PR TB 203 Rote Sonne Uber Rubin
umfing die Mentalstrahlung ihre
Gedanken. Die nächste Erschütterung warf sie fast von den
Beinen, aber sie konnte sich rechtzeitig abfangen.
Von vorn drang bleicher Schimmer in den Korridor. Die Silhouetten
ihrer drei Begleiter zeichneten sich in dem fahlen Licht undeutlich
ab. Lena weiter in der Mitte mit sich ziehend, hasteten sie die
Stufen empor. Frische Nachtluft schlug Susan entgegen, als sie
erschöpft ins Freie taumelte. Einer der beiden Monde strahlte
vom Himmel.
»Das Ärgste haben wir hinter uns«, sagte Chili,
während er versuchte, nach den Sternbildern und der Stellung des
Mondes die Position des Gleiters zu ermitteln. Sein ausgestreckter
Arm wies die Richtung. »Dort entlang!«
Die Flucht ging weiter. Mit jedem Meter, den sie vorankamen, wurde
die drückende Psi-Strahlung schwächer, bis sie endlich so
gering war, daß die mutierten Gehirne der Wissenschaftler sie
nicht mehr wahrnahmen. Unter Susans Füßen zitterte die
Erde. Erbarmungslos setzte Lequert sein Vernichtungswerk fort. Es
konnte nicht mehr lange dauern, bis die gesamte Station in einer
gewaltigen Explosion verging.
Schwitzend und erschöpft erreichten die Forscher das
Fluggerät. Chili schwang sich in den Führerstand, während
die anderen mit letzter Kraft in den rückwärtigen Teil
kletterten. Mit heulenden Maschinen schoß der Gleiter nach
oben, drehte eine enge Kurve und raste davon. Die Druckwelle, die ihn
gleich darauf erreichte, konnte ihm nichts mehr anhaben.
Erschüttert blickte Susan zurück. Die Erde war
aufgebrochen, gewaltige Flammenzungen leckten in den Himmel und
überschütteten das Land mit dem grellen, heißen
Gluthauch des Todes und der Vernichtung. Wolken dichten Qualms
brachten das Licht des Mondes und der Sterne zum Verlöschen.
Die Rache war vollzogen, das Werk des Wahnsinns beendet. Was
mochte Lequert gespürt haben, als er in den Tod ging, fragte
sich Susan betroffen. Hatte er Befriedigung empfunden, Erlösung?
Waren sein Haß und seine grenzenlose Einsamkeit gestillt
worden? Oder nichts von alledem.?
Kontakte
Niemand hätte den zweihundert Meter durchmessenden Raumer
ernsthaft als Wrack bezeichnen mögen. Auf den ersten Blick
wirkte der Schwere Kreuzer der Terra-Klasse durchaus intakt,
Beschädigungen an der Kugelzelle oder dem äquatorialen
Ringswulst waren nicht zu erkennen. Wie ein zum Sprung bereites
technisches Ungetüm erhob sich das Schiff auf seinen
Teleskopbeinen in schwindelnde Höhe. Es stand weit außerhalb
der Stadt, in der Nähe des Sees, unweit des ersten Landepunkts,
auf einem betonierten und planierten Platz, der das enorme Gewicht
ohne Schwierigkeiten aushielt. Es schien, als wollte es sich jeden
Moment zum Flug ins All aufschwingen.
Aber das war ein Traum. Seit dem Tag, an dem einige
Besatzungsmitglieder das Raumschiff von der Grasebene, die der
ursprüngliche Landeplatz gewesen war, hierher bugsiert hatten,
waren die Aggregate nicht mehr zum Leben erweckt worden, hatte die
Kugel sich keinen Zentimeter vom Boden erhoben. Raumfluguntauglich,
mit überlasteten und ausgebrannten Maschinen, war sie mehr
Symbol denn wirksames Fortbewegungsmittel.
Bis auf einige in der Bevölkerung als fanatisch verschriene
Gruppen hatte niemals jemand den ernsthaften Versuch unternommen, das
Schiff in einen gebrauchsfähigen Zustand zurückzuversetzen.
Seit der Landung auf Rubin hatten das Interesse an den Gegebenheiten
in der Galaxis, das Verlangen nach Erforschung des Kosmos und nach
Flügen durch die unermeßlichen
Weiten des Alls rapide nachgelassen. Das Entsetzen, das die
Besatzung erfaßt hatte, als während ihrer Mission die
Kalup-Konverter den Dienst aufgaben, war schnell tiefer Zufriedenheit
gewichen, als man erkannt hatte, daß der einzige zum Überleben
geeignete Planet in dieser Region ein Paradies zu sein schien. Die
Havarie des Kreuzers wurde seitdem als ein Wink des Schicksals
betrachtet, die Kolonisten verstanden sich als eine kleine Gruppe
Auserwählter, die die willkommene Gelegenheit nutzte, die
politischen Wirren in der Milchstraße, diese von Intrigen und
Kämpfen gekennzeichnete Epoche des 24. Jahrhunderts auf elegante
Weise hinter sich zu lassen.
Manchen gefiel die Isolation nicht, sie hielten es für einen
Fehler, allen Ereignissen den Rücken zu kehren und sich selbst
für eine Art Elite zu halten, die das Recht hatte, sich von
ihrem Volk loszusagen. Aber diese waren in der Minderheit, und mit
den Jahren verstummten ihre mahnenden Stimmen. Man fühlte sich
wohl auf Rubin, das
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