PR TB 246 Expedition Ins Totenreich
das Geistwesen von
Wanderer. Man nennt mich den Unsterblichen. All diese Bezeichnungen
sind richtig und doch falsch. Ich könnte dir tausend Namen
nennen und tausend Erklärungen, ohne deine Neugier zu stillen.
Die Neugier der Sterblichen ist das einzige, das die
Ewigkeit überdauert. Selbst wir, deren Leben in Äonen
gemessen wird, zerfallen eher zu Staub, als daß wir all die
Fragen beantworten könnten, die die Sterblichen bewegen. Also
frage nicht, Sayla Heralder. Du wirst einige Antworten bekommen und
eine Entscheidung treffen müssen, und es bleibt nur noch wenig
Zeit.«
Zeit, dachte Sayla. Wende dich an Tayaner Bhan. Er hat genug davon
in seinem Koffer. Ganze Jahrtausende. Greif zu; greif ruhig zu. Sie
spürte, daß sie sich drehte, ihre Position veränderte,
auch wenn das Grau des grenzenlosen Raumes gleich blieb. Was für
ein seltsamer Traum! sagte sich Sayla, als sich eine Gestalt aus der
farblosen Leere schälte und sie ihren eigenen Körper im
Nichts schweben sah. Mit geschlossenen Augen und bleichem Gesicht, so
weiß wie eine frisch gefallene Schneedecke. War sie tot und
hatte sich ihr Geist, ihr Bewußtsein, ihre Seele von der
fleischlichen Hülle gelöst, um die Wirklichkeit des Lebens
hinter sich zu lassen und in das Ungewisse des Jenseits einzutauchen,
ganz so, wie Morrison es gesagt hatte? Tod macht Engel aus uns allen
und gibt uns Flügel... Ihr erstarrter Körper driftete
weiter und verschwand aus ihrem Blickfeld, das sonderbarerweise
begrenzt war und nicht durch willkürliche Entscheidung verändert
werden konnte. Eine zweite Gestalt schraubte sich in Spiralen herauf;
Tayaner Bhan, runzlig und greisenhaft, eine Mumie in einem Sarkophag
so groß, wie ihn kein Pharao jemals besessen hatte. Während
sich der Tefroder entfernte, tauchte Niccolas Skimmish auf, gefolgt
von K'iin, Haltya aus der Nacht, Con Tom und Rurrgronnom.
Sind wir tot? fragte sich Sayla furchtsam. Sind wir bereits
gestorben? Ist dies der dämmerige Raum, von dem Skimmish, der
Präkog gesprochen hat?
»Ihr seid auserwählt worden«, raunte die Stimme
jenes Wesens namens ES, das aus den vereinigten Bewußtseinen
eines ganzen Volkes bestand. »Ich habe euch gesucht unter den
Milliarden Lebewesen in dieser Milchstraße, und ich habe sieben
gefunden. Ihr seid einzigartig. Es ist nicht euer Verdienst, sondern
eine Laune der Natur, die euch zu Auserwählten hat werden
lassen. Ihr seid einzigartig in dem Sinn, daß euer Organismus,
eure Zellen, euer Gehirn auch nach klinischem Tod noch eine gewisse
Zeitlang regenerierbar bleiben. Ihr könnt wiederauferstehen von
den Toten, sofern gewisse Umstände vorliegen, und diese Gabe ist
so selten wie ein Körnchen Gold in einem Meer aus Sand. Nur
gelegentlich werden derart begnadete Personen geboren, und in diesem
Jahrhundert sind es sieben. Sayla Heralder, Niccolas Skimmish,
Rurrgronnom, K'iin, Haltya aus der Nacht, Tayaner Bhan, Con Torn. Ich
habe euch gesucht. Begnadete Geschöpfe, für die der Tod
nicht das Ende aller Dinge bedeuten muß, selbst wenn das
Sterben sie bereits aus dem Leben geholt hat. Und ihr müßt
sterben - das ist der Preis. Wenn ihr ihn zahlt, erhaltet ihr zum
Lohn die Unsterblichkeit.«
Ein eiförmiger Gegenstand materialisierte vor Saylas
imaginären Augen. Sie erkannte ihn sofort. Ein Zellaktivator!
Eines von jenen unendlich kostbaren Geräten, die ES vor
Jahrhunderten über die Welten der Galaxis verstreut hatte und
die Menschen wie Perry Rhodan, Reginald Bull oder Ras Tschubai
das ewige Leben schenkten.
»Ihr hört meine Stimme«, fuhr ES fort, »und
ihr müßt gut zuhören, denn die Zeit drängt.
Selbst für mich, dem man nachsagt, allwissend zu sein, kommen
manche Geschehnisse überraschend. Unter dem Druck der Zeit habe
ich meine Pläne ändern müssen. Darum hört zu,
hört gut zu.«
Es ist zuviel für mich, dachte Sayla benommen.
Wiederauferstehen von den Toten? Sterben müssen, um ewig leben
zu können? Sterben müssen? Großer Gott, ich will
nicht sterben! Laß mich gehen, laß mich fort von hier.
Ich will zurück nach YANINSCHA und dann weiter zur Erde. Ich
will unter dem blauen Himmel stehen und sehen, wie der Morgennebel im
hellen Sonnenlicht verblaßt. Ich will durch die Straßen
gehen und die Hitze des Mittags atmen. Ich will mit Menschen reden
und nicht mit Verrückten, die Zeit verkaufen oder die die
Ungeborenen eines ganzen Planeten zum Tausch gegen tödliche
Waffen anbieten.
»In den letzten zwei Jahren«, fuhr ES unbeirrt fort,
»wurde die
Weitere Kostenlose Bücher