PR TB 203 Rote Sonne Uber Rubin
Irgendwo schrie
jemand seine körperliche Qual heraus.
Unvermittelt war alles vorbei. Der mörderische Druck wich von
Susan, die plötzliche Normalisierung brachte sie an den Rand der
Bewußtlosigkeit. Sie schloß die Augen und atmete mehrmals
tief ein, bis sich ihr Zustand gebessert hatte. Schwerfällig
stand sie auf, verhielt einen Moment in schwankender Unsicherheit,
dann ging sie zu ihrem Vater. Heyko führte bereits eine
leidenschaftliche Debatte mit Gene; die beiden Männer hatten die
Belastung schneller überwunden. Als sie die Forscherin kommen
sahen, unterbrachen sie die Diskussion. Heyko grinste schief.
»Nichts zu machen«, versuchte er zu erklären.
»Wir kommen nicht hoch. Die Antigravs waren total überlastet,
und die Impulstriebwerke können wir hier nicht zünden.«
»Ich hätte unseren Bemühungen etwas mehr Erfolg
gewünscht«, murmelte Susan. »Es war alles umsonst.«
»So kann man es nicht sehen«, widersprach Gene.
»Die Arbeiten am Schiff haben sich auf die Triebwerksektion
konzentriert, insbesondere auf die Kalup-Konverter. Ich nehme an, daß
wir es bei dem Versager der Antigravs mit nichts anderem als
Alterserscheinungen zu tun haben. Die Maschinen hätten gründlich
gewartet und generalüberholt werden müssen.«
»Du nimmst es an.« Der Spott in Susans Stimme war
nicht zu überhören. »Ich dachte, es sei vor dem
Startversuch alles kontrolliert worden.«
»Das dachte ich auch«, sagte Heyko mürrisch. »Wir
müssen jedoch einsehen, daß sich das Wissen unserer
Vorfahren nicht ohne weiteres ersetzen läßt. Selbst meine
Generation hat sich kaum um die Technik eines Raumschiffs gekümmert.
Es ist normal, wenn Fehler gemacht werden.«
»Wenn der Schaden nicht behoben werden kann, sitzen wir für
immer auf diesem Planeten fest«, resümierte Susan.
»Wäre es so schlimm?«
Prüfend blickte die Forscherin ihren Gefährten an. Gene
hatte die Bemerkung mehr als persönliche Meinungsäußerung
denn als Frage verstanden wissen wollen. Sie antwortete nicht darauf.
Innerlich war sie, wie sie selbst mit einigem Erstaunen
feststellte, längst nicht so enttäuscht über den
mißlungenen Start, wie sie sich nach außen hin gab. Zwar
hatte sie mit großem Engagement die Reparaturen durchsetzen und
forcieren geholfen, doch war sie, wie sie jetzt einzusehen begann, im
Grunde ihres Herzens niemals ernsthaft bereit gewesen, Rubin für
immer zu verlassen. So gefährlich der Planet auch sein mochte,
so schön und liebenswert war er auch. Es war ihr und ihren
Mitstreitern mehr darum gegangen, einen Weg zur Evakuierung zu öffnen
und bereitzuhalten, der, wenn es nötig wurde, ohne Umstände
und Zeitverlust beschritten werden konnte.
Heyko schien ihre Gedanken zu erraten, denn er lächelte
wissend und zugleich aufmunternd. Wortlos wandte er sich um und
desaktivierte die letzten noch arbeitenden Systeme des Raumers. Susan
warf einen Blick auf den Panoramabildschirm. Die draußen
wartenden Tiere hatten den Startversuch nicht einmal registriert. Sie
zeigten keinerlei Furcht. Wie gemeißelte Standbilder ihrer
selbst verharrten die Coros in maßvollem Abstand zum Schiff.
Susan fand dieses Verhalten höchst ungewöhnlich und im
Wissen um die Ereignisse, die solchem Gebaren bislang regelmäßig
mit vernichtender Wucht gefolgt waren, bedenklich. Sie hatte jedoch
keine Gelegenheit, ihre Befürchtungen durch weitere
Beobachtungen zu erhärten. Das Bild erlosch. Zugleich verstummte
das kaum wahrzunehmende Rumoren der letzten noch laufenden Maschinen.
»Der Versuch ist abgeschlossen«, sagte Heyko,
angesichts des Fehlschlags mit erstaunlicher Nüchternheit. »Wir
können gehen.«
Die Mitglieder der Mannschaft versammelten sich in der unteren
Polschleuse. Susan und Gene waren die ersten, die auf die schräg
nach unten führende Rampe hinaustraten. Nach der Abschaltung
aller Energieerzeuger war es nicht mehr möglich, ein
Antigravfeld zu projizieren, das die Leute hinabtragen konnte.
Susan hatte den Boden noch nicht erreicht, als sie zu zögern
begann. Ihr Schritt verlangsamte sich, und Gene, der in schnellerem
Tempo vorausgegangen war, drehte sich ungeduldig nach ihr um.
»Was ist los? Warum kommst du nicht?«
Sie hatte die Stirn in Falten gelegt und machte eine abwehrende
Handbewegung.
»Spürst du das?« Unwillkürlich flüsterte
sie.
Ihrem Gefährten schien das Verständnis dessen, was sie
bewegte, völlig abzugehen.
»Nein«, sagte er knapp, ohne sich zu erkundigen, was
sie überhaupt meinte, und ging
Weitere Kostenlose Bücher