PR TB 207 Das Westrak Komplott
von einer anderen Zelle
aus das Ambra Palace an. Es meldete sich eine junge Frau in der
Kommunikationszentrale. Langlon identifizierte sich und beobachtete
sie dabei scharf. Falls sie überrascht war, ließ sie es
sich nicht anmerken. Langlon wollte wissen, ob Nachrichten für
ihn eingegangen seien. Eine, sagte die junge Frau, ob er sie auf sein
Zimmergerät überspielt haben wolle.
„Ich rufe von außerhalb an“, antwortete Langlon.
„Übertragen Sie sie mir bitte auf diesen Anschluß...“
Er nannte den Rufcode. Die junge Frau zögerte eine Sekunde.
„Ich weiß wirklich nicht...“
„Ich bin in Eile“, unterbrach sie Langlon. „Wenn
Sie zusätzliche Identifizierung brauchen, dann...“
„Nein, das ist nicht nötig.“ Sie hatte einen
Entschluß gefaßt. Im nächsten Augenblick begann der
Bildschirm sich mit Text zu füllen. Die junge Frau sagte: „Sie
können es sich vom Drucker ausgeben lassen.“
Dann verschwand sie. Der Text war umfangreich und trug die
Charakteristiken einer Streusendung. Der an den Radiokom
angeschlossene Drucker war altmodisch und langweilig. Langlon spähte
nach draußen. Bis jetzt hatte die Transaktion acht Minuten
gedauert. Er wußte nicht, wie sehr die Agenten der Revolution
auf Draht waren; aber wenn er nicht bald von hier verschwand, dann
lief er Gefahr, gefaßt zu werden. Als der Drucker die letzte
Zeile ausgegeben hatte, riß er die Folie ungeduldig von der
Rolle und stopfte sie sich in die Tasche. Sekunden später war er
im Gewühl des abendlichen Verkehrs verschwunden.
Lampen und Leuchtreklamen flammten auf. Auf der Wand eines
himmelhohen Geschäftsgebäudes erschienen in strahlend
bunten Lettern die neuesten Nachrichten des Tages. Langlon stutzte.
Das mochte der Grund sein, warum ihn die Revolution bisher so
leichten Kaufs hatte davonkommen lassen. Die Leute waren zu
beschäftigt.
REVOLUTIONÄRE GARDEN STÜRMEN PRÄSIDIALAMT,
leuchtete es von der Wand in meterhohen Buchstaben. RIK CERNAN
VERHAFTET. BRAIRD HILLEBRAN PROVISORISCHER CHEF DER REVOLUTIONÄREN
REGIERUNG.
„Ich verstehe nicht.“ Bernat Noor blinzelte ungläubig.
„Sie wissen nicht woher Sie anrufen?“
„Hören Sie“, sagte Louisa mit jener Art von
Eindringlichkeit und Ernst, die die ungeteilte Aufmerksamkeit des
Zuhörers verlangt, „wir haben nicht viel Zeit. Man hat
mich gefangengenommen und hier festgesetzt. Ich war bewußtlos.
Ich habe keine Ahnung, wo ich bin. Wissen Sie's?“
„Ja. Sie sitzen an einem Privatanschluß, der Svar
Nikol gehört und sich in einem der alten Gebäude an der
Peripherie des Präsidial-Komplexes befindet.“
„Gut.“ Erleichterung stieg in ihr auf. „Zwei
Dinge haben sofort zu geschehen. Erstens: Sie setzen sich mit der
terranischen Botschaft in Verbindung und hinterlassen eine Nachricht
für Langlon Brak oder Humbert Graf Laton. Haben Sie die Namen?
Erklären Sie in dieser Nachricht so genau wie möglich, wo
ich mich befinde, und bitten Sie in meinem Namen um Hilfe. Zweitens:
Der Präsident muß sofort gewarnt werden. Er hat Verräter,
die mit den Revolutionären zusammenarbeiten, in seiner
unmittelbaren Umgebung.“ Sie überlegte, ob sie Svar Nikol
erwähnen solle, und entschied sich dagegen. Das wäre dem
harmlosen Bernat Noor vielleicht zu unwahrscheinlich vorgekommen. „Am
besten ist, er isoliert sich irgendwo im Schutz einer Robotgarde, bis
wir Zeit haben, das Durcheinander zu klären. Haben Sie das?“
Bernat nickte hastig. Er war zu entsetzt, um zu sprechen. Louisa
sah ihn die Geste des Einverständnisses machen, dann war der
Bildschirm plötzlich leer.
Das Warten begann. Es war nicht abzusehen, wann Langlon und
Humbert hier eintreffen würden. Das Hinterlassen von Nachrichten
in der terranischen Botschaft gehörte zu den Standardpraktiken
der Soleft. Aber wann Humbert und Langlon ihre Meldung erhielten,
hing davon ab, wann sie sich mit der Botschaft in Verbindung setzten.
Humbert befand sich womöglich gar noch in der Cerebrit-Fabrik,
und was aus Langlon Brak geworden war, darüber konnte sie nicht
einmal Vermutungen anstellen.
Sie fragte sich, welchen Zweck die Verschwörer verfolgten,
indem sie sie hier festsetzten. Sollte sie als Geisel verwendet
werden? Ein weitaus unschönerer Gedanke ging ihr durch den Kopf.
Sie befand sich in einem Quartier, das Svar Nikol gehörte oder
doch ausschließlich von ihm genutzt wurde. Erwartete Nikol etwa
Gefallen persönlicher Art von ihr?
Sie hob das Tischbein auf und schwang es gegen die Wand in der
Nähe der
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