PR Tefroder 03 - Die Stadt der tausend Welten
diesem Stuhl im weißen Raum. Aber ich bin mentalstabilisiert. Wie... ?
Er öffnete die Augen behutsam und schaute Suzan an. Seine seit 2000 Jahren tote Tochter, die am Schreibtisch stand, atmete, lebte. Er konnte sich nicht sattsehen an ihr.
Der Gui Col sagte: »Ich bin mir nicht sicher, was du denkst. Ich vermute, dass du die Anlage unseres Zweikampfes längst durchschaut hast. Zur Technologie der Mnemovirtuellen Projektion kann ich dir nicht viel sagen. Die Peiken nennen es Schema-Zeug. Aber soweit ich es sehe, ist Airmid etwas wie das mnemo-mentaltechnische Hightechzentrum von Zomoot. Wer und was immer die Peiken sind - sie sind besessen von Erinnerung.«
»Erinnerung. Wozu? Die Wirklichkeit... «
Cha Panggu lachte. »Es gibt keine andere Wirklichkeit als die Erinnerung.«
Rhodan schrak vor dem Gui Col zurück, der mit großer Vehemenz aufgesprungen war. Ein Arm, eine Flosse, ein Flügel, eine Extremität, die sich nicht entscheiden konnte, was sie sein wollte, waberte aus der Gebildegrube auf.
»Dad - hättet ihr die Güte, mir mitzuteilen, was hier eigentlich vorgeht? Wo sind die SolAb-Leute, die Ma angefordert hat? Wo bleibt die USO? Unsere Lage wird immer prekärer. Haltlos, Dad. Die Leute rasten aus. Als ob ein Virus grassiert. Ich weiß nicht. Der Panither-Aufstand ...«
»Sag ihr, dass sie nicht wirklich ist«, schlug der Gui Col vor. »Dass sie nichts ist als ein Spuk in deiner Erinnerung. Sag es ihr! Es wird sie vielleicht trösten. Willst du deine Tochter nicht trösten? Wie nennt man Väter wie dich? Geierväter?«
»Rabenväter«, korrigierte Rhodan abwesend. Er schaute Suzan an, die seinen Blick ratlos erwiderte. Sie schwiegen. Suzan tippte in ein Sensorareal am Rand der Holografie. Der Ton wurde zugeschaltet. Rhodan hörte den Moderator sagen:»... die Lösung aus dem Verband des Solaren Imperiums auch die Lösung für die hausgemachten Probleme von Plophos ist. Die Panither jedenfalls ...«
Der Donnerschlag einer Explosion überwand den akustischen Puffer des Fensters. Rhodan hätte nicht zu sagen gewusst, ob aus dem Holo oder irgendwo in den Straßen von New Taylor. Jedenfalls dröhnte es, als ob die Detonation Big Ben zerrissen hätte.
Blitz. Wieder ein Donnerschlag.
Der Blitz teilte den Himmel und sein Licht war schieres Eis. Die weiße Stadt erstarrte. Der Donner krachte wie ein Echo der Urzeit. Rhodan genoss das Gewitter über Terrania City. Die Brise. Den Duft des nahenden Regens. Und mehr noch genoss er, wenn er ehrlich war, wie Suzan sich an ihn drückte, den Kopf an seiner Schulter barg, ihre Arme um seinen Hals geschlungen.
Das kleine, warme Bündel. Ihm anvertraut. Fleischgewordenes Flehen um Schutz.
»Mach, dass es aufhört«, bat sie ihn. »Sosofort.« Sosofort - so sagte sie immer, wenn sie es wirklich dringend machen wollte.
»Dass es aufhört? Das kann ich nicht«, sagte er und lachte leise, strich ihr übers Haar.
»Du kannst alles. Du bist der König von allem. Auch vom Wetter. Das sagt jeder.«
»Wer sagt das?«
»Alle im Hort. Sogar Jem, und der ist ein Arsch.«
Er lachte wieder. »Nur, weil alle es sagen, sogar Jem, der - woher hast du solche Wörter nur? Naja, es muss jedenfalls nicht stimmen.«
Aber hatte sie nicht in gewisser Weise recht? Seit Jahrhunderten bestand die Möglichkeit, das Wetter zu kontrollieren und nach Gutdünken einzurichten. In den frühen Jahren des Einsatzes der Aeromechanik hatte man die neuen Möglichkeiten oft über Gebühr ausgenutzt und Tage wie gemalt über die Stadt gezaubert. Sonnenglanz im Sommer, herrlich wie auf Bildern von David Hockney und Francis Pendergast; Winterwunderwelten für die Weihnachtszeit, wie abgeschildert aus den Ölwerken alter niederländischer Meister.
Die Eisläufer auf dem Goshun-See. Die Schlittenkarawanen. Imperium Alpha im Schutz einer Armee von Schneemännern.
Irgendwann hatten die Menschen genug gehabt vom perfekten Atmosphärendesign. Das Wetter wurde - wenn auch in Grenzen -renaturiert; man ließ es frei oder doch an der längeren Leine der Wetterkontrolle laufen. Dennoch, als Großadministrator hätte er ...
Blitz, Donner. Suzan drückte sich noch enger an ihn, und er spürte ihr Herz klopfen. Er lauschte mit seiner Brust, seiner Haut unter der feinfühligen Synthofaser des Anzugs.
»Ich bin nicht allmächtig«, flüsterte er ihr zu. »Ich kann nicht alles. Aber es wird dir nichts geschehen. Du musst keine Angst haben.«
»Rein gehen«, bat sie. »So-sofort.«
»Gleich«, sagte Rhodan. Die
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