PR TB 246 Expedition Ins Totenreich
kann es an die Kosmische Auktion verkaufen. Für ein Jahr
voller Luxus, Vergnügen, Rausch und Überfluß. Jedem
Todeskandidaten steht alles kostenlos zur Verfügung, was
YANINSCHA zu bieten hat. Und das ist sehr viel, wenn einem derartige
Dinge etwas bedeuten.«
»Aber dann muß man sterben«, sagte der
Kontaktmann.
»Es ist unmoralisch. Diese Leute, die sich darauf einlassen
- sie sind krank. Sie brauchen psychotherapeutische Behandlung. Aber
keinen Ort wie YANINSCHA, wo man ihr Sterben auch noch vermarktet.«
Sayla seufzte. Sie hielt sich schon zu lange in YANINSCHA auf, um
die
Empörung des Kontaktmanns teilen zu können. Ich bin
abgestumpft, dachte sie. Mein Wahrnehmungsvermögen arbeitet
selektiv. Wie hat er es noch formuliert? Meine Augen sehen, aber die
Bilder erreichen mich nicht. Laut sagte sie: »YANINSCHA ist
souverän. Wie die Erde, Arkon oder einer der anderen Planeten.
Die Kosmische Auktion macht sich ihre Gesetze selbst. Sie müssen
das akzeptieren, wenn Sie die Sternenstadt betreten.«
»Feine Gesetze«, knurrte der Kontaktmann. »Ein
Verbrechernest. Das ist YANINSCHA, wenn Sie mich fragen. Ich verstehe
nicht, warum man nichts dagegen unternimmt. Warum wird so etwas
geduldet? Warum läßt man zu, daß.«
Der Kontaktmann verstummte.
In einiger Entfernung, über den Dünen, die wie müde
Wellen aus Staub die rostfarbene Ebene zerteilten, schwebte eine
Hand. Wie eine große, stählerne Motte hing sie
bewegungslos in der Luft und ihr Zeigefinger deutete auf die Stirn
des Bärtigen. Er begann zu schwitzen. Sayla sah von ihm zu der
Stahlhand, und die Drohung, die von dem Roboter ausging, schnürte
ihr die Kehle zu. Zäh tropften die Sekunden dahin. Dann, als
hätte sie bemerkt, daß ihre Geste verstanden worden war,
drehte die Stahlhand ab und verschwand im Dunst des diesiger
werdenden Tages. Der Bärtige wischte sich den Schweiß von
der Stirn.
»Ich hoffe«, murmelte Sayla, »Sie haben Ihre
Lektion gelernt. Hat man es Ihnen nicht gesagt? Die Stahlhand duldet
keine Kritik an YANINSCHA. Wer hierher kommt, muß die Situation
so akzeptieren, wie sie ist.«
»Dieses Ding.« Der Kontaktmann schüttelte
benommen den Kopf. »Dieser Roboter hat meine Worte gehört.
Sind Sie sicher, daß wir dort, wo Sie mich hinführen,
nicht belauscht werden?«
»Ja«, erklärte Sayla. »Die diskreten Kuben
sind abhörsicher. Die Auktionatoren halten sich im eigenen
Interesse an dieses Prinzip. Was in den Kuben gesprochen wird, bleibt
privat. Aber an jedem anderen Ort hört die Stahlhand mit.«
Sie machte eine auffordernde Handbewegung und ging weiter. Der
Kontaktmann beeilte sich, um zu ihr aufzuschließen. Eine Weile
schritten sie schweigend dahin, bis sich aus dem holografisch
erzeugten Dunst ein weiterer kahler Baum herausschälte. An einem
der knorrigen Äste hing ein Hanfstrick. Eine Frau mit leerem
Gesicht lehnte am Stamm und blinzelte hinauf zur imaginären
Sonne, vor die sich langsam eine neue Wolkenbank schob. Die Augen der
Frau waren rot. Eine Arkonidin, dachte Sayla. Sie musterte die
Schaulustigen, die sich um die Selbstmörderin versammelt hatten.
Zwei Topsider in weiten, flatternden Gewändern und mit einer
dünnen Schicht Howalgoniumstaub auf den Echsengesichtern.
Daneben standen mehrere Akonen und ein terranisches Paar; allesamt
kostbar gekleidet, ringgeschmückt, kettenbehangen, in der
blasierten Pose, die allen reichen Nichtstuern eigen zu sein schien.
»Der Tod durch den Strang«, erklärte ein
gedrungener Humanoider mit braungefleckter Haut, »erfreut sich
seit mehreren Jahren wachsender
Beliebtheit. Bemerkenswert an dieser Todesart ist die Tatsache,
daß sie eine originäre Entwicklung des irdischen
Kulturkreises ist. Bis zum Auftauchen der Terraner auf der kosmischen
Bühne war das Erhängen in der Milchstraße unbekannt.
Ursprünglich ein Mittel zur Hinrichtung von Schwerverbrechern,
fand es bald allgemeine Verbreitung bei jenen Terranern, die des
Lebens überdrüssig waren, und heute ist diese
Selbstmordmethode von allen humanoiden Völkern übernommen
worden. So einfach wie die Mittel, die zu ihrem Vollzug erforderlich
sind, so einfach ist auch die Ausführung. Die Schlinge des
Stricks wird um den Hals gelegt und zugezogen, während der
Strick.«
Der Kontaktmann gab einen erstickten Laut von sich und erntete
einen verweisenden Blick des Fremdenführers.
»Kommen Sie«, sagte Sayla. »Sie können ihr
nicht helfen.«
»Mir wird schlecht«, stieß der Kontaktmann
hervor. »Ich hätte nie
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