PR TB 205 Der Schrecken Der Freihandler
aufsitzt, der sich in deiner Gegenwart bückt. Der
Mann, den du eben dreimal um das Hauptgebäude gehetzt hast, war
ein Finanzbeamter.”
“Ich habe nur einen Gaul gesehen”, sagte ich
wahrheitsgetreu. Und ich gab meine Klassifikation ab: “Es war
eine lahme Schindmähre.”
“So geht es nicht mehr weiter”, rief Walty dann
händeringend. “Ich muß endlich den Fehler in deiner
Programmierung finden, sonst komme ich noch in Teufels Küche.”
Ihm entfiel vor Aufregung der versiegelte Umschlag, den ihm der
Finanzbeamte überreicht hatte, und er bückte sich
gedankenverloren danach. Auf einmal war er verschwunden und an seiner
Stelle stand wie hingezaubert ein Pferd. Nicht gerade ein Vollblut,
sondern so ein dürrer, müder Klepper, der sich bald das
Gnadenbrot verdienen würde. Aber was soll ich sagen, das Reiten
ist eben meine Passion.
Also sitze ich auf und galoppiere solange durch die Gegend, bis
ich mir den Vierbeiner unterworfen habe. Als ich dann absaß,
tauchte von irgendwo mein Boß auf und erklärte mir mit
heraushängender Zunge, daß ich das Faß zum
Überlaufen gebracht hätte. Und dann nahm er mich in seine
Werkstatt und dokterte endlos an mir herum, um den angeblichen
Programmierungsfehler zu finden. Es gelang ihm nicht, denn wo nichts
ist, da gibt es nichts zu finden.
Ich muß gestehen, daß mir die ganze Sache langsam leid
wurde. Aber welche Möglichkeiten hat ein Gaucho in der heutigen
Zeit denn schon? Ich konnte froh sein, meinen Job zu behalten, und so
nahm ich Waltys Schrullen eben hin. Er hatte noch einige mehr davon.
So behauptete er allen Ernstes, daß ich von positronischem
Spaltungsirresein befallen sei. Er lebte in dem Wahn, daß ich
mich sogar schon mal als Meistersinger und dann wieder als Detektiv
betätigt hätte. So ein Unsinn! Wo ich doch gar keine Stimme
habe, ebensowenig wie eine Kombinationsgabe. Ich kann nur reiten, das
ist mein ... so bin ich programmiert. Und Basta!
Wäre nicht Otto gewesen, der mich immer wieder aufrichtete
und tröstete, ich weiß nicht, ob ich nicht trotz allem
mein Halfter an die Wand gehängt hätte. Otto war ein
wirklicher Freund. Und er konnte einige Kunststücke, so zum
Beispiel, sich wirklich in ein Pferd - in einen Vollbluthengst -
verwandeln.
Ich glaube, ich könnte meine Geschichte mit ihm beginnen.
Es war ein Tag wie jeder andere, nur langweiliger. Walty war schon
ein paar Tage fort und würde es vermutlich auch noch bleiben,
und ohne ihn passierte nie etwas. Er war zu Besuch bei seinem Freund
Mike, einem Jungen von dreizehn Jahren, einem richtigen Rangen. Vor
drei Jahren war es diesem Lausebengel mal gelungen,
in einer schwachen Minute, mich zuzureiten. Ließ das nicht
Rückschlüsse auf den Geisteszustand des Jungen zu, wenn er
einen Gaucho für ein Pferd hielt? Er, Mike, hätte
umprogrammiert gehört...
“Was ödet mich dieses Nichtstun an”, sagte ich zu
Otto. “Könntest du nicht ein Englisches Vollblut abgeben,
damit ich mich an dir aufrichten kann? Ich fühle mich großartig
in Form und weiß, daß ich dich heute schaffen könnte.”
Otto - in Pferdegestalt - hatte mir bisher als einziger
widerstanden. Er war eine Herausforderung, auch wenn er kein
richtiges Pferd war.
“Nicht jetzt”, sagte er. “Ich twilze, daß
wir unangenehmen Besuch kriegen. Ich kann kein Pferd machen.”
Sprach’s und wurde zu Walty. Hätte ich es nicht besser
gewußt, so hätte ich ihn glatt für meinen Boß
gehalten. Er war ein perfekter Doppelgänger, nicht nur was das
optische Erscheinungsbild betraf, sondern auch auf die Persönlichkeit
und die Ausstrahlung bezogen.
Ein Gleiter landete, und ein halbes Dutzend USO-Spezialisten in
Uniformen sprangen heraus. Bei Ottos Anblick, den sie ja für
Walty Klackton halten mußten, zeigten sie sich über alle
Maßen erstaunt.
“Was wollen die hier?” fragte ich und taxierte die
sechs kräftigen Burschen. Sie hatten keine Reittiere dabei.
“Sie haben einen Durchsuchungsbefehl und haben vor, die Farm
auf den Kopf zu stellen”, sagte Otto, der sein Wissen aus den
Gedanken der USO-Spezialisten twilzte. “Es kommt nur unerwartet
für sie, mich, also Walty, anzutreffen. Sie wähnen ihn auf
Terra und wollten die Blitzaktion während seiner Abwesenheit
durchführen.”
“Was suchen sie eigentlich?” wollte ich wissen.
“Irgendwelche Geheimdokumente. Genaueres wissen sie selbst
nicht.”
Die USO-Spezialisten hatten sich von ihrer ersten Überraschung
erholt und kamen zu Otto. Ihr Anführer gab sich
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