PR TB 230 Die Träumer Von Naphoora
damit anfangen kann?" „Flegel",
zischte Akhisar hinter ihm her, während er gleichzeitig blau
anlief.
„Wo bin ich überhaupt?" fragte das Mädchen.
Sie mußte sich gegen die Tür lehnen, um nicht umzufallen.
„Bei mir", sgte Akhisar. „Ich habe dich vor den
Bütteln gerettet."
Das Mädchen wurde fahl, als die Erinnerung einsetzte.
„Richtig", sagte sie, sah an sich herab, blickte
Akhisar forschend an. „Du warst das."
Akhisar wurde womöglich noch blauer. Diese Situation war noch
verzwickter als das Drama im Kaufhaus. Heiliges Himmelblau, er trug
ja noch immer die Waffe. Hastig griff er danach.
Das Mädchen sah die Waffe und kniff die Augen zusammen.
„Das Ding brauchst du nicht", sagte sie verächtlich,
und Akhisar wurde einmal mehr blau vor Scham.
„Wo hast du die Waffe überhaupt her?" wollte das
Mädchen wissen. Akhisar erklärte hastig die Zusammenhänge.
„Ich werde den Nadler verschwinden lassen, und damit hat
sich dann die Angelegenheit", schloß er seinen Bericht. Zu
seiner Verwunderung stieß das Mädchen ein höhnisches
Gelächter aus.
„Das glaubst du Narr? Warte nur ab, in ein paar Stunden sind
sie hier und holen dich ab."
„Wieso denn?" fragte Akhisar ratlos. „Sie haben
doch keinerlei Daten über mich."
„Du bist wirklich ein Narr", sagte das Mädchen.
Sie nahm ein Bonbon aus der Schale auf dem Tisch. „Hm, schmeckt
gut."
„Los, rede, woher sollen sie etwasüber mich wissen?"
„Zunächst einmal ist dein Gesicht auf dem Tagesband des
Kaufhauses", sagte das Mädchen und schob das Bonbon von
einer Seite des Mundes auf die andere. Ihre Stimme wurde dadurch
undeutlich, aber Akhisar verstand sie dennoch nur zu gut.
„Was ist das, ein Tagesband?"
„Ein Bildband, auf dem alle Besucher des Kaufhauses zu sehen
sind. Die Kameras an den Eingängen zeichnen es auf. Dein Jäger
braucht sich nur die Bänder der betreffenden Stunde anzusehen,
und schon hat er dein Bild."
„Aber das ist verboten", sagte Akhisar.
„Richtig", bestätigte das Mädchen. „Aber
das heißt ja wohl nicht, daß dergleichen nicht getan
wird. Und außerdem kannst du absolut sicher sein, daß es
die gleichen Aufzeichnungsgeräte im Büttelposten gibt, den
du in deiner grenzenlosen Dummheit angerufen hast."
Akhisar schüttelte energisch den Kopf.
„Das glaube ich nicht. Es ist verboten, solche Bilder zu
sammeln. Ich kann mir vorstellen, daß die Leitung eines
Kaufhauses so etwas dennoch tut und sich dabei strafbar macht - aber
niemals die Büttel. Sie sollen schließlich solche
Übertretungen ieststellen und ahnden."
„Warte es ab, Kleiner", sagte das Mädchen. „Im
übrigen ist es ja wohl auch verboten, Frauen zu belästigen,
nicht wahr?"
Akhisar schluckte. Die Ereignisse drohten ihn förmlich zu
überschwemmen. Er kam mit alledem nicht mehr klar. Die gewohnten
Bahnen seines Denkens waren plötzlich gesprengt, nichts schien
mehr zu stimmen, auf nichts konnte man sich mehr verlassen.
Das Mädchen griff sich an den Kopf.
„Kann ich mich waschen?" fragte es.
„Dort ist eine Hygienezelle", sagte Akhisar. „Ich
sehe unterdessen nach deinen Kleidern"
Die Waschmaschine war mit der Reinigung bereits
fertig; die Kleider lagen säuberlich gestapelt im
Ausgabefach. Akhisar stellte fest, daß die Stoffe nicht mehr
die besten waren, und das scharfe Waschen hatte ein übriges
getan. Einige Nähte waren aufgegangen, es gab eine Reihe
auffälliger Löcher.
Akhisar hatte nun keine Hemmungen mehr. Er plünderte im
Kleiderschrank seiner Mutter herum und fand dort ein paar Stücke
aus vergangenen, schlankeren Jahren, die dem Mädchen passen
konnten.
Das Mädchen hatte sich unterdessen gewaschen und zog sich nun
um, ohne sich um Akhisars Verlegenheit zu kümmern.
„Was nun?" fragte das Mädchen.
„Wie heißt du überhaupt?" fragte Akhisar.
„Maathen", sagte das Mädchen.
„Und was machst du?"
„Ich betreue Kinder bei den Basuran", sagte Maathen
einfach. „Stört es dich?"
„Einstweilen nicht", sagte Akhisar, von dem
Eingeständnis ein wenig irritiert. Zwar hatte er sich schon
gedacht, daß sie zu den Basuran gehörte, aber er hätte
niemals geglaubt, daß jemand das so ohne weitere Umschweife
zugab, noch dazu, ohne sich dafür zu schämen.
„Ich könnte etwas zu essen gebrauchen", sagte
Maathen. „Wenn du mich schon verschleppst,
kannst du wenigstens für mich sorgen."
„Was heißt verschleppen?" ereiferte sich Akhisar.
„Hätte ich dich liegenlassen sollen?"
„Rede nicht, bring etwas zu
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