PR TB 210 Das Rote Leuchten
Sessel zu kommen.
Mit weit hervorquellenden Augen blickte er Tekener an. Er sah aus
wie ein Erstickender.
„Macht es Ihnen Spaß, mir dabei zuzusehen?”
fragte er mit schriller Stimme.
„Wobei?”
Diese Gegenfrage verblü ffte den Verwachsenen. Er beruhigte
sich und senkte den Kopf. Dann fuhr er sich mit dem Handrücken
über die tränenden Augen.
„Bilden Sie sich nur nicht ein, daß ich weine”,
flüsterte er. „Meine Augen tränen häufig. Das
hat nichts zu sagen.”
Er wand sich in inneren Qualen. Tekener erkannte, daß er
sich seines Körpers schämte und mit seinen Schwächen
nicht fertig wurde.
„Wollen Sie nicht endlich zur Sache kommen?” fragte er
schärfer, als er eigentlich wollte.
Kennon zuckte zusammen.
„Sie haben recht”, erwiderte er und begann eine schier
endlose Reihe von Einzelnachrichten und Pressenotizen aufzuzählen,
die in keinerlei Zusammenhang miteinander zu stehen schienen. Trotz
der Fülle der Einzelinformationen benötigte er keine
schriftliche Unterlagen, um alles in die richtige Reihenfolge zu
bringen.
Tekener glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Er war
geneigt, einfach wegzuhören, weil ihm gar zu unwahrscheinlich
vorkam, daß der Verwachsene aus diesen Notizen einen so klaren
Schluß gezogen hatte.
Doch dann berichtete Kennon wiederum von einer anderen Meldung,
die Tekener stutzig machte, und er bemühte sich, die
Zusammenhänge zu erkennen. Er
konzentrierte sich auf das, was der Verwachsene sagte, und
allmählich formte sich ein Bild der Persönlichkeit des
Expansionsministers. Es wich deutlich ab von dem, was er sich selbst
von ihm gemacht hatte. Die eine oder andere Meldung hatte auch
Tekener im Archiv gesehen, er hatte ihr jedoch nicht die Bedeutung
beigemessen wie Kennon, weil er nicht erkannt hatte, in welcher
Beziehung sie zu anderen stand, und weil er sich nicht ausschließlich
auf Edmon Blister konzentriert hatte.
Immer deutlicher erkannte Tekener, daß der Verwachsene recht
hatte. Er ließ sich von seiner zwingenden Logik einfangen und
fesseln, und je länger Kennon sprach, desto konzentrierter hörte
er ihm zu.
Schließlich erhob er sich und ging zum Fenster. Er blickte
auf die See hinaus.
„Ich habe noch niemals so etwas gehört", sagte er,
ohne Kennon anzusehen. „Ich gestehe, daß Ihre Arbeit mich
nicht nur überzeugt, sondern auch beschämt hat. Ich habe
fast alle dieser Berichte ebenfalls gelesen, ohne jedoch zu erkennen,
was sich in ihnen verbirgt. Das hat wohl niemand auf Xexter, denn
sonst wäre Edmon Blister nicht mehr im Amt."
Jetzt wußte er, warum Sinclair Marout Kennon USOSpezialist
war. Angesichts seiner überragenden geistigen Leistungen waren
seine körperlichen Unze-Länglichkeiten bedeutungslos.
„Sind Sie meiner Meinung?" fragte Kennon.
„Allerdings. Jetzt glaube ich auch, daß Blister unser
Mann ist", antwortete Tekener. „Die Frage ist nur, wie
kommen wir an ihn heran, und was machen wir mit ihm?"
Der Expansionsminister war vor einigen Jahren in eine Affäre
verwickelt gewesen, die einem jungen Mädchen das Leben gekostet
hatte. Aus dieser Affäre war Blister völlig entlastet
hervorgegangen. Diesen Eindruck mußte jeder Zeitungsleser
gewinnen. Auch Tekener war zu diesem Ergebnis gekommen. Erst die
Zusammenstellung aller Daten, so wie Kennon sie vorgenommen hatte,
hatte gezeigt, daß der Expansionsminister alles andere als
unschuldig war. Doch wer das erkennen wollte, der mußte schon
ein kriminalistisches Genie sein wie Kennon. Der mußte die
Fähigkeit haben, auch die unscheinbarste Spur als wichtig zu
erkennen.
Auch jetzt noch war es Tekener nahezu unerklärlich, daß
Kennon überhaupt Verdacht geschöpft hatte, da auch die
Reporter und Journalisten, die die Berichte geschrieben hatten, nicht
gewußt hatten, was tatsächlich geschehen war. Darüber
hinaus hatte Kennon die verschiedenen Berichte und Pressenotizen
nicht in der Reihenfolge gelesen, in der er sie vorgetragen hatte,
und in der sie erst einen Sinn ergaben, sondern in einem ungeordneten
Durcheinander.
Erschwerend war weiterhin gewesen, daß sie sich nicht von
vornherein auf Edmon Blister konzentriert hatten, sondern daß
sie über vierzig Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens von Xexter überprüft hatten. Aus einer schier
unübersehbaren Fülle von Informationen war es Kennon
gelungen, diejenigen herauszufiltern, die im Zusammenhang mit der
Persönlichkeit von Edmon Blister wichtig waren, und die einen
Mord-. fall betrafen.
„Das
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