakanza wieder finden würde.
Korridore, Zeichen, Pfeile, Antigravschächte, Pfeile,
Hinweise, Rampen, Treppen, Korridore, Stollen, Schriftzeichen, Spuren
größerer Betriebsamkeit, mehr Geräusche, Rampen,
Gänge... sie waren und blieben nur Eindrücke.
Ich wußte nur, daß ich mich im Nukleus des schwarzen
Mondes befand. Irgendwo im Kern, in dem Bereich, der identisch war
mit einer technischen und politischen
Befehlszentrale. In diesem Moment, als ich aus meinen wild
wirbelnden Gedanken auftauchte, entließ mich ein Transportfeld.
Ich stand an der Trennlinie zwischen schwarzem Fels und einer
riesigen, von Licht und Lärm erfüllten Hohlkugel. Es war
klar, daß die meisten Räume von größerer
Ausdehnung hier kugelförmig waren, denn sie sicherten größten
verwertbaren Rauminhalt, sicherste statische Form und beste
Überschaubarkeit.
ES, der Zufall oder der „Instinkt" eines Raumfahrers
hatten mich hierhergebracht. Ich blieb atemlos stehen und betrachtete
das Bild vor mir. Ich drehte mich um, suchte eine sichere Deckung und
glitt in die Nische zwischen zwei Metallröhren.
Vor dir liegt das Nervenzentrum, das Gehirn des Schwarzen Mondes,
sagte das Extrahirn.
Der erste Eindruck:
Nahezu jeder Quadratzentimeter der Kugelinnenfläche war mit
Bildschirmen bedeckt, die ein außerordentlich scharfes und
deutliches, vermutlich dreidimensionales Bild der Umgebung
spiegelten. Über mir sah ich die Sterne, den Horizont undeutlich
vor mir, und tief unter meinen Füßen erkannte ich die
verwüstete Savanne im Licht der Sterne und des Mondes.
Augenblicke der Besinnung später: Die Decke der Kugel, der
obere Pol also, war fast völlig frei von technischen
Einrichtungen. Der untere Pol wurde von einem groben Raster bedeckt,
der aus runden Plattformen in verschiedener Höhe bestand, und
von denen aus man einen ungehinderten Blick nach unten hatte und erst
recht nach oben und an
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