PR TB 204 Söhne Der Liga
Fahrzeug, aber die Insassen
blieben unverletzt. Langlon kletterte als erster ins Freie. In einem
Kilometer Entfernung sah er das matte, milchige Leuchten des
Energiezauns. Davor erhob sich das Gebäude, in dem, wie er von
den Lageplänen her wußte, das Kraftwerk untergebracht war.
Er sah auf die Leuchtanzeige seiner Uhr. Etwas mehr als zwei
Minuten blieben ihm noch. Sie hätten den Zaun mühelos
erreichen können; aber damit war nichts gewonnen, denn die
energetische Wand war undurchdringlich. Und selbst wenn es ihnen auf
irgendeine Weise gelungen wäre, das Hindernis zu überwinden,
so hätten sie doch dem Verderben nicht entrinnen können.
Wenn fünfzehn NS-Reaktoren auf einmal detonieren, dann entsteht
eine Explosion, deren Energiegehalt Langlon auf mehr als einhundert
Kilotonnen TNT schätzte. Alles Leben im Umkreis von zwölf
bis fünfzehn Kilometern würde zugrunde gehen.
Es gab nur noch eine einzige, winzige Hoffnung, und es blieben ihm
nicht mehr als einhundertundzwanzig Sekunden, um aus ihr etwas zu
machen. Er wandte sich um und musterte die Solarlampen, die über
den Verwaltungsgebäuden schwebten. Sie würden ihm als
Anzeige dienen.
»Kommt mit!« forderte er die Gefährten auf.
Er lief auf das Kraftwerksgebäüde zu. Die Tür war
verriegelt, aber sie hielt den fauchenden Energiestrahlen aus vier
Blastern nur wenige Sekunden stand. Durch die glühenden,
qualmenden Metallreste sprang Langlon ins Innere des rechteckigen
Vorraums, in dem die großen Schalttafeln und Anzeigegeräte
untergebracht waren.
Noch achtzig Sekunden. Langlon Brak kannte sich in der Handhabung
von NS-Reaktoren nur oberflächlich aus. Es blieb ihm keine Zeit,
nach dem richtigen Hebel zu suchen.
»Achtet auf die Solarlampen!« rief er durch die
Türöffnung hinaus.
Dann richtete er den Lauf des Blasters gegen die erste Schalttafel
und drückte ab. Die Wirkung war durchschlagend. Ein armdicker,
bläulich-weißer Blitz
zuckte aus dem mächtigen Aggregat hervor. Die Verkleidung der
Tafel wurde abgerissen. Der Krach einer Explosion machte Langlon halb
taub.
»Die Lampen ...?« schrie er über den Lärm
hinweg.
» ... flackern ...« hörte er Humbert antworten.
Noch vierzig Sekunden. Der Himmel mochte wissen, wie lange es
dauerte, bis sich das Ausbleiben des Stromes auf die Testreaktoren
auswirkte. Vielleicht waren es mehr als vierzig Sekunden, dann stand
er hier auf verlorenem Posten.
Er nahm die zweite Tafel aufs Korn. Als die Schalterelemente
unterhalb der Verkeidung explodierten, fUhr ihm eine kochendheiße
Druckwelle entgegen und riß ihn von den Beinen. Er stürzte
in der Nähe der zerschossenen Tür, deren Metallreste noch
immer glommen und qualmten. Die Detonation hatte die Tafel in hundert
kleine Stücke zerrissen. Eines davon fuhr ihm an der Schläfe
entlang; er fühlte es wie den Schnitt eines glühenden
Messers. Er versuchte, auf die Beine zu kommen. Aber mitten in der
Bewegung traf ihn ein weiteres Geschoß gegen den Oberkörper.
Er wurde über die rauchenden Überreste der Tür
hinweggeschleudert und stürzte draußen ins Gras. Eine
kurze Zeitlang verlor er die Besinnung.
Als er wieder zu sich kam, sah er Louisa, die sich über ihn
beugte und ihn mit besorgtem Blick musterte.
»Die Lampen sind aus«, sagte sie.
Langlon Brak hob den Arm, an dem er die Uhr trug. Er wunderte
sich, wieviel Anstrengung er dazu brauchte. Die Leuchtziffern wollten
ihm vor den Augen verschwimmen, aber schließlich brachte er sie
in Fokus.
Der Zeitpunkt, zu dem die Reaktoren hätten explodieren
sollen, war um anderthalb Minuten überschritten.
»Das macht jetzt schon keinen Unterschied mehr«, sagte
er zu Louisa, und im nächsten Augenblick übermannte ihn die
Ohnmacht von neuem.
EPILOG
»Von rückwärts betrachtet, ist die Sache natürlich
ganz einfach«, sagte Cromwell Shliffer. »Die Explosion
der fünfzehn Testreaktoren hätte nicht nur das
Fertigungsgelände der Synergistics, sondern auch die Stadt Camp
Kublai total verwüstet. Was dem Unternehmen noch an Kapital
verblieb, wäre darauf verwendet worden, die
Versicherungsansprüche der Getöteten und Verletzten zu
befriedigen - und selbst dazu hätte es wahrscheinlich weder
hinten noch vorne gelangt.
Die Anteilseigner hätten vor der Entscheidung gestanden, das
Unternehmen entweder zu liquidieren oder mit Hilfe privater und
staatlicher Darlehen wiederaufzubauen. Eine solche Entscheidung
berührt die in der Präambel der Firmen-Charta aufgeführten
Prinzipien der
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