PR TB 203 Rote Sonne Uber Rubin
querliegende Baumstämme und umgingen
ausgedehnte Wasserlachen. Sie sprachen kaum miteinander. Zu deutlich
wurde ihnen bewußt, daß die Forschungen über die
Sonne, insbesondere über deren fünfdimensionale
Strahlungskomponente, zu lasch betrieben worden waren. Mit etwas mehr
wissenschaftlichem Eifer und Einsatz hätte sich die Katastrophe
der vergangenen Nacht vielleicht verhindern lassen.
Auch der Parkplatz bot ein Panorama der Zerstörung. Einige
kleine Fahrzeuge waren von der Wucht des Sturms angehoben und
gegeneinander geschleudert worden. Einen Gleiter hatte es gegen die
Wand des
Institutsgebäudes gedrückt. Die schrottreife, zerbeulte
Karosserie und einige zertrümmerte Fensterscheiben zeugten von
dem Vorkommnis. Nur die schweren Fluggeräte hatten das wilde
Treiben der Natur schadlos überstanden.
Susan und Gene hielten auf einen Transporter zu, der am Rand des
Platzes abgestellt war. Zwei Personen lehnten lässig an dem
geschlossenen Gleiter und winkten ihnen zu. Susan erkannte Chili
Scaccia, den Leiter des Unternehmens, jenen Mann, dem es vor nunmehr
zwanzig Jahren als erstem gelungen war, die Parazone unbeschadet zu
durchqueren, und Lena Santos, eine junge Wissenschaftlerin, der es
trotz ihres arroganten Gehabes immer wieder gelang, das Interesse der
männlichen Siedler auf sich zu lenken.
»Ihr kommt spät«, begrüßte Chili die
Ankömmlinge und blickte auf die Uhr an seinem Handgelenk. »Um
diese Zeit wollten wir schon unterwegs sein.«
Susan hob bedauernd die Schultern, ohne weiter auf die Bemerkung
einzugehen. Chili wußte selbst, in welchem Zustand sich die
Stadt zur Zeit präsentierte und welche Schwierigkeiten es
bereitete, zu Fuß einigermaßen zügig voranzukommen.
Gene dagegen konnte sich eine bissige Bemerkung nicht verkneifen.
Dem hochgewachsenen Forscher gelang es nur selten, rhetorischen
Wortgefechten auszuweichen.
»Ihr solltet froh sein, daß wir überhaupt
gekommen sind«, sagte er. »Wir sind nur knapp dem Tod
durch Ertrinken entgangen.«
Chili lachte gelöst und kletterte in den Transporter.
»Es freut mich, daß ihr trotz allem euren Humor
bewahrt habt«, rief er über die Schulter zurück.
Die anderen folgten ihm ins Innere des Gleiters. Brummend hob die
Maschine ab und bahnte sich auf Antigravpolstern ihren Weg durch die
Atmosphäre. Susan wandte sich erschüttert ab, als sie das
ganze Ausmaß der Zerstörung erkannte, das aus dieser
Perspektive in seiner Gesamtheit zu überblicken war. Es würde
viel Schweiß und Arbeit kosten, bis das Chaos beseitigt und das
Vernichtete wiederaufgebaut war. Aber mit diesen Problemen hatten
sich andere auseinanderzusetzen. Ihre Aufgabe lag an anderer Stelle.
Der Gleiter ließ die Stadt bald hinter sich und bewegte sich
über freies Land. Der Kurs lag nach Nordwesten. Die Landschaft
veränderte sich. Hier gab es kaum noch Gebirge oder Erhebungen
und eine bestenfalls als kläglich einzustufende Vegetation. Die
Erschütterungen, die durch die Planetenkruste gezogen waren,
hatten auch hier ihre Narben hinterlassen. An vielen Stellen war der
Boden aufgebrochen. Breite Spalten zogen sich durch das Land. Tiere
waren kaum zu sehen, die meisten hatten die Flucht in scheinbar
sichere Gefilde ergriffen. Es würde seine Zeit dauern, bis sie
in ihren angestammten Lebensraum zurückkehrten.
Am Horizont tauchte der gelblich-weiße Schimmer des
wiedererstandenen Dunstfelds auf. Die Parazone rückte schnell
näher. Deutlich war zu erkennen, daß sich der Nebel
bereits im Zustand der Auflösung befand. Überall bildeten
sich dunkle Schatten, die längst bekannten Freiräume,
die unmittelbar nach ihrem Entstehen von nachdringenden Nebelschwaden
aufgefüllt wurden. Der Dunst erlangte eine immer größere
Transparenz, bis er sich schließlich vollends aufgelöst
hatte.
Das war der Moment, da die Maschinen des Transporters zu stottern
begannen. Chili zögerte nicht, sofort zu landen. Er wußte,
daß jeder Meter, den sie jetzt noch weiterflogen, sie dem Punkt
näher brachte, an dem die Aggregate blockierten und ausfielen.
Das Risiko wollte niemand eingehen.
»Wir sind zu spät gekommen«, ließ sich Lena
vernehmen, nachdem das schwere Fluggerät aufgesetzt hatte. »Der
Nebel ist verschwunden.«
»Es war zu erwarten«, entgegnete Chili knurrend.
»Immerhin wissen wir nun, daß keine unmittelbare Gefahr
mehr von hier ausgeht. Mehr sollten wir nicht herausfinden.«
»Heißt das, daß unser Auftrag bereits beendet
ist?« fragte Gene lauernd. Niemand hatte
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