PR TB 209 Saboteure Wider Willen
der
dahinterliegenden breiten Straße aus Hilfe herbeizurufen. Er
rannte durch verstaubte Korridore, stolperte über vermoderte
Matratzen und verrostete Bettgestelle, fiel hin, stand wieder auf und
lief weiter.
Als er die offene Tür auf der anderen Seite schon sah, fiel
ihm ein, dass es effektiver wäre, mit seinem KOM-Armband Hilfe
herbeizurufen. Doch wahrscheinlich wären die Ordnungspfleger
viel zu spät gekommen.
Kyron stürmte aus der Tür, blinzelte ins grelle
Sonnenlicht und nahm im nächsten Augenblick den silbrig
schimmernden elliptischen Rumpf eines großen Fluggleiters wahr,
der links neben der Tür schwebte.
Kyrons linke Hand fuhr zum rechten Unterarm, an dem das
KOM-Armband befestigt war. Doch da sah er den Lauf eines
Paralysators, der ihm aus dem offenen Fenster des Gleiters
unmissverständlich zuwinkte.
»Kommen Sie, Mister Barrakun!« rief eine kultiviert
klingende weibliche Stimme. »Niemand will Sie fressen. Steigen
Sie ein! Ich will nur etwas mit Ihnen besprechen. Und machen Sie mich
nicht nervös, sonst löse ich vielleicht aus!«
»Oder ich!« erklärtejemand hinter Kyron.
Als Kyron sich umdrehte, blickte er in das flache, nichtssagende
Gesicht eines etwa fünfzigjährigen korpulenten Mannes. Er
atmete schwer infolge der anstrengenden Verfolgung Kyrons.
Resignierend wandte Kyron sich wieder dem Gleiter zu. Als die
rechte Vordertür sich öffnete, stieg er ein. Dabei musterte
er die auf dem rechten Rücksitz sitzende Frau. Sie war ungefähr
siebzig Jahre alt, elegant gekleidet, ausgesprochen hübsch und
musterte Kyron spöttisch aus mandelförmigen schwarzen
Augen.
»Was wollen Sie von mir?« fragte Kyron. »Wer
sind Sie überhaupt?«
»So fragt man Leute aus«, erwiderte die Frau.
Der Korpulente zwängte sich auf den linken Hintersitz. Der
rechts vorn sitzende Pilot, ein halbverhungert aussehender junger
Mann mit olivefarbener ungesunder Haut, griff nach Kyron und zog ihn
mit einem Ruck ganz in den Gleiter.
»Anschnallen!« befahl die Frau und drückte die
Mündung des Paralysators gegen Kyrons Nacken.
Kyron gehorchte. Im nächsten Augenblick startete der Gleiter.
»Ich soll Ihnen Grüße von Miss Today ausrichten«,
sagte die Frau.
Kyron Barrakun drehte sich halb herum und blickte über die
Schulter nach hinten.
»Sie haben sie also entführt. Wo ist sie?«
»Mit der Entführung haben wir nichts zu tun«,
erwiderte die Frau. »Wir wurden lediglich beauftragt, Ihnen
etwas auszurichten, und wir kennen nicht einmal ihren
Aufenthaltsort.«
»Wie geht es ihr?« fragte Kyron.
»Sie sorgen sich also um Ihre Partnerin«, meinte die
Frau. »Das ist gut. Dann werden Sie
bestimmt tun, was unsere Auftraggeber von Ihnen verlangen, nämlich
Ihre Nachforschungen einzustellen. Andernfalls würde Miss Today
etwas Unangenehmes zustoßen, erklärten unsere
Auftraggeber.«
»Aber die Sache bedroht die Sicherheit aller galaktischen
Zivilisationen!« protestierte Kyron. »Und damit auch Ihre
eigene Sicherheit. Es muss so bald wie möglich unterbunden
werden.«
»Ich wüsste nicht, wie die Sache unsere Sicherheit
bedrohen könnte«, entgegnete die Frau spöttisch.
»Geben Sie sich keine Mühe, uns zu irritieren. Außerdem
haben wir nicht den geringsten Einfluß auf die Aktivitäten
unserer Auftraggeber.«
»Aber Arzachena & Co, liefern täglich weitere
Indoktrinationscomputer aus!« riefKyron.
»Arzachena & Co?« rief die Frau überrascht.
»Was soll der Hobby-Versand mit Trisonium zu tun ...?«
Sie zog hörbar Luft ein. »Du kleiner Satan denkst wohl,
weil du ein As auf dem Gebiet der Computertechnik bist, könntest
du mich verschaukeln!« Ihre Stimme klang gar nicht mehr
kultiviert.
»Sie sprechen nicht von den Computern, die ihre Anwender zu
Sabotage anstiften?« fragte Kyron verblüfft.
Einige Sekunden lang geschah überhaupt nichts, dann schlug
ihm die Frau den Lauf des Paralysators hinters rechte Ohr. Es war nur
ein leichter Schlag gewesen; dennoch wurde es Kyron schwarz vor den
Augen. Blut sickerte aus einer Platzwunde.
»Bildest du dir ein, du könntest uns dumm reden mit
deinen Computermärchen, du Positronenzähler!« fuhr
sie ihn an.
Der pilotierende Halbverhungerte lachte meckernd.
Benommen antwortete Kyron:
»Es ist wahr. Die meisten Sabotagefalle der letzten drei
Wochen wurden von Menschen verübt, die während der
Benutzung von Selbstbau-Computern in Wahnvorstellungen getrieben
wurden, so dass sie glaubten, etwas gegen die vermeintlich
reaktionärimperiale Politik der LFT
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