PR TB 238 Kampf Der Tausend Schiffe
sein, mit denen
sich die Griechen gegen die Perser verteidigen wollen«, meinte
Charissa. »Fast tausend große Einheiten haben die Perser.
Hier sehe ich bestenfalls zweihundert.«
»An vielen Küsten, in vielen Häfen, warten andere
Schiffe«, erklärte ich, »Ptah wird uns alles
erklären.«
»Er wird lange sprechen müssen.«
Ohne daß wir viel darüber gesprochen hätten, war
uns beiden klar, daß wir Persien hinter uns gelassen hatten, in
Gedanken ebenso wie körperlich. Die Entscheidung, die ES
gefordert hatte, war indessen noch nicht gefallen. Bis es zu den
ersten entscheidenden Schlachten kam, war noch viel Zeit. Wir
entdeckten, etwas abseits der Holzstapel und der Werkstätten,
ein großes, aus Steinblöcken erbautes Haus, auf dessen
Dach das Modell einer Triere befestigt war, mit Ptahs persönlicher
Flagge daran, einer Hand, deren Zeige-und kleiner Finger starr
gespreizt und die anderen Finger eingeklappt waren. Ich mußte
breit grinsen, steuerte den Gleiter darauf zu und ließ ihn über
den Sand bis an den Steg rutschen.
»Wir sind da.«
Einige Augenblicke später riefen griechische Arbeiter etwas,
dann donnerte eine Tür gegen die Steine, und Ptah kam aus dem
Haus gerannt. Seit knapp sechs Monden hatten wir nur miteinander
gesprochen. Wir begrüßten uns lautstark und stürmisch.
Er schien unser Erscheinen entsprechend angekündigt zu haben,
denn auch die Arbeiter riefen uns derbe Begrüßungsworte
zu.
»Das ist mein Reich«, sagte er zufrieden. »Jedes
Schiff, bisher liegen hundertsiebzig auf Kiel, trägt mein
Zeichen.«
»Das Zeichen der aufgerichteten Finger?«
»Genau dieses. Kommt! Alles ist bereit. Ihr wohnt hier oben.
Die Einrichtung hat Athen gespendet.«
Im Untergeschoß befand sich, von Steinsäulen geteilt,
eine riesige Werkstatt. Auf einem hölzernen Tisch lag unter
einer transparenten Schicht eine große Karte, die jede noch so
winzige Einzelheit des zukünftigen Kriegsgebiets zeigte, bis hin
zu den vielen griechischen Kolonien. Der Weg des persischen Heeres
war mit kupfernen Nägeln abgesteckt. Ptah zeigte auf den Ort
Therme zwischen Makedonien und der See und sagte nur:
»Für uns wird es spannend, wenn das Heer und die Flotte
des Persers hier eintreffen. Von dort aus greift er an.«
Was das Heer und die Flotte auf dem langen Weg durch Thrakien
verlieren würde, durch wilde Tiere, Unfälle, Angriffe,
Krankheit, das gewannen sie dazu, indem sie die Bevölkerung des
Gebiets zwangen, Kriegsdienste zu leisten. Ptah rief Befehle, und
unser Gleiter wurde ausgeräumt.
»Heute abend werden wir endlich unsere guten Gespräche
führen, bis morgen früh, und ihr werdet erkennen, daß
die Griechen gar nicht so wehrlos sind.«
»Du hast recht«, murmelte ich. »Das ist eine
lange, traurige Geschichte.«
Ptahs Gespielin, eine zurückhaltende junge Frau mit
rückenlangem blonden Haar, half uns. Binnen kurzer Zeit fühlten
wir uns in den großen, hellen Räumen wohl. Aus unseren
versteckten Magazinen hatte Ptah andere Ausrüstung geholt, und
es mangelte an nichts. Aus den Fenstern und von der Terrasse hatten
wir einen herrlichen Blick über die Hafenanlagen, einen Teil der
Werften und das Meer. Wald umgab den Bereich dieser Ortschaft. Ganz
plötzlich trafen sich unsere Blicke. Charissa sprach aus, was
wir empfanden.
»Mir ist, als ob ein dunkler Traum vorbei wäre. Ich
kann frei atmen und höre nicht mehr die Peitsche.«
Zum erstenmal mischte sich Indraya in unsere Gespräche und
sagte in unerwarteter Schärfe:
»Ptah hat mich in Sidon auf dem Sklavenmarkt gekauft. Alles,
was ihr über die Meder nicht wißt, alles Häßliche,
ich kann es euch erzählen.«
Ich klappte den Spiegel auf und beschloß, den
schwarzgefärbten persischen Bart noch heute abzurasieren.
Halblaut erwiderte ich auf ihre Feststellung, was wir dachten.
»Die Entscheidung ist uns nicht leichtgefallen. Und
schwierige Jahre liegen
vor uns.«
»Noch schwierigere vor den Griechen.«
Am gleichen Abend: Wir erreichten das Schiff Ptah-Sokars, das
abseits von allen anderen lag und von der Mannschaft immer
startfertig gehalten wurde. Wieder ein Meisterwerk von ES. Ptah
erklärte uns, warum fast alle Holzteile mit dünnem Stahl
verkleidet waren, zeigte uns die plankenbrechenden Geschosse, die aus
den Löchern hervorschossen, durch die bei anderen Schiffen - und
auch hier, zur Tarnung - die Riemen herausgeschoben wurden. Ohne daß
es besonders auffiel, konnte sich die GÖTTERSTURM in eine
verderbenbringende schwimmende Festung
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