PR TB 202 Verschwörung Der Computer
Früchten
kleiner Eigentumsdelikte, was allerdings fast ganz aus der Mode
gekommen war.
Er nickte - eine Geste, zu der er sich zwingen mußte, da sie
ihm noch nicht zur Gewohnheit geworden war. Wer fast sein ganzes
Leben ausschließlich mit einem Computer und zwischen den
Pflanzen einer hydropo-nischen Anlage zugebracht hatte, der konnte
sich nur langsam an die Gebräuche einer Zivilisation gewöhnen.
„Ich habe mein Gepäck noch im Auffanglager und hole es
nach Feierabend ab", erklärte er.
„Wo ist das Auffanglager?" fragte Haney Lüschang.
„Nicht weit von hier, bei Utrecht in der Region
Niederlande."
„Wenn es Ihnen recht ist, begleite ich Sie."
„Ja, gern", erwiderte Kyron Barrakun.
Er fing einen rätselhaften Seitenblick von Haney Lüschang
auf und bemerkte, daß sie leicht errötete, als sie sich
ertappt fühlte. Schon wollte er fragen, welchen Grund ihre
Verlegenheit hätte, als sie die Öffnungsautomatik betätigte
und die beiden Türen aufglitten. Eine schwache, nach Laub und
Gras duftende Brise blies die von der Klimaanlage des Gleiters
gefilterte sterile Luft hinaus.
„Kommen Sie!" rief Haney Lüschang und sprang ins
Freie.
Kyron Barrakun stieg ebenfalls aus, dann folgte er seiner
Sekretärin über die mit Kunststoffplatten befestigte Fläche
des Parkplatzes zu dem zwölfstöckigen Würfelbau.
Wenige Minuten später betraten sie einen langgestreckten
Saal, in dem vor zahlreichen Computern und Bildschirmen etwa fünfzig
Frauen und Männer saßen, alle in uniformartige hellblaue
Monturen gekleidet.
Vor dem Computer mit der größten Schaltkonsole blieb
Haney Lüschang stehen.
Der dort sitzende, etwas korpulente und ungefähr
siebzigjährige Mann sah auf, dann erhob er sich.
„Mister Zarg, Mister Litton!" stellte Haney Lüschang
vor.
Die beiden Männer musterten sich.
Kyron sah in ein grobporiges Gesicht mit buschigen strohfarbenen
Brauen und grünen Augen, das von einer unordentlichen
strohfarbenen Haarmähne umrahmt wurde. Es wirkte aufgeschwemmt.
„Hallo, MisterZarg!" sagte Litton. „Ich bin Kotor
Litton, Ihr Vorgesetzter. Damit ich Ihre Fähigkeiten beurteilen
kann, werde ich Sie zuerst in die Konstruktionsabteilung für
Encoder, Synchros und Resolver stekken." „Sie kennen meine
Qualifikationen, Mister Litton", erwiderte Kyron Barrakun steif.
„Außerdem bin ich als Entwicklungsingenieur zweiten
Grades eingestellt. Das bedeutet, daß ich keine niedrigeren
Arbeiten verrichte als die Entwicklung neuer superintegrierter
Schaltungen für Mikroprozessoren."
Littons Gesicht lief rot an; unter dem rechten Auge zuckte ein
Nerv.
„Wie ich sagte, bin ich Ihr Vorgestzter...", fing er
an.
Kyron ließ ihn nicht zu Ende reden.
„Und Miß Morgan steht über Ihnen", erklärte
er energisch. „Sie hat mich als Entwicklungsingenieur zweiten
Grades eingestellt, was einer Weisung an Sie gleichkommt, mich mit
entsprechenden Arbeiten zu betrauen. Falls Sie das bezweifeln, fragen
Sie zurück oder lesen Sie die entsprechenden Artikel des
Vertrages, der zwischen der Gewerkschaft der Kybernetiker und der
Geschäftsführung geschlossen wurde."
Litton starrte ihn wütend an, dann holte er tief Luft.
„Lassen Sie ihn einkleiden, und bringen Sie ihn zum
Arbeitsplatz seines Vorgängers, Miß Lüschang!"
Er wandte sich brüsk um und setzte sich wieder vor seinen
Computer.
„Bitte, folgen Sie mir, MisterZarg!" sagte Haney
Lüschang.
Nachdem er die Einheitsmontur der Kybernetiker von INTELSLAVE
trug, führte sie ihn zum Operationstisch mit dem unvermeidlichen
Computer und den zahlreichen Schaltungen.
„Das ist Ihr Arbeitsplatz, Mister Zarg", erklärte
sie. „Von hier aus werden die Planspiele und anderen
Operationen zur Entwicklung von Neuheiten durchgeführt."
Sie senkte die Stimme. „Mister Litton wird Ihnen die Abfuhr
nicht vergessen. Er ist sehr nachtragend."
Kyron lächelte.
„Er weiß jetzt wenigstens, daß ich mich nicht
herumschubsen lasse, weil ich vielleicht ein wenig klein geraten bin
und keine Muskelpakete aufweisen kann."
„Oh, das ist doch nicht wichtig!" entfuhr es Haney
Lüschang. „Mir gefallen Sie so, wie Sie sind, Mister
Zarg."
Kyron errötete. Dennoch freute er sich über den
Sympathiebeweis. „Danke, Miß Lüschang. Wo ist Ihr
Arbeitsplatz?"
Sie deutete auf den Bildschirm des Computers.
„Direkt dahinter."
„Wie praktisch!" entfuhr es Kyron Barrakun - und er
meinte es durchaus nicht ironisch, denn er war froh, daß er
unbeobachtet mit dem Computer arbeiten und
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