PR TB 207 Das Westrak Komplott
zweiten Tür. Vielleicht gab es dort einen Ausgang.
In einer Lage wie dieser konnte sie nicht einfach untätig
warten, bis jemand kam, um sie zu befreien. Sie mußte
versuchen, selbst einen Ausweg zu finden. Als sie den zweiten Schlag
geführt hatte, hörte sie von draußen ein Geräusch.
Sie trat unwillkürlich zurück. Die Tür schwang auf.
Zwei Männer standen da; der eine war Klandrex oder Aphab, den
anderen hatte Louisa nie zuvor gesehen.
„Sieh da“, sagte der erste Mann spöttisch, „die
Lady hat sich die Zeit vertrieben.“
Die Stadt nahm die Neuigkeit vom Ausbruch der Revolution äußerlich
gelassen entgegen. Auf den Rollsteigen reckten die Menschen die
Köpfe, um sich keinen Buchstaben der Leuchtnachrichten entgehen
zu lassen, die jetzt auf vielen Gebäudewänden, ja sogar in
den Abendhimmel projiziert erschienen; aber sie zeigten keine
Erregung. Es war die Reaktion einer politisch disengagierten
Bevölkerung, die sich mit zynischer Gewißheit nur über
das eine im klaren war: die Steuern würden nicht weniger werden
- ganz egal, wer an die Macht kam.
Langlon Brak erkannte, daß Braird Hillebran frühzeitig
die Kontrolle über die Nachrichtenagenturen übernommen
haben mußte. Die ersten Meldungen waren noch neutral gewesen.
Jetzt aber häuften sich die Berichte, in denen die Revolution
gepriesen und die bisherige Regierung verdammt wurden. Aus Rik Cernan
wurde „der Verräter Cernan“, und der provisorische
Regierungschef, Braird Hillebran, verwandelte sich in den „Helden
der Revolution“. Langlon vermutete, daß es in der
Umgebung des Präsidialamts weitaus weniger ruhig zugehe als in
der Innenstadt. Es war fast undenkbar, daß die bisherige
Administration das Feld gänzlich ohne Widerstand geräumt
hatte.
Im Quartier wartete Humbert. Langlons fragenden Blick beantwortete
er mit einem Kopfschütteln.
„Nein“, sagte er, „niemand hat angerufen.“
Langlon breitete die Druckfolie auf dem Tisch aus. Er sah sich um.
Der einzige Kommunikationsanschluß war ein unbedarftes
Sichtgerät mit einer Wählautomatik.
„Das hier ist eine Raumschifferkneipe, kein Luxushotel“,
belehrte ihn der Graf. „Wenn du einen Rechner brauchst, wirst
du dich in die Gasthauszentrale bemühen müssen.“
„Wo mir jeder über die Schultern schaut“, wies
Langlon den Vorschlag zurück. „Am besten machen wir das
von Hand.“
Die Beseitigung der redundanten Textabschnitte war für einen,
der darin Übung hatte, nicht sonderlich schwierig. Was danach
übrigblieb, waren Bruchstücke des Originaltexts in
willkürlicher Reihenfolge, die so oft hin und her geschoben
werden mußten, bis sich daraus eine verständliche
Nachricht ergab. Die Anzahl der möglichen Permutationen wuchs
mit der Zahl der Textbruchstücke, und zwar in erschreckendem
Maß. Es gab sechs verschiedene Möglichkeiten, drei
Bruchstücke aneinanderzureihen, 24 für vier Bruchstücke,
120 für fünf - und 3.628.800 für zehn. Trotzdem gab
Langlon nicht auf. Zwei Worte, in den zunächst noch
unentzifferten Text eingebettet, hielten seine Aufmerksamkeit
gefesselt: Pertar und Anoui-Van.
Mitten in seinen Eifer hinein platzte ein Anruf der terranischen
Botschaft. Nahezu gleichzeitig mit den ersten Nachrichten vom
Ausbruch der Revolution hatte man dort von einem Mann namens Bernat
Noor im Präsidialamt gehört, der angab, er sei beauftragt,
eine Meldung von Louisa Quantor zu übermitteln.
Die Meldung beschrieb die Örtlichkeit, in der Louisa
gefangengehalten wurde, im einzelnen. Langlon machte sich die
entsprechenden Notizen.
„Was haben Sie vor?“ erkundigte sich der Anrufer aus
der Botschaft. Langlon sprang auf. „Dreimal dürfen Sie
raten“, knurrte er grimmig.
„Ich warne Sie“, sagte der Anrufer. „Nach
unseren Berichten ist in der Umgebung des Präsidialamts der
Teufel los.“
8.
Auf der anderen Seite der Tür lag ein kahler, matt
beleuchteter Gang. Von fern hörte Louisa gedämpftes
Geschrei und das Fauchen von Blasterschüssen.
„Was geht hier vor, Klandrex?“ fragte sie.
„Ich bin Aphab“, wurde sie grob berichtigt. „Die
Revolution hat begonnen. Wir haben den alten Mann fest; aber von
seiner Leibgarde wehren sich noch ein paar Leute.“
Louisa erschrak. Ihre Warnung war zu spät gekommen. Aphab
trat auf die offene Seitentür zu. Sein Begleiter blieb draußen
auf dem Gang stehen. Beide Männer waren bewaffnet und trugen
ihre Waffen schußbereit. Aphab inspizierte das Loch in der Wand
neben der Tür.
„Klug gemacht“, lobte
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